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Ein verhängnisvolles Versprechen

Ein verhängnisvolles Versprechen

Titel: Ein verhängnisvolles Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Jake Wolf sich oft halb hinter einen Baum gestellt, sich fast schon versteckt, so wie er es auch jetzt machte. Er betrachtete seinen Sohn einfach gerne. Besonders beim Sport. Das war alles. Diese ganz schlichten Momente bereiteten ihm große Freude. Und manchmal fand er es schier unglaublich, wie viel Glück er gehabt hatte, dass er, Jake Wolf, der, wenn man es recht bedachte, eigentlich auch ein Nichts war, dazu beigetragen haben sollte, ein so wunderbares Wesen zu erzeugen. Die Welt war ein grausamer und furchtbarer Ort, und man musste alles Erdenkliche tun, um nicht unter die Räder zu kommen, aber wenn er Randy ansah, wurde ihm manchmal bewusst, dass es noch mehr gab als den ewigen Kampf von jedem gegen jeden, dass es irgendwo noch etwas Besseres geben musste, eine höhere Instanz, weil er solche Perfektion und Schönheit vor Augen hatte.
    »Hi, Jake.«
    Er drehte sich um. »Hi, Jacques.«
    Jacques Harlow stand vor ihm, der Vater eines der besten Freunde von Randy und gleichzeitig der Gastgeber. Jacques stellte sich zu ihm. Beide betrachteten die Party und ihre Söhne, sahen fast eine ganze Minute lang versunken zu, ohne ein Wort zu sprechen.
    »Unglaublich, wie schnell das vorbeigegangen ist, was?«, sagte Harlow.
    Jake schüttelte nur den Kopf, fürchtete sich davor, etwas zu sagen. Er ließ seinen Sohn nicht einen Moment aus den Augen.
    »Hey, willst du nicht auf einen Drink mit rüberkommen?«
    »Ich kann nicht. Ich musste nur kurz was für Randy vorbeibringen. Danke.«
    Harlow klopfte ihm auf die Schulter. »Alles klar.« Er ging zurück auf die Veranda.
    Es dauerte noch fünf Minuten, und Jake genoss jede einzelne Sekunde. Dann hörte er die Schritte hinter sich. Er drehte sich um und sah Myron Bolitar. Er hatte eine Pistole in der Hand.
Jake Wolf lächelte, drehte sich wieder um und sah weiter seinen Sohn an.
    »Was tun Sie hier, Jake?«
    »Wonach sieht’s denn aus?«
    Jake Wolf wollte noch nicht gehen, wusste aber, dass es an der Zeit war. Er saugte diesen letzten Eindruck seines Sohnes förmlich auf. Wenigstens kam es ihm so vor. Es war das letzte Mal, dass er ihn so sah. Er wollte ihm noch etwas sagen, ihm ein paar weise Worte mit auf den Weg geben, aber mit Worten konnte Jake nicht gut umgehen.
    Also drehte er sich um und hob die Hände.
    »Im Kofferraum«, sagte Jake Wolf. »Die Leiche ist im Kofferraum.«

52
    Win stand ein paar Meter hinter Myron. Zur Sicherheit. Er merkte aber sofort, dass Jake Wolf sich nicht wehren würde. Big Jake Wolf hatte aufgegeben. Zumindest für den Moment. Später kam vielleicht noch etwas nach. Win hatte oft mit solchen Männern zu tun gehabt. Die glaubten nie, dass wirklich alles vorbei war. Sie suchten immer noch nach einem Ausweg, einem Schlupfloch, einer Fluchtmöglichkeit, einem juristischen Trick – irgendetwas.
    Ein paar Minuten zuvor hatten sie Van Dynes Wagen auf dem Parkplatz der Roosevelt Mall entdeckt. Myron und Win waren vorgelaufen und hatten Lorraine Wolf und Erik Biel im Auto zurückgelassen. Erik hatte noch ein paar von den Kabelbindern übrig, die er mit der Munition zusammen gekauft hatte. Also hatten sie Lorraine die Hände hinter dem Rücken gefesselt und gehofft, dass Erik keine Dummheiten machte.
    Kurz nachdem Myron und Win in der Dunkelheit verschwunden waren, stieg Erik aus. Er ging zu Van Dynes Wagen. Er öffnete
die Fahrertür. Er wusste nicht genau, was er hier wollte, aber er konnte nicht einfach untätig herumsitzen. Er setzte sich auf den Fahrersitz. Auf dem Boden lagen Gitarrenplektren. Er dachte an die Plektren-Sammlung seiner Tochter, die ganz vernarrt darin war, und daran, wie Aimee beim Stimmen der Gitarre die Augen schloss. Er dachte an Aimees erste Gitarre, ein billiges Ding, das er in einem Spielzeuggeschäft für zehn Dollar gekauft hatte. Sie war erst vier Jahre alt gewesen. Sie hatte darauf eingeschlagen und eine wunderbare Fassung von Santa Claus Is Coming To Town gesungen. Das Ganze hatte eher an Bruce Springsteen erinnert als an etwas, das man von einem Kind im Vorschulalter erwartete. Als sie fertig war, hatten Claire und er wie wild geklatscht.
    »Aimee rockt«, hatte Claire verkündet.
    Sie hatten alle gelächelt. Sie waren so glücklich gewesen.
    Durch die Windschutzscheibe betrachtete Erik Lorraine Wolf in seinem Mercedes. Ihre Blicke trafen sich. Er hatte Lorraine vor zwei Jahren kennen gelernt, kurz nachdem Aimee zum ersten Mal mit Randy ausgegangen war. Er mochte sie. Er musste sogar zugeben, dass er sie in ein paar

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