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Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn

Titel: Eine fast perfekte Tarnung Meisterspionin Mary Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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ihr in die Augen. Das Brennen war eine willkommene Ablenkung von ihren zitternden Gliedmaßen und ihrer blockierten Lunge. Die Schmerzen waren ihr egal. Sie wollte nur, dass sie ihre Bloßstellung schon hinter sich hatte.
    Und dann ein Schrei, schrill, aber gebieterisch. »Was zum Kuckuck macht ihr da?«
    Wie sieht es denn aus?
Zum Glück kroch das hysterische Kichern in ihrem Hals nicht hoch genug, um gehört zu werden.
    Keenan holte ein letztes Mal mit dem Gürtel aus, aber schon halbherziger, als wisse er, dass das Spiel vorüber war.
    »Und was steht ihr alle rum? Zurück an die Arbeit, alle zusammen! Außer dir, Keenan. Was hat das zubedeuten?« Mr Harkness stand vor ihnen. Langsam verzogen sich die anderen Handwerker zu ihrer Arbeit.
    Keenans Blick war rebellisch. Er starrte Harkness eine Weile an. Seine Brust hob und senkte sich rasch. »Ach, Mr Harkness, Sir«, sagte er schließlich, und seine Stimme klang samtig und gefährlich, »wie nett von Ihnen, dass Sie sich um die Disziplin auf der Baustelle kümmern.«
    Leuchtend rote Flecken erschienen auf Harkness’ Wangen und seiner Glatze. »Ich fragte, was das alles zu bedeuten hat?!« Seine Stimme war schrill und sein Auge zuckte wie wild.
    Wieder Schweigen. Das einzige Geräusch war Jenkins’ Schluchzen. Schließlich sagte Keenan: »Die Jungen haben eine Strafe verdient.«
    »Wofür?«
    »Unsinn treiben. Baumaterial kaputt machen.«
    Harkness holte tief Luft und sah Mary an. »Stimmt das?«
    Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Keenans Gesicht vor Wut verzog. »Ja, Sir.«
    Harkness machte ein überraschtes Gesicht. »Ihr habt Keenans Material mit Absicht beschädigt?«
    »Nicht mit Absicht, Sir. Aber Jenkins und ich haben einen Backstein zerbrochen.«
    »Einen Backstein!« Harkness fuhr zu Keenan herum. »Du schlägst zwei Kinder halb tot wegen
einem
geborstenen Backstein?«
    »Ich hab sie bestraft, weil sie Unsinn gemacht haben,sie dürfen nicht mit dem Werkzeug rumspielen. Der Schaden hätte viel größer sein können.«
    Harkness’ Gesicht wurde kreidebleich. Durch zusammengebissene Zähne sagte er: »Wenn du nicht willst, dass deine gesamte Kolonne entlassen wird, dann denk gefälligst daran, wer auf dieser Baustelle das Sagen hat, Keenan. Quinn wird von euch abgezogen. Ihr müsst eben in Unterzahl arbeiten, bis du einen neuen Maurer gefunden hast, und ich erwarte die gleiche Arbeitsleistung wie immer.«
    Keenans roter Kopf wurde noch dunkler, aber er erwiderte nichts.
    »Hast du gehört und verstanden?«, brüllte Harkness.
    »Ja. Sir.« Er spuckte die Worte förmlich aus, als würden sie bitter schmecken. »Und ich merke mir den Vorfall, Sir.«
    Falls Harkness die Drohung zu schaffen machte, ließ er sich nichts anmerken. »Kommt mit, Kinder«, sagte er und winkte Mary und Jenkins zu, und Mary merkte plötzlich, dass sie die Luft angehalten hatte. Obwohl die anderen Arbeiter so taten, als würden sie zu ihrer Arbeit zurückkehren, starrten sie ungeniert herüber, als sie vorbeigingen: Harkness vorneweg, Jenkins humpelnd, Mary ungeschoren.
    Sie konnte Keenans Blick in ihrem Rücken spüren. Es war keineswegs wie ein warmer Sonnenfleck; eher wie ein eiskalter Bohrer durch den Schädel. Sie war völlig durcheinander und ihre Beine waren weich wie Gummi. Sie zitterte immer noch, obwohl es jetztdie Erleichterung war. Doch während sie Harkness und Jenkins folgte, fragte sie sich bereits, was Harkness’ Einschreiten bedeutete. Er hatte nicht rechtzeitig eingegriffen, um Jenkins vor dem schlimmen Auspeitschen zu retten. Aber indem er sie vor einem ähnlichen Schicksal bewahrt hatte, hatte Harkness ihre Rolle gerettet und damit den gesamten Einsatz. Sie musste sich fragen, ob er die Wahrheit kannte, zumindest teilweise. Und wenn ja, was er nun erwartete.

Acht
    Miss Phlox’ Gästehaus
    Coral Street, Lambeth
    A m Abend summte die Coral Street vor Leben. Kinder und Frauen unterhielten sich quer über die Straße oder über Gartenmauern hinweg. Wäsche wurde auf Leinen aufgehängt, umherziehende Händler bestückten ihre Schubkarren für den abendlichen Verkauf, ein Schirmmacher war vor einem Hauseingang bei der Arbeit. Diese Art von heimeligem, häuslichem Leben versetzte Mary noch immer einen schmerzlichen Stich. Wäre ihr Vater noch am Leben gewesen, hätte so das Schicksal ihrer Familie aussehen können: ein bescheidenes, aber gemütliches Zuhause, jüngere Brüder und Schwestern und ein gemeinsames Essen jeden Abend.
    So müde sie auch war, wusste Mary,

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