Eine Braut zu Weihnachten
hatte recht: Keiner in dieser Familie benahm sich besser als die Kinder unter ihnen und alle hatten mindestens ebenso viel Spaß. Und Sebastian irrte sich. Trotz ihres Bindestrichs waren sie kein bisschen imposant. Zumindest heute nicht. Gelächter schallte durch die Gänge des Hauses. Kinderstimmen vermischten sich mit denen der Erwachsenen. Es wurde reichlich Gebrauch gemacht von den Mistelzweigen. Selbst Veronicas Vater und der Rest ihrer Familie hatten sich den Hadley-Attwaters mit überraschendem Enthusiasmus angeschlossen.
Gegen Mittag war das Haus in Girlanden und kunstvolle Gebinde aus Tannengrün eingehüllt. An den Türen hingen Kränze aus Stechpalmen und Immergrün, die Treppengeländer zierten rote und goldene Bänder, Efeu und Tannenzapfen. Jede Ecke, jede Nische und nahezu jedes unbewegliche Möbelstück war mit einem Kranz aus Grün oder aus Beeren geschmückt. Es war wie Zauberei. Trotz ihres Alters und schlechten Zustandes sah Lady Greyville nun wieder ganz wie die Grande Dame aus, die sie einst gewesen war und sehr bald auch wieder sein würde.
An einem Ende des Saals wurde mithilfe von Sebastian und den anderen Gentlemen der große Baum aufgestellt, der am Morgen gefällt und ins Haus gebracht worden war. Allerdings bestand besagte Hilfe mehr aus überflüssigen Ratschlägen als tatkräftiger Unterstützung, da der Förster und seine Männer durchaus in der Lage waren, den Baum allein aufzustellen. Die meisten der Ladys packten die Schachteln mit dem Christbaumschmuck aus, den fast jede mitgebracht hatte. Am anderen Ende des Saals war ein Tisch für Dianas Kinder und ihre Nannys aufgestellt worden, an dem sie nun alle mit konzentrierter Miene saßen und Beeren auffädelten und kleine Puppen und Tiere aus Zweigen und Stoffresten bastelten. Nachdem Veronica die unendlich lebhaften Kinder heute in Aktion gesehen hatte, bezweifelte sie allerdings, dass diese Ablenkung sehr lange anhalten würde.
Sie blickte sich zufrieden um. Die kleinen Risse und Schnitte von den Zweigen an ihren Händen waren es wert. Nächstes Jahr würde sie Handschuhe tragen. Nächstes Jahr? Sie lächelte bei dem Gedanken. Sie hatte noch immer keine Ahnung, wie sie dieses Jahr erklären sollten, aber das war im Moment auch gar nicht wichtig. Irgendwann im Laufe des Tages war ihr bewusst geworden, dass sie und Sebastian, wenn sie erst einmal richtig verheiratet waren, zwei Häuser auf dem Land und eines in der Stadt besitzen würden. Vielleicht wäre es das Beste, ihr Landhaus an Harrison zu verkaufen. Es war immerhin Charles’ Haus gewesen, und sein Bruder hatte Interesse daran gezeigt, es zu erwerben. Das Geld würden sie gut verwenden, denn Sebastians Gutshaus benötigte noch sehr viel Renovierung, und es würde großen Spaß machen, seine alte Pracht wiederherzustellen, Feste darin zu veranstalten und es mit Freunden, Kindern und Familie zu füllen.
»Es macht sich schon sehr gut«, bemerkte Helena neben ihr.
Veronica sah Sebastians Mutter an und lächelte. »Ja, das tut es, nicht?«
»Diese Jahreszeit war immer meine liebste.« Helena blickte sich mit zufriedener Miene um. »Es gibt doch nichts Schöneres, als seine Familie zu Weihnachten vereint zu haben.« Dann seufzte sie. »Ich wünschte, auch Portia wäre hier, aber das ist eben nicht zu ändern.« Sie schwieg einen Moment versonnen. »Seine Kinder gehen zu lassen ist ebenso wichtig, wie sie in der Nähe zu behalten, wenn auch sehr viel schwieriger.«
»Selbst bei Portia?«
»Weil sie meine Nichte und nicht meine Tochter ist?«
Veronica nickte.
»Man sollte meinen, das machte einen Unterschied, aber das hat es nie getan. Portia ist bei uns, seit sie ein Baby war. Sie war das einzige Kind meiner Schwester und alles, was mir von ihr geblieben ist. Portia ist mir so lieb, als hätte ich sie selbst zur Welt gebracht.« Wieder schwieg sie einen Moment. »Vielleicht sogar noch in weit größerem Maße, obwohl ich das den anderen nie sagen würde. Man macht keine Unterschiede zwischen seinen Kindern.« Sie nickte bekräftigend. »Das wirst du auch noch lernen, meine Liebe, wenn du eigene Kinder hast.«
»Ich freue mich schon sehr darauf.«
»Es gibt nichts Schöneres, als Kinder im Haus zu haben, besonders zu Weihnachten. Und nichts, was Erwachsene ihr Alter besser vergessen lässt als Weihnachten. Sogar bei mir ist das noch so.«
Veronica lachte. »Sie haben recht. Es ist wunderbar, das Haus voller Kinder zu haben. Aller Altersstufen«, fügte sie mit einem
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