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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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«
    Tess dachte an Tonino. War er ebenfalls hinter dem tesoro her? Schließlich hatte er einmal seiner Familie gehört. Hatte er deswegen …?
    Aber das war nicht möglich. Wenn es so wäre, hätte er nie Schluss mit ihr gemacht, oder?
    »Der Schlüssel ist in meiner Hemdtasche«, flüsterte Giovanni. »Hier.« Er wies darauf.
    Unter dem weißen Leinenstoff erkannte Tess den Umriss des schweren Metallschlüssels. Giovannis Hemdkragen war aufgeknöpft, sodass sein dunkles Brusthaar zu sehen war. Auf seiner olivfarbenen Haut stand ein leichter Schweißfilm.
    »Holen Sie ihn sich doch«, sagte er.
    Tess sah ihn durchdringend an. Sie wusste, dass er nur mit ihr spielte. Trotzdem streckte sie die Hand danach aus.
    Er packte sie, zerrte sie grob zu sich heran und griff in ihr Haar.
    »Lassen Sie mich los.« Ihre Stimme zitterte. Ihre Gesichter berührten sich fast. Seine Augen waren hart und kalt.
    »Glauben Sie etwa, ich will etwas von Ihnen?«, murmelte er. »Nachdem dieser Bastard Sie gehabt hat?«
    Er stieß sie so heftig weg, dass sie stolperte und beinahe gestürzt wäre. Sie hielt sich an einer Stuhllehne fest. »Geben Sie mir den Schlüssel, Giovanni«, befahl sie.
    Er war schon an der Tür. Dort drehte er sich kurz um, zog den Schlüssel aus der Hemdtasche und warf ihn auf den Boden. Mit einem dumpfen, metallischen Klirren landete er auf den Platten vor ihr. »Nehmen Sie ihn«, sagte er. »Es macht keinen Unterschied.«
    Er öffnete die Tür.
    »Und kommen Sie bloß nie wieder«, schrie Tess ihm nach. »Sonst … sonst …«
    Aber sie vergeudete ihren Atem. Er war schon fort.

66. Kapitel
    J a, dachte Flavia, die sizilianische Küche vereinte Gegensätze, Geschmäcker und Strukturen, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassten. So war das immer schon gewesen. Süß und sauer, hart und weich, süß und salzig, heiß und kalt …
    In der cassata zum Beispiel waren es die harten, festen kandierten Früchte und die Süße des Gusses über dem üppigen Ricottakäse. Kuchen und Eiscreme zugleich. Um das Jahr dreizehnhundert existierte das arabische Sizilien nicht mehr, und die cassata wurde zu einem Dessert der Aristokratie, dessen Rezepte Nonnen oder die Köche des Adels eifersüchtig hüteten. Selbst heute hatten noch nicht allzu viele Menschen, die keine Profiköche waren, den Ehrgeiz, sie zu Hause zuzubereiten.
    Cassata war jedoch eine Spezialität aus Flavias Heimatdorf. Und es ging nicht an, Traditionen und Rezepte aussterben zu lassen. Es war ein Teil ihrer Geschichte.
    Die kandierten Früchte sollten in einem verschlossenen Gefäß kühl aufbewahrt werden. Unter dem Zuckerüberzug bleibt das wahre Aroma des Obstes erhalten.
    Sie begann, das Rezept im hinteren Teil des Buchs zu notieren.
    Denn dort gehörte sie hin …
    Peter zog sich langsam aus, als bereite ihm jede Bewegung Mühe. Er legte seinen Pullover ab, zupfte an seinem Hemd und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Ein trauriger Blick voller Liebe war das. Liebe und Trauer, unterschieden diese beiden sich wirklich so stark voneinander?
    Sie lag unter den gestärkten weißen Laken und versuchte, das Zittern ihres Körpers unter Kontrolle zu bringen. Es war nicht Angst oder Nervosität, die sie am ganzen Körper beben ließen, nicht einmal Begehren, sondern pures Gefühl, wurde ihr klar. Die Emotionen, die sie diesem Mann einmal entgegengebracht hatte, stiegen erneut wie Lava in ihr auf.
    Und dann war er nackt und stand neben ihr am Bett. »Wir haben so viel Zeit verschwendet, Flavia«, sagte er.
    Sein Körperhaar war blond und flaumig und dichter, als sie es in Erinnerung hatte. Es war golden und auf seinen Schultern und auf seinem Rücken kaum wahrzunehmen, wie sie erkannte, als er sich halb umwandte. Er war so dünn. Das ist die Krankheit, dachte sie. Er wirkte bereits ausgezehrt, und seine Haut war blass und gelblich und schimmerte leicht vor Schweiß.
    Sie schlug die Bettdecke zurück. »Komm her«, sagte sie.
    Er beugte sich über sie, stieg ins Bett und breitete die Arme aus. Sie schmiegte sich hinein, legte den Kopf in die Höhlung zwischen seiner Brust und seiner Schulter und schlang einen Arm um seinen Rücken. Er wandte sich ihr zu.
    Sie schwiegen. Zwei Herzen schlugen, jedes für sich. Sie spürte seinen Puls, der an ihrer Haut pochte. Kurz huschten ihre Gedanken zu Lenny. Seine Körperform war anders; er war stämmiger und kleiner und hatte dunkles Haar auf der Brust und an den Beinen. Aber auch seine Haut war blass, nicht honigblass wie

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