Eine Braut zu Weihnachten
freundlich sein, uns eine Erfrischung zu holen?«
»Es wird mir ein Vergnügen sein.« Sebastian stöhnte innerlich, als er sich erhob. Anscheinend hatte sie doch vor, die ganze Pause über dazubleiben.
Veronica verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln, als wüsste sie genau, woran er dachte.
»Ach, ich glaube, ich werde Sie begleiten.« Miss Bramhall erhob sich. »Ich habe vorhin Lady Lovett gesehen und würde gern ein paar Worte mit ihr sprechen, bevor der nächste Akt beginnt.«
»Lass dir ruhig Zeit«, sagte Veronica. »Ich wage zu behaupten, dass wir auch ohne dich hier tapfer ausharren werden.«
»Das bezweifle ich nicht, meine Liebe.« Miss Bramhall nickte Sebastian zu, die Tür zu öffnen, und ging mit raschelnden Röcken an ihm vorbei.
»Sebastian«, sagte Veronica sehr leise, worauf er sich schnell zu ihr umdrehte. »Dieses letzte bisschen Unsinn auf Ihrer Liste …«
»Ja?«
»Das klang so gar nicht routiniert.« Sie warf ihm ein geradezu aufreizendes Lächeln zu, das sein Herz ins Stocken brachte. Seltsam, dass ein bloßes Lächeln das bewirken konnte. »Und es war sehr wirksam.«
Er grinste erfreut. »War es das?«
»Oh ja.« Sie stand auf und kam zu ihm, und bevor er auch nur ein Wort sagen konnte, legte sie die Hände um sein Gesicht und presste ihren Mund auf seinen.
Ihre Lippen waren warm und weich an seinen … und berauschend wie ein guter Wein, der ihm sofort zu Kopf gestiegen war. Ein seltsam wehes Gefühl verkrampfte ihm das Herz.
»Sehr, sehr wirksam.«
Er wollte die Hände um ihre Taille legen, aber sie trat zurück. »Tante Lotte wartet.«
»Oh ja, natürlich.« Sebastian atmete tief durch. »Und dies ist nicht der richtige Ort …«
»Kommen Sie schnell zurück.«
Er nickte und folgte ihrer Tante mit viel beschwingterem Schritt, als er es vor einer Minute noch getan hätte.
Auf dem Gang drängten sich die Theaterbesucher, und er musste einem nach dem anderen ausweichen, um mit Miss Bramhall Schritt halten zu können. Als sie endlich das Foyer erreichten, trat sie zur Seite und wandte sich ihm zu.
»Kann ich Sie kurz sprechen, Sir Sebastian?«, fragte Miss Bramhall mit ernster Miene.
Sofort kam er sich vor, als wäre er wieder zehn Jahre alt und bei etwas Verbotenem erwischt worden. Wie absurd. Er war ein erwachsener Mann, der in seinem Leben viel erreicht hatte. Er hatte sich weit größeren Gefahren gegenübergesehen als dieser entschlossenen kleinen Beißzange.
Trotzdem nahm er seine charmanteste Haltung an. »Für Sie habe ich alle Zeit der Welt, Miss Bramhall.«
»Zunächst einmal möchte ich Ihnen sagen, wie beeindruckt ich war, dass Sie auch mich ins Theater und zu dem Bankett eingeladen haben.«
»Es schien mir das Korrekteste zu sein.« Gut, dachte er. Anscheinend hatte er überhaupt nichts zu befürchten.
Sie musterte ihn einen Moment lang prüfend, dann lachte sie. »Du liebe Güte, junger Mann, das Letzte, worüber Veronica sich Gedanken macht, ist Korrektheit.«
»Dann sollte einer von uns anderen es tun«, erwiderte er steif und zuckte innerlich zusammen. O Gott, jetzt hörte er sich schon an wie einer seiner Brüder! »Was ich meinte, ist, dass ich Lady Smithson keinem Gerede aussetzen will.«
»Hervorragende Antwort.« Sie nickte gedankenvoll. »Veronica verlor ihre Mutter, als sie noch sehr jung war. Meine Mutter und ich halfen ihrem Vater, meinem Bruder, die Kleine aufzuziehen. Mein Bruder kann zwar oft ein ziemlicher Dussel sein, aber er ist ein guter, anständiger Mensch. Meine Mutter und ich sind beide sehr … Ach, wie nennt man das doch noch?«
Alle möglichen Worte kamen Sebastian in den Sinn, die er aber vorsichtshalber ignorierte.
» Emanzipiert trifft es wohl am besten, glaube ich. Und Veronica ist natürlich sehr stark beeinflusst worden von unseren Ansichten.« Sie maß Sebastian mit einem festen Blick. »Das sollten Sie sich merken.«
»Das werde ich tun, Miss Bramhall. Danke.«
»Sie sind überhaupt nicht so, wie ich erwartet hatte, wissen Sie.«
»Ist das gut oder schlecht?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
»Ich bin mir noch nicht sicher. Sie sind ein Mann, und ich habe feststellen müssen, dass man Männern normalerweise nicht vertrauen kann.« Sie schwieg einen Moment. »Ich sollte Sie vielleicht fragen, ob Sie ehrliche Absichten haben.«
Sebastian öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie hob die Hand, damit er schwieg. »Nein, ich will es gar nicht wissen. Es ist nicht meine Sache. In unserer Familie legen
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