Ein verführerischer Pakt
Herz nicht zu einer so großen Liebe fähig gewesen, wie Guy sie hinsichtlich seines Freundes beschrieben hatte. Trotzdem betrachtete sie es als Segen, einen guten und treuen Ehemann gehabt zu haben.
Lily ordnete ihre Zügel. Sie war noch nie im Herrensattel geritten, aber in ihr wuchs die Überzeugung, sie könne Gefallen daran finden.
"Auf nach Whitechapel!" rief Guy. Anscheinend war er völlig begierig auf das Abenteuer, das vor ihnen lag.
Lily lenkte ihre Stute dichter an Guys Wallach heran, seine Nähe hatte etwas Beruhigendes. Sie konnte nur hoffen, dass Guys plötzliche Begeisterung für ihren Plan auch auf sie abfärben würde. Ihre Bedenken wuchsen von Minute zu Minute, als der Mond hinter Wolken verschwand und die dunklen Gassen sie verschluckten.
Guy blieb wachsam; unaufhörlich ließ er den Blick durch die immer enger werdenden Straßen schweifen, die in die berüchtigte Hölle von Whitechapel führten. Je näher sie der Rupert Street mit ihren verfallenen Häusern und dem Gestank von Armut kamen, desto übler wurde die Gegend. Ratten tummelten sich im Abfall, den man zum Verrotten einfach auf die Wege gekippt hatte. Die Rinnsteine liefen fast über vor Müll und Schlimmerem.
Guy sah zu Lily hinüber, die im Schein der einzigen nicht zerbrochenen Gaslampe nach dem Einbiegen in die Rupert Street kaum noch zu erkennen war. Als schlurfende Schritte hörbar wurden, zückte er die Pistole. "Stehen geblieben!" fuhr er die Gestalten an, die aus dem Schatten einer Häuserlücke hervortraten.
"Aha, er ist es höchstpersönlich!" stellte einer der Kerle fest und lachte schnarrend. "Wen suchen Sie, Duquesne?"
"Tommy Roundhead", erwiderte er.
"Das kostet Sie was, Chef!" Der Tölpel kicherte immer noch.
"Es wird euch etwas kosten, wenn ihr ihn nicht sofort herbeiholt!" Guy richtete die Waffe auf ihn. Das übliche Ritual.
Es dauerte keine Minute und Roundhead erschien. Er war leicht zu erkennen an seinem übergroßen Kopf. "Duquesne? Es ist doch erst Donnerstag!"
"Ich bin auch nicht zum Zocken hier, Tom. Ich brauche dich." Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm Guy die Pistole in die linke Hand und streckte Tom die rechte hin.
Dieser ergriff sie und schwang sich hinter Guy in den Sattel. "Passt auf Nell auf", befahl er den Männern, die seinen Unterschlupf zu bewachen hatten. Nell Gentry, ein ehemaliges Straßenmädchen, war seine Gefährtin. Sie neigte zum Streunen, wenn man sie nicht ständig im Blick behielt.
"Machen Sie langsam kehrt", flüsterte Guy Lily zu. "Es geht zurück in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Und reiten Sie dicht vor mir her."
Sie nickte und folgte seinen Anweisungen. Guy konnte kaum an ihr vorbeisehen, da die Gassen so schmal waren. Er hielt den Atem an und ritt mit durchgezogener Pistole, jederzeit bereit, einen möglichen Angriff abzuwehren. Tommy war zwar ein Garant dafür, dass etwas Derartiges nicht geschah, da dieser Block sein Revier war, aber was war, wenn er in der Dunkelheit nicht schnell genug erkannt wurde?
Sie kamen ohne Zwischenfälle voran. Gehorsam ritt Lily im Schritt, obwohl Guy wusste, dass sie sich wahrscheinlich am liebsten in gestrecktem Galopp in Sicherheit gebracht hätte. Tommy hing hinter ihm im Sattel, nervös wie eine Katze ohne Schnurrhaare, da er es nicht gewohnt war, auf einem Pferd zu sitzen. Sobald er festen Boden unter den Füßen hatte, würde er wieder furchtlos sein. Und von unschätzbarem Wert.
Nachdem sie die Themse überquert hatten, folgte Guy der High Street und bog in die Pramble Close ein, wo er vor dem Haus von Friedensrichter Jelf Halt machte.
"Donnerwetter, Duquesne!" rief Tommy aus. "Was haben Sie mit Jelf zu schaffen? Ich würde lieber nicht mit hineinkommen, wenn's recht ist!"
Guy nickte. "Bleib bei den Pferden. Wenn den Tieren auch nur ein Haar gekrümmt wird, Tommy, dann reiße ich dir die Ohren ab! Verstanden?"
"Klar doch, Chef. Leihen Sie mir Ihre Pistole."
"Kommt nicht infrage." Guy half Lily beim Absitzen. "Du bist bestens bewaffnet. Anders kenne ich dich gar nicht."
Tommy lachte leise auf und wickelte sich die Zügel beider Pferde um die Hand. "Werden Sie lange drinnen bleiben?"
"Lange genug, um zu heiraten. Höchstens zehn Minuten."
"Ha! Sie haben auch schon mal besser gelogen!"
Guy ignorierte ihn, zog Lily mit sich zur Eingangstür und klopfte geräuschvoll an. Es war inzwischen Mitternacht, aber Jelf war bestimmt noch wach, höchstwahrscheinlich steckte er mitten in einem Kartenspiel. Trotzdem bedurfte es
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