Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
wirklich alles tat, es sie vergessen zu machen.
»Die Duchess«, Lily lachte. »Jetzt merkst du selbst, wie es ist, wenn sie dich einmal in den Fängen hat. Sie ist wie eine Flutwelle, die über dich hinwegschwappt, unaufhaltsam und unerbittlich. Doch unter der harten Schale und hinter ihrem Befehlston verbirgt sich ein gutes Herz. Und ihr Geschmack ist exzellent, obwohl man das ihrer eigenen, aus der Mode gekommenen Garderobe nicht unbedingt anmerkt.«
Vivian nickte. Die Fahrt zum Schneider war für sie eine interessante Erfahrung gewesen. Die Duchess hatte alles an sich gerissen … Über das Ergebnis allerdings konnte sie sich kaum beklagen.
»Sie kann ein wenig herrisch sein. Aber sie hasst Spitze. Muss ich mehr sagen?«
»Nein. In der Hinsicht hat deine Mutter dir in den vergangenen vier Jahren mit ihrem unglücklichen Geschmack gewiss keinen Gefallen getan.«
Wie wahr, dachte Vivian.
»Jedenfalls hoffe ich, wir werden nach unserer Hochzeit nicht allzu viel Zeit in London verbringen müssen oder dass zumindest ich nicht immer mitreisen muss. Du weißt, wie viel wohler ich mich auf dem Land fühle.«
Lily hob ihre Brauen. »Hältst du das gerade zu Beginn einer Ehe für eine gute Lösung? Damien jedenfalls verspürt keine Lust, allzu lange von mir getrennt zu sein.«
»Eure Ehe war ja auch eine Liebesheirat, Lily.« Vivian merkte selbst, dass sie wehmütig klang, und trank hastig von ihrem Sherry. »Meine Ehe basiert eher auf rationalen Überlegungen. Lucien braucht einen Erben, und ich war gerade zur Stelle und wieder frei, nachdem Charles durchgebrannt ist. Er kennt mich, mag mich, weiß, was er an mir hat … Und in den Augen seines Vaters bin ich eine akzeptable Wahl.«
»Möglich, und dennoch werde ich den Eindruck nicht los, dass er dir mehr und mehr gefällt.« Lilys blaue Augen funkelten amüsiert. »Auf mich macht das Ganze den Eindruck, als gäbe er sich alle Mühe, damit genau das passiert.«
Dazu gehörte dann wohl auch die schamlose Verführung? Nur durfte man das noch so bezeichnen? Schließlich war sie ihm wie eine reife Frucht in den Schoß gefallen. Wenn sie nur an diesen Nachmittag dachte, schmolz sie erneut dahin. Sie konnte sich nicht erinnern, überhaupt Widerstand geleistet zu haben.
Ein heikles Thema.
»Er und Charles sind sehr verschieden«, sagte sie ausweichend. »Lucien ist viel weltgewandter, weshalb ich nicht wirklich weiß, warum er ausgerechnet um mich angehalten hat. Ich kann also gar nicht sagen, was ihm im Kopf herumgeht.«
Wo er jetzt wohl sein mochte?
Bilder des Picknicks kamen ihr wieder in den Sinn. Wie er barfuß und halb angezogen unter freiem Himmel neben ihr lag. Wie die dunklen Haare sein Gesicht umrahmten, während seine Hand ihre nackte Haut erkundete … Und dann diese Intimität. Der Schmerz, der sich zu Lust wandelte. Dieses herrliche Gefühl danach.
»Zumindest wenn man der öffentlichen Meinung glauben darf, ist er sehr wohl an dir interessiert«, sagte die Freundin in ihre Gedanken hinein.
»Aber du hältst das für eher unwahrscheinlich?«
»Warum sollte ich?« Ihre Freundin wirkte verärgert. »Ich wollte damit nur sagen, dass sich sogar die gemeinsten Schandmäuler wundern, wie er dich anschaut.«
Stimmte das? Zumindest hatte der Blick in seine Augen, ehe sie sich auf dem Ball küssten, sie bis ins Innerste berührt. Und bei ihrem gemeinsamen Nachmittag …
Lily erklärte: »Ich schwöre dir, ich wollte dich nicht beleidigen. Du müsstest mich eigentlich besser kennen … Nein, ich finde sogar, ihr zwei passt gut zusammen. Zuerst war ich zugegebenermaßen überrascht, doch vor allem wegen deiner langjährigen Freundschaft zu Charles. Jedenfalls ist Lucien Caverleigh der Typ Mann, der nicht nur auf hübsche Gesichter schaut, sondern zudem Wert darauf legt, dass seine Frau etwas im Kopf hat.«
Stimmte alles, überlegte Vivian, und trotzdem waren es letztlich Vernunftgründe. Sie aber wollte mehr als eine gute Wahl sein. Wünschte sich, obwohl es naiv war, dass er sich heftig, leidenschaftlich und besinnungslos in sie verliebte, dass er verrückt nach ihr war.
Und zugleich fürchtete sie, durch ihre überspannten Erwartungen alles kaputt zu machen.
»Ich habe nie unterstellt, dass du mich beleidigen willst, Lily. Und was Lucien angeht, so hast du sicher recht. Er ist ein Mann, wie man ihn sich nur wünschen kann. Gut aussehend, aufmerksam und klug. Ich habe vermutlich wirklich Glück gehabt, dass Charles sich in eine andere verliebt hat und
Weitere Kostenlose Bücher