Ein verfuehrerischer Handel
entsetzliche Pochen in seiner Schulter waren das Letzte, an das er sich erinnerte -bis er Ariels Schrei hörte.
Als er mit letzter Kraft die Augen öffnete, nahm er ihre Tränen wahr, und mit all den verworrenen Gedanken kam die bestürzende Erkenntnis, dass er ihr irgendwie schon wieder wehgetan hatte.
24
Ariel schloss die Tür zu Justins Zimmer und folgte dem Arzt in den Flur. Überrascht stellte sie fest, dass Barbara wartend im Flur auf und ab lief, sie sah - im Gegensatz zu sonst - entschieden ungepflegt aus.
»Wie schwer ist er verwundet, Dr. Marvin?«, fragte Justins Schwester und kam schnell zu ihnen herüber. »Wird er wieder ganz gesund werden?«
»Lord Greville hat äußerstes Glück gehabt.« Der Arzt, ein grauhaariger Mann von ungefähr sechzig Jahren, nahm das Lorgnon ab, das er noch immer vor seinem wasserblau-en Auge trug. »Die Kugel hat die Schulter glatt durchschlagen. Es wurde nicht viel Schaden angerichtet an Muskeln oder Knochen - obwohl er eine ganze Menge Blut verloren hat. Natürlich besteht noch immer die Gefahr, dass sich die Wunde entzündet; aber ich habe bisher ziemlich viel Erfolg mit den medizinischen Pudern, die ich benutze ... wenn alles gut geht, wird der Graf schon bald wieder auf den Beinen sein.«
Ariel sank erleichtert in sich zusammen. »Gott sei Dank!«
»Was, um alles in der Welt, kann da nur passiert sein?«, fragte Barbara. »War er in der Lage, das zu erklären?«
»Er hat etwas von Straßenräubern gemurmelt«, meinte Ariel und wunderte sich über Barbaras Sorge. Vielleicht lag Justins Schwester ja doch etwas an ihm. Es schien wenig überzeugend, aber womöglich unterschätzte sie die Lady.
»Straßenräuber?« Barbara zog ihre schwarzen Brauen hoch.
»Ja«, bestätigte auch der Arzt. »Ich nehme an, es waren drei. Offensichtlich wollten sie sein Geld.«
Barbara verdrehte die Augen. »Und ich habe immer geglaubt, wir wären hier sicher - so weit weg von der Stadt.«
»Sie müssen ihn beobachtet haben«, bemerkte Ariel. »Justin ist ein Mann, der sich an seine Gewohnheiten hält. Man kann seine tägliche Routine leicht auskundschaften.«
»Oder sie sind ihm zufällig begegnet und haben geglaubt, er sei ein leichtes Opfer«, überlegte Barbara. »Ich werde wohl auf Thomas besser aufpassen müssen. Sie könnten es sich in den Kopf setzen, ihn zu entführen und ein Lösegeld zu verlangen.«
»Darüber braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, liebe Lady.« Der Arzt tätschelte ihre Schulter. »Ich werde auf meinem Weg nach Hause beim Sheriff anhalten. Wenn diese Räuber in der Gegend bleiben, werden der Sheriff und seine Männer kurzen Prozess mit ihnen machen.«
»Danke«, sagte Ariel. »Ich werde ihn auch benachrichtigen lassen. Bestimmt wird er mit meinem Mann reden wollen.«
Dr. Marvin nickte, und Ariel bedankte sich noch einmal für seine Hilfe. Während Barbara ihn zur Tür begleitete, kehrte Ariel zu Justin zurück.
Er schlief; die Arznei, die der Arzt ihm gegeben hatte, verschaffte ihm die nötige Ruhe. Dennoch machte sie sich Sorgen. Sie hatte nie mehr Angst in ihrem Leben gehabt als in dem Augenblick, als er ins Haus getragen worden war. Angesichts seiner geschlossenen Augen, seiner Brust voller Blut hatte sie einen Moment lang geglaubt, er sei tot. Der Schmerz dabei war beinahe unerträglich gewesen.
Sie erinnerte sich nicht daran, geschrien zu haben; doch so musste es wohl gewesen sein, denn seine grauen, vor Pein verschleierten Augen hatten sich kurz geöffnet und sich auf sie geheftet. Als ein leises Lächeln über seine Lippen gehuscht war, hatte Ariel gewusst, dass er noch lebte. Die Liebe zu ihm stieg in ihrer Brust auf und hüllte ihr Herz ein.
Auf der Stelle hatte sie ihren Schrecken beiseite geschoben und die Kontrolle übernommen. Es dauerte nur Minuten, da lag Justin oben in seinem Bett, die Wunde war gesäubert und verbunden worden, und ein Diener eilte zum Arzt.
Bis auf die Unterhaltung mit Dr. Marvin hatte sie sein Lager nicht verlassen.
Der Morgen wurde zum Abend. Die Nacht kam und ging. Bei Sonnenaufgang erwachte sie in dem Sessel neben seinem Bett und stellte erstaunt fest, dass Justin wach war.
»Ariel...?« Seine Stimme klang belegt und erschöpft. Als seine Gedanken sich langsam klärten, richtete sich sein
Blick auf sie. »Was zum Teufel... ? Du hast doch hoffentlich nicht die ganze Nacht in diesem Sessel gesessen?«
Sie lächelte ihn zärtlich an. »Du bist verletzt. Ich wollte deinen Schlaf bewachen.«
Er biss die
Weitere Kostenlose Bücher