Eine begehrenswerte Lady
Reithut mit der Fasanenfeder gerutscht waren, schaute Gillian zu ihrer Cousine und rief:
»Oh Sophy, war das nicht wunderbar? Ich hatte völlig vergessen, welche Freude es ist, ein gutes Pferd zu reiten.«
Sophia, die ebenso begeistert wie Gillian aussah, nickte.
»Das war es allerdings. Höchst anregend. Es gibt nichts Besseres als ein ausgezeichnetes Pferd, um einem ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern und alle Sorgen zu vergessen.« Zu Luc sagte sie: »Wir stehen in Ihrer Schuld, Mr. Joslyn. Es war überaus freundlich und umsichtig von Ihnen, uns einen Ausritt vorzuschlagen.«
»Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite«, erwiderte Luc und riss seinen Blick von Gillians Gesicht los. Mon Dieu! Die Waldelfe war wirklich reizend. Und durchtrieben, wenn sein Verdacht bezüglich ihrer Motive für ihren Besuch in High Tower zutraf. Und gefährlich, ermahnte er sich, als ihm wieder ihr ermordeter Ehemann einfiel.
Verärgert aus Gründen, die er nicht erklären konnte, sagte er knapp:
»Ich bin selbst recht neu in der Gegend hier, und Ihr Onkel könnte Ihnen gewiss mehr zeigen, aber wenn Sie möchten, bringe ich Sie zu der einen oder anderen der bekannteren Sehenswürdigkeit.«
»Uns bereitet das Reiten an sich Freude, Mr. Joslyn«, erklärte Gillian. »Das Ziel ist dabei weniger wichtig. Sagen Sie wohin, wir folgen.«
Sie blieben mehrere Meilen auf der Hauptstraße, und Luc wies immer wieder auf verschiedene Besonderheiten hin. Kurz darauf bogen sie auf Lucs Zeichen hin ab; er führte sie über die wellige, samtig grüne Kalksteinlandschaft, die sich in allen Richtungen vor ihnen erstreckte.
»Das hier unterscheidet sich stark von den Feldern, Wiesen und Wäldern Virginias, aber es besitzt eine Schönheit, die einem den Atem raubt, oui ?«
Gillian nickte geistesabwesend, ihr Blick ruhte auf den grasenden wohlgenährten Sussex-Schafen mit ihren grauen und braunen Gesichtern. Dazwischen konnte sie die eine oder andere Kuh oder auch mal ein Pferd entdecken. Ab und zu wiesen hinter den Hügeln aufsteigende Rauchsäulen auf Ortschaften hin, aber sie konnten keine sehen.
Als sie eine leichte Anhöhe hochgeritten waren, hielt Luc sein Pferd an, und die anderen taten es ihm gleich.
»Das Tal des Cuckmere«, verkündete er schlicht.
Ihnen bot sich eine selten schöne Aussicht in alle Richtungen, und Gillian stockte vor Freude der Atem. Wie eine träge Schlange wand sich der Fluss Cuckmere durch das breite Tal unter ihnen zum Meer. Hier und dort wuchsen am Ufer Bäume oder Büsche und markierten die Stellen, an denen sich die schmaleren mäandernden Wasserläufe in der grünen Landschaft verzweigten. Ganz in der Ferne konnte man zwischen zwei Klippen hindurch das Wasser des Ärmelkanals schimmern sehen.
Sich zu Gillian vorbeugend und die Lippen nur wenige Zentimeter von ihrem Ohr entfernt, streckte Luc den Arm aus und sagte:
»Sehen Sie die Lücke zwischen den Felsen dort hinten und das Meer dahinter? Der breite Strand dort ist Cuckmere Haven, ein beliebter Landeplatz für unsere Schmuggler hier.«
Gillian nickte, sie war sich unangenehm ihres wegen seiner Nähe plötzlich schneller klopfenden Herzens bewusst.
»Onkel hat beim Abendessen neulich erwähnt«, erwiderte sie und wandte ihren Kopf, sodass sie Luc nicht mehr so verstörend nahe war, »dass die Schmuggler hier sehr aktiv sind.«
»Das stimmt allerdings«, sagte Luc und lächelte angesichts ihrer Reaktion. War es einfache Abneigung, die für ihr Abwenden verantwortlich war, oder war die Dame sich seiner Nähe so bewusst, wie er ihrer? Er zog es vor, Letzteres zu glauben. So richtete er sich auf und fügte hinzu: »Die übelste Bande wird von Will Nolles angeführt, dem Besitzer einer Taverne namens Ram’s Head .«
»Aber wenn man weiß, wer es ist«, warf Sophia ein, »warum lässt man dann zu, dass er weitermacht?«
»Die Schmuggler sind eine eng verwobene Gemeinschaft, und die meisten Leute in der Gegend sind entweder selbst in dem Gewerbe oder haben Familienmitglieder, die schmuggeln, oder sie profitieren in irgendeiner Weise davon«, antwortete er und schaute Sophia an. »Außerdem ist Nolles’ Bande mächtig, sodass er und seine Männer gefürchtet sind. Sie werden niemanden finden, der bereit wäre, gegen sie auszusagen.«
Als beide Frauen beunruhigt wirkten, verfluchte sich Luc im Geiste für seine unbedachten Worte und entschuldigte sich.
»Verzeihen Sie! Ich wollte Ihnen keine Angst machen. Es gibt hier Schmuggler, aber Sie haben nichts
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