Ein unmoralisches Angebot
hatte sein Kommen nicht bemerkt.
Mit Jamal im Arm lag sie auf dem Bett, und beide waren vertieft in
die Geschichte, die sie ihm gerade erzählte.
"'Rette
mich, rette mich', rief der Prinz." Amy verzichtete auf jede
Dramatik und sprach mit ruhiger, melodischer Stimme. "Und dann
kletterte die Prinzessin an der Schlossmauer hoch und gab ihm den
Schlüssel, den sie der Wache gestohlen hatte."
Jamals
Augen wurden noch größer vor Staunen. "Hat sie den
Wächter getötet?"
"Getötet?
Um Himmels willen, nein! Die Prinzessin war ein guter Mensch, sie
ging viel klüger vor."
Zakour
lächelte zynisch. Natürlich, Frauen scheuten die offene
Auseinandersetzung, sie setzten auf Raffinesse.
Sie
versuchten, zum Beispiel, den Prinzen zu umgarnen, indem sie die
unberührte Unschuld spielten.
" Ich
finde den Prinzen nicht sehr tapfer", meinte Jamal. "Er ist
überhaupt nicht wie mein Onkel, der ist ein richtiger Prinz und
hat keine Angst."
Zakour
lächelte gerührt.
Amy
strich Jamal zärtlich übers Haar. "Auch dein Onkel
würde sein Schwert nur im Notfall benutzen, davon bin ich fest
überzeugt."
Er
kuschelte sich enger an sie. "Kämpft die Prinzessin in
deiner Geschichte auch mit einem Schwert?"
"Niemals,
die Prinzessin verabscheut nämlich Gewalt." Amy zwinkerte
ihm zu. "Aber bewaffnet ist sie trotzdem: mit einer
Wasserpistole."
Eine
Wasserpistole? Zakour musste sich beherrschen, um nicht laut zu
lachen.
Gebannt
betrachtete er die Frau und das Kind. Nachdem er endlich die Zeit
gefunden hatte, sich um das Problem mit Jamals Nanny zu kümmern,
war er von diesem Anblick überrascht. Er war auf ein weinendes
Kind, eine hysterische Dienerin und schwierige Diskussionen gefasst
gewesen. Und jetzt lag Jamal friedlich in Amys Armen! Damit hatte er
wirklich nicht gerechnet.
Amy,
die von Zakours Nähe glücklicherweise nichts ahnte, lag
entspannt auf dem Bett, denn mit Jamal umzugehen fiel ihr nicht
weiter schwer. Obwohl Zakour es nicht wollte, glitt sein Blick über
die sanften Rundungen ihrer Brüste und Hüften, und sein
Verlangen regte sich. Ihr blondes Haar fiel offen auf das Kissen, sie
trug immer noch das blaue Leinenkleid, hatte jedoch inzwischen die
Knopfleiste notdürftig wieder angenäht.
Unwillkürlich
musste er an das Gespräch über seinen Harem denken, und
seine Erregung wuchs. Hätte er einen, würde sie jetzt nicht
in Jamals, sondern in seinem Bett liegen und bestimmt keine
Märchen erzählen.
Jamal
gähnte. "Die Geschichte gefällt mir, aber ich finde,
der Prinz hätte sich selbst befreien müssen. Mein Onkel
hätte die Hilfe der Prinzessin nicht gebraucht." Seine
Augen wurden immer kleiner, und schläfrig machte er es sich auf
seinem Kissen bequem.
"So?
Prinzen verhalten sich nicht immer, wie man es von ihnen erwartet,
auch bei ihnen ist man vor Überraschungen nicht sicher."
Zakour
runzelte verwundert die Stirn und betrachtete Amy aufmerksam.
"Die
Prinzessin war wirklich sehr schlau", murmelte Jamal noch, dann
war er eingeschlafen.
Liebevoll
deckte Amy ihn zu und blieb liegen, bis er tief und gleichmäßig
atmete, dann stand sie vorsichtig auf.
"Eine Wasserpistole?" Der dicke Teppich hatte seine Schritte
gedämpft, und Amy zuckte zusammen, als Zakour plötzlich
neben ihr stand.
"Jetzt
haben Sie mich aber erschreckt!" Besorgt blickte sie zu Jamal.
"Bitte wecken Sie ihn nicht wieder auf. Ich habe Ewigkeiten
gebraucht, um ihn zu beruhigen."
"Ich
weiß." Ohne ihre Sandaletten mit den lächerlich hohen
Absätzen reichte sie ihm kaum bis zur Schulter – und sie
wirkte unglaublich mädchenhaft und rein. Dabei war sie keins von
beidem. Sie machte in einem unglaublichen Fall von
Wirtschaftskriminalität mit ihrem Bruder gemeinsame Sache und
war eine leidenschaftliche Frau, der Zurückhaltung fremd war und
die einen Mann schamlos animierte. "Man hat mir berichtet, dass
Jamal schon wieder einen Albtraum hatte."
"Sie
sollten die Nanny entlassen, Königliche Hoheit. Diese Frau ist
unfähig."
"Der
Fall hat sich von selbst erledigt, sie hat bereits fristlos
gekündigt."
"Dann
können Sie von Glück reden. Sie hat Jamal Geschichten von
einem Tiger vorgelesen, der Jagd auf kleine Jungen macht und sie
auffrisst – es ist nicht zu fassen!" Empört, als wäre
das allein sein Fehler, sah sie den Prinzen an. "Und als Jamal
sich ängstigte, hat sie ihn auch noch angeschrien. Kein Wunder,
wenn er sich im Dunkeln fürchtet. Wie lange war sie überhaupt
hier?"
"Knapp
einen Monat."
Entgeistert
sah sie ihn an. "Und das
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