Eine Braut zu Weihnachten
finde ich.« Veronicas Stimme war leise und unwissend verführerisch, als sie sich zu Sebastian beugte. »Es war sehr mutig von Ihnen, meine Tante einzuladen.«
Sebastian glaubte, in ihren warmen braunen Augen zu versinken, und wunderte sich, dass er sich nicht ganz und gar darin verlor. Aber vielleicht war das ja bereits geschehen. In den zwei Tagen seit ihrer letzten Begegnung hatte er kaum etwas anderes tun können, als an sie zu denken, was ihn in seiner Entschlossenheit, sie zu seiner Frau zu machen, nur bestärkte. »Es ist ein schmaler Grat zwischen Mut und Torheit. Ich bin mir noch nicht sicher, was es war«, antwortete er.
Veronicas Blick glitt zu ihrer Tante, die etwas weiter unten an der langen Tafel saß, und Sebastians folgte ihrem. »Sie scheint sich jedenfalls von ihrer besten Seite zu zeigen.«
»Tun wir das nicht alle?«, murmelte er.
Miss Bramhall wirkte tatsächlich weniger streitlustig als bei ihrem letzten Besuch im Explorers Club. Wann immer Sebastian heute Abend zu ihr hinübergeblickt hatte, war sie in lebhafte, aber keineswegs konfrontative Gespräche mit den Herren um sie herum vertieft gewesen. Sebastian hatte dem Club die Namen seiner Gäste nennen müssen, und wer auch immer für die Sitzordnung verantwortlich war, hatte seine Sache sehr gut gemacht. Die Herren zu beiden Seiten von Miss Bramhall sahen nicht nur so aus, als unterhielten sie sich großartig, sondern auch so, als wären sie von ihrer Tischnachbarin sogar ziemlich angetan.
Und wieso auch nicht? Sie war vermutlich ein, zwei Jahre jünger als Sir Hugo, der Mitte fünfzig war. Sebastian hatte vorher nicht darauf geachtet, aber jetzt dachte er, was für eine gut aussehende Frau sie war ohne ihre sonst immer so strenge Miene, und dass sie sehr hübsch gewesen sein musste in ihrer Jugend.
»Haben Sie ihr gedroht?«
Veronica tat so, als verschlüge es ihr den Atem vor Bestürzung. »Um Gottes willen, Sebastian, so etwas würde ich doch niemals tun! Und abgesehen davon«, fügte sie mit einem kleinen Lächeln hinzu, »würde das ohnehin nichts nützen.«
Miss Bramhall lachte über irgendetwas, das einer ihrer Tischnachbarn gesagt hatte.
»Berichtigen Sie mich, falls ich mich irre, aber flirtet Ihre Tante nicht sogar?«
Veronica lachte leise. »Es sieht auf jeden Fall so aus«, stimmte sie mit einem nachdenklichen Blick auf ihre Tante zu. »Ich bin überrascht, dass sie überhaupt noch weiß, wie es geht.«
»Sie scheint sich wirklich großartig zu amüsieren«, sagte Sebastian. Sir Hugo saß etwas weiter unten an der langen Tafel und zu weit entfernt von Miss Bramhall, um einen Streit beginnen zu können. Aber wann immer Sebastian in Sir Hugos Richtung blickte, ruhte dessen Blick auf Veronicas Tante. »Ich glaube, Sir Hugo hat das auch bemerkt. Er scheint die Augen nicht von ihr abwenden zu können.«
Veronica lachte. »Wahrscheinlich ist er nur vorsichtig.«
»Als ich dem Club meine heutigen Gäste annoncierte, erwartete ich Widerspruch von Sir Hugo. Zu meiner Überraschung und Erleichterung hörte ich jedoch kein Wort von ihm.«
»Das ist wirklich überraschend.« Veronicas Blick glitt von ihrer Tante zu Sir Hugo. »Und interessant. Ich glaube nicht, dass ich die beiden je im selben Raum gesehen habe, ohne dass sie miteinander stritten. Sie sind seit Jahren erbitterte Kontrahenten. Aber wie ich schon sagte, zeigt sich Tante Lotte heute von ihrer besten Seite. Und ich glaube, dass sie das Ihnen zuliebe tut.«
»Mir zuliebe?«, fragte Sebastian mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Es hat großen Eindruck auf sie gemacht, dass Sie bereit waren, sie einzuladen. Ich glaube, sie gibt sich Mühe, Sie nicht in Verlegenheit zu bringen.«
»Und dafür werde ich ihr ewig dankbar sein.« Gerade eben beugte sich einer ihrer Tischherrn zu ihr hinüber, um ihr etwas zuzuflüstern. Lotte schnappte nach Luft, als wäre sie entrüstet, aber ihre Augen sprühten vor Belustigung. »Warum hat sie eigentlich nie geheiratet?«
»Sie war einmal verlobt.«
»Und?«
»Und die Heirat fand nicht statt. Das war, bevor ich geboren wurde, doch soweit ich weiß, war es wegen einer unüberwindbaren Meinungsverschiedenheit zwischen meiner Tante und ihrem Verlobten.«
»Schade.«
»Wieso? Eine Frau muss nicht verheiratet sein, um zufrieden sein zu können«, wandte Veronica mit sanfter Stimme ein.
Er drehte sich ihr zu. »Aber ist Zufriedenheit alles, was wir uns vom Leben wünschen?«
»Zufrieden war vielleicht das falsche Wort.« Veronica
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