Ein verfuehrerischer Handel
verzehrte.
Erst jetzt, lange nach ihrer Ankunft in dem Haus in der Brook Street begriff Ariel, dass sie den Schutz vor Graf Greville gar nicht mehr wollte.
12
Clayton Harcourt klopfte an Justins Portal; dann wartete er ungeduldig, dass der Butler ihn einließ.
»Guten Tag, Mr. Harcourt.« Knowles zog die schwere hölzerne Tür mit dem üblichen Mangel an Begeisterung auf.
»Es tut mir schrecklich Leid. Ich fürchte, Lord Greville ist im Augenblick nicht zu Hause. Ihr könnt ihm eine Nachricht hinterlassen, wenn Ihr möchtet.«
Clay runzelte die Stirn. Er musste mit Justin über Geschäfte sprechen, und viel Zeit hatte er nicht. »In Ordnung! Hier sind einige Papiere, die er sich ansehen soll. Ich werde sie in sein Arbeitszimmer legen, wenn ich darf.« Er trat in die Eingangshalle, die dunkel war und immer ein wenig trostlos aussah; seine lederne Tasche hielt er unter dem Arm. Er zog seine Wildlederhandschuhe aus, warf sie in den Hut und reichte beides dem Butler, der ihn durch den Flur zu Justins Arbeitszimmer führte.
Knowles riss die Tür auf, dann zuckte er erschrocken zusammen. »Entschuldigt, Miss Summers! Ich habe gar nicht gewusst, dass Ihr noch am Schreibtisch seid. Mr. Harcourt hat einige Papiere für Lord Greville. Er möchte ihm eine Nachricht hinterlassen.«
»Natürlich. Bitte, kommt doch herein.« Sie stand eilig auf, eine anmutige Erscheinung in Marineblau und Weiß, ihr blassblondes Haar hochgesteckt, wie immer. Lächelnd drehte sie das Schreibset aus Kristall auf ihrem Schreibtisch mit der Feder und der Tinte in seine Richtung.
»Danke. Es wird nur einen Augenblick dauern.« Sie war sogar noch hübscher, als er sie in Erinnerung hatte, so blond und hell, voller Licht und Sonnenschein - im Gegensatz zu Justins dunkler, grüblerischer Erscheinung. Clay konnte auf einen Blick erkennen, warum sein Freund sich von ihr so angezogen fühlte.
Und dennoch bereitete es ihm Kummer. Er vertraute nur sehr wenigen Frauen. Zu viele von ihnen hatte er kennen gelernt, die einem Mann alles antun würden, nur um zu sehen, wie er sich wand.
Knowles kehrte zu seinen Pflichten zurück, und Clay richtete seine Aufmerksamkeit auf Ariel. Vielleicht würden ein paar Worte mit ihr seine Bedenken zerstreuen.
»Eigentlich hatte ich gehofft, Lord Greville anzutreffen«, begann er das Gespräch. »Ich bin da über ein Geschäft gestolpert, das er vielleicht interessant finden könnte. Nur selten lasse ich mich auf finanzielle Abenteuer ein; aber dieser kleine Handel erschien mir so verlockend, dass ich nicht widerstehen konnte.«
»Leider wird er erst spät zurückkommen. Und morgen will er nach Cadamon fahren. Offensichtlich hat er vor, mehrere Wochen fern zu bleiben.« Eine Tatsache, die sie gar nicht zu erfreuen schien.
»Meines Wissens habt Ihr ihn doch beim letzten Mal begleitet?«
»Das war etwas anderes.«
»Warum?«
Sie hob ein wenig das Kinn. »Damals hatte er die Absicht, mich zu seiner Geliebten zu machen - ich denke, das wisst Ihr.«
Er unterdrückte seine Belustigung. »Anscheinend hat sich das geändert.«
»Jawohl.« Aber auch das schien sie nicht sehr zu erfreuen.
Clay öffnete die Tasche, holte die Geschäftspapiere, die er mitgebracht hatte, daraus hervor und legte sie auf einen Stapel von Schriftstücken auf Justins Schreibtisch.
»Er hätte Euch gut behandelt. Justin ist ganz anders als sein Vater. Es zählt nicht zu seinen Gewohnheiten, Frauen auszuhalten. In der Tat hat er noch nie eine echte Geliebte gehabt - obwohl das nicht bedeuten soll, dass er bisher das Leben eines Mönchs geführt hat.«
»Sicher hat er das nicht - tatsächlich könnte ich mir vorstellen, dass es eine ganze Anzahl von Frauen gibt, die gern diesen Platz einnehmen würden.«
»Wenn er sie haben wollte, ja. Ich indessen möchte Euch hiermit versichern, dass Ihr ihm mehr bedeutet als eine flüchtige Affäre.«
Ariel antwortete nicht darauf. Sie machte es ihm wirklich schwer.
»Ich weiß nicht, wie gut Ihr ihn bereits kennen gelernt habt. Vielleicht habt Ihr mittlerweile begriffen, dass er nicht der Eiszapfen ist, der er zu sein scheint.«
Interesse blitzte in ihren Augen auf. »Wollt Ihr mir nicht etwas über ihn erzählen?«
Clay lächelte. »Was möchtet Ihr denn wissen?«
»Er scheint so schrecklich abweisend zu sein. Hat es eigentlich schon einmal jemanden gegeben, dem er nahe gestanden hat - jemand, der sich etwas aus ihm gemacht hat? Ich weiß, dass seine Mutter ihn im Stich gelassen hat und dass sein
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