Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
auf,stöhne leise, als sich im Kopf alles dreht, und klammere mich einen Moment am Regal fest, während der Drucker schon wieder einen Schwall Bestellungen ausspuckt. Also schnappe ich mir die angeforderten Artikel und lege sie in den Warenaufzug, wobei ich diesmal doppelt und dreifach kontrolliere, damit alles seine Richtigkeit hat. Dann zücke ich mein Handy, wähle die Nummer des Büros und warte, dass Sharon rangeht.
»Hallo«, flötet sie fröhlich, weshalb ich sofort vermute, dass Rupert bei ihr sein muss. Und plötzlich stelle ich mir die beiden miteinander vor, so wie Joel und ich gestern Abend, und mir wird schlecht, was diesmal allerdings nichts mit dem gestrigen langen Abend zu tun hat.
»Hi, Sharon«, melde ich mich. »Hier spricht Evie.«
»Wer?«, fragt sie prompt zurück. Im Geiste trete ich mir in den Allerwertesten für diesen dummen Versprecher.
»Ich meine, Sarah.« Darauf entsteht ein langes Schweigen, während sie krampfhaft überlegt, wer sie da anruft. »Aus dem Warenlager«, füge ich schließlich matt hinzu.
»Ach, ja. Ich weiß schon«, sagt sie etwas angesäuert. »Was kann ich für dich tun?«
»Ich habe noch keine Pause gehabt, weil so viel zu tun ist, und es kommen immer noch massenweise Bestellungen rein«, erkläre ich fröhlich. »Könntest du vielleicht jemanden herschicken, der für mich einspringt, während ich mir was zu essen hole?«
»Aber bisher musste doch noch nie jemand während deiner Pausen für dich einspringen«, bemerkt Sharon schnippisch. »Wie kommst du denn darauf, wir hätten ausgerechnet jetzt zu viel Personal?«
»I-ich wollte nicht einfach gehen, wo ständig neue Bestellungen reinkommen«, erkläre ich.
»Sehr vernünftig«, meint Sharon spitz.
»A-aber ich brauche wirklich eine Pause.«
»Brauchen wir die nicht alle?«, entgegnet sie lachend.
Ganz und gar untypisch für mich spüre ich die Wut in mir aufsteigen. Da schufte ich hier wie ein Pferd, und das ist der Dank dafür? Man bringt mir nicht mal das kleinste bisschen Respekt entgegen. Tja, mir reicht es allmählich. So lasse ich mich jedenfalls nicht abfertigen.
»Sharon«, sage ich ganz ruhig, »ich bin seit sieben Uhr heute Morgen hier. Laut Vertrag steht mir alle vier Stunden eine halbe Stunde Pause zu. Und nicht nur das, ich habe die ganze letzte Woche unbezahlte Überstunden gemacht.« Und das ist noch längst nicht alles, würde ich am liebsten sagen. »Die Verkäufer können sich vertreten lassen, wenn sie in die Pause gehen, und ich finde, das sollte mir auch zustehen.« Ich unterbreche mich und atme tief durch. »Aber ich kann das auch gerne mit Mr. Hardy persönlich besprechen, wenn es sein muss. Es sei denn, er ist ohnehin gerade bei dir?«
Ich höre Sharon empört nach Luft schnappen. »Also schön. Ich schicke dir jemanden, der gerade nicht so viel zu tun hat.«
»Danke«, sage ich und lege auf und bin dabei ein bisschen stolz auf mich.
Zehn Minuten später geht quietschend die Tür zum Lagerraum auf, und Carly kommt mit ärgerlich verzogenem Gesicht hereingestürmt.
»Ach, Carly!«, rufe ich fröhlich und werfe mir die Tasche über die Schulter. »Wolltest du ein bisschen mit mir quatschen? Das ist jetzt leider gerade schlecht. Ich wollte eben Pause machen und warte nur noch auf meine Ablösung. Sharon war auch der Meinung, es wäre besser, jemand hat ein Auge auf die Bestellungen, während ich weg bin. Heute Morgen geht’s hier zu wie im Taubenschlag, was?«
Und damit lächele ich Carly herzlich an, doch die gibt keineAntwort. Sie verschränkt bloß die Arme und stiert trübselig Löcher in die Luft.
»Müsste eigentlich gleich da sein. Ich könnte sterben für ein bisschen frische Luft und eine Tasse von Lilys Tee.«
»Dann geh doch«, murrt sie mürrisch.
Ich bin etwas verwirrt. »Aber ich muss erst noch warten, bis –«
»Deine Ablösung ist da, okay?«, entgegnet sie gereizt. »Ich bin da. Sharon hat mich hergeschickt, weil ich für dich einspringen soll. Sie meinte, auch Mitarbeiter in Führungspositionen müssten sich hin und wieder die Hände schmutzig machen.« Sie schaut sich im Lager um und verzieht das Gesicht. »Und sie meinte, damit könne ich auch gleich anfangen. Himmel, ich bin so deprimiert! Wie kann sie es wagen, mich in dieses Drecksloch zu schicken, wo überhaupt nichts los ist!«
Mir sträuben sich die Nackenhaare. Drecksloch? Das kränkt mich genauso sehr, als hätte sie meine eigene Wohnung verunglimpft. Wenn sie auf einen Tee vorbeikommt und
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