Ein verhängnisvolles Versprechen
Kinn zu treffen. Der Schlag erwischte Kunstlehrer jedoch am Hinterkopf und wurde vom Pferdeschwanz noch gedämpft. Kunstlehrer taumelte. Er drehte sich um und versetzte Myron einen Schlag auf den Brustkorb.
Der Mann war sehr schnell.
Wieder verlangsamte sich alles. Aus der Ferne hörte Myron Schritte. Mrs Seiden floh. Kunstlehrer lächelte Myron schwer
atmend an. Die Schnelligkeit, mit der Kunstlehrer zugeschlagen hatte, zeigte Myron, dass es unklug war, stehen zu bleiben und sich auf einen Schlagabtausch einzulassen. Myron war größer, also musste er in den Bodenkampf.
Kunstlehrer nahm die Position für den nächsten Schlag ein. Myron stürzte sich auf ihn. Es war schwerer, einen Kontrahenten im extremen Nahkampf richtig hart zu treffen, besonders wenn der auch noch größer war. Myron packte Kunstlehrers Hemd im Schulterbereich. Er drehte sich, um ihn zu Boden zu werfen, und zog dabei den Unterarm hoch.
Myron hatte gehofft, mit dem Unterarm auf Kunstlehrers Nase zu landen. Schließlich wog Myron fast hundert Kilo. Wenn man jemand mit so viel Masse auf die Nase drückt, zerbricht sie wie ein ausgetrocknetes Vogelnest.
Aber wieder wich Kunstlehrer geschickt aus. Er merkte, was Myron vorhatte, und duckte sich ein wenig. Jetzt lag der Unterarm direkt auf der rosa Brille. Kunstlehrer schloss die Augen und zog Myron mit sich zu Boden. Außerdem hob er ein Knie und drückte es Myron in den Unterleib. Myron musste den Bauch zurückziehen, um sich zu schützen. Das nahm seinem Unterarmschlag viel Druck.
Bei der Landung verbog sich das Brillengestell, mehr Kraft lag nicht mehr in Myrons Hieb. Kunstlehrer konnte jetzt den Schwung ausnutzen. Er verlagerte das Gewicht. Hinter seinem Tritt war auch nicht viel Kraft, weil Myron den Rücken gekrümmt hatte. Aber das Knie war noch da. Und der Schwung.
Er warf Myron über den Kopf. Myron rollte sich ab. Nach nicht einmal einer Sekunde waren beide wieder auf den Beinen.
Die Männer sahen sich an.
Und jetzt kommt etwas, das einem niemand über Kämpfe sagt: Man wird von einer lähmenden Angst erfasst. Bei seinen ersten Kämpfen war Myron sich wie ein Riesenfeigling vorgekommen, als er das stressbedingte Kribbeln in den Beinen gespürt hatte, das so schlimm werden konnte, dass man fürchtete, sich nicht
mehr auf den Beinen halten zu können. Manche Männer, die noch nicht in viele Kämpfe geraten waren und dieses Kribbeln schon verspürten, wenn es in einer Bar zum Streit mit einem Betrunkenen kam, wollten oft vor Scham im Boden versinken. Das war nicht nötig. Es war keine Feigheit. Es war eine ganz natürliche, biologische Reaktion. Das ging jedem so.
Die Frage war, wie man damit umging. Mit der Zeit lernte man, wie man diesen Hormonschub kontrollieren und ihn sich sogar zunutze machen konnte. Man musste atmen. Man musste sich entspannen. Wenn man verspannt getroffen wurde, richtete der Schlag viel mehr Schaden an.
Kunstlehrer warf seine verbogene Brille weg. Er blickte Myron direkt in die Augen. Das gehörte dazu. Den Gegner niederzustarren. Der Typ war gut. Win hatte es gesagt.
Aber Myron war auch gut.
Mrs Seiden schrie auf.
Man musste beiden Männern zugute halten, dass sie sich nicht umdrehten. Myron wusste jedoch, dass er zu ihr musste. Er täuschte einen Angriff an, gerade so, dass Kunstlehrer zurückwich, dann schoss er vors Haus, von wo der Schrei gekommen war.
Die Haustür war offen. Mrs Seiden stand davor. Der andere Mann aus dem Wagen hielt sie fest. Er hatte ihr die Finger in den Oberarm gebohrt. Der Typ war ein paar Jahre älter als Kunstlehrer und trug eine Smokingjacke. Eine Smokingjacke, verdammte Scheiße noch mal. Er sah aus wie Roger Healey aus Bezaubernde Jeannie.
Keine Zeit.
Kunstlehrer war hinter ihm. Myron wich zur Seite aus und schlug mit rechts einen Schwinger. Kunstlehrer duckte sich weg, aber damit hatte Myron gerechnet. Er brach mitten im Schlag ab und schlang dem Mann seinen Arm um den Hals.
Myron hatte ihn im Schwitzkasten.
Doch da stürzte sich Smokingjacke mit einem absurden Kampfschrei auf ihn.
Myron drückte den Hals fester zu und trat nach Smokingjacke. Der fing den Schlag mit der Brust auf. Er entspannte seinen Körper, ging mit dem Tritt mit und umklammerte Myrons Bein.
Myron verlor das Gleichgewicht.
Kunstlehrer gelang es, sich zu befreien. Er schlug mit der Handkante nach Myrons Kehle. Myron senkte den Kopf, so dass der Schlag sein Kinn traf. Seine Zähne schlugen aufeinander.
Smokingjacke umklammerte weiter Myrons Bein.
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