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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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echte Hoteldirektor hier herumschnüffelt.«
    Ich breitete ein Nicht-Beachten über den Wagen, nachdem ich mein Gepäck aus dem Kofferraum geholt hatte. Als ich mich beim Weggehen noch einmal umschaute, hätte sogar ich ihn für ein durchschnittliches, vom Zahn der Zeit benagtes Vehikel wie alle anderen daneben gehalten. Ich betrat das Hotel durch den Seiteneingang, um in meinem Zimmer in Sicherheit zu sein, bevor Mallory mit ihrem Fandango fertig war. Es fiel mir immer noch schwer zu glauben, daß sie tatsächlich hier sein sollte. Vielleicht hatte ich mich geirrt, und es war jemand anders gewesen, der auf dem Parkplatz herumkasperte.
    Ich trat ins Foyer. In der ruhigen, gediegenen Halle regierte das Chaos. Bärte. Umarmungen. Gepäcktürme. Überschwengliche Begrüßungen. Der einzige Besucher außer mir, der einen Anzug anhatte, trug darüber ein bodenlanges Cape. Während ich darauf wartete, daß die nervtötend langsame Rezeptionistin meinen Schlüssel fand, sah ich, kopfunter in den Spiegeln an der Decke, eine Prozession in Kapuzenumhänge gehüllter Gestalten durch die Menge schreiten. Man wich ihnen aus, schob Gepäckstücke zur Seite, doch vermied es, sie anzusehen. Verständlich. Selbst als Spiegelbilder verströmten sie einen starken Geruch nach - ja, was? - unreiner Macht.
    Meinetwegen, sie hatten nichts mit mir zu tun. Ich warf noch einen Blick in den Spiegel, als mir endlich mein Schlüssel ausgehändigt wurde. Mallory und ihr jüngerer Kumpan kamen soeben durch die Glastüren des Portals. Kein Irrtum möglich, sie waren es. Verflucht! dachte ich und beeilte mich, die Treppe hinaufzukommen. Oben gab es wieder einen Aufenthalt - ich mußte die Prozedur der Anmeldung zum Con über mich ergehen lassen.
    Die für den Buchstaben V zuständige junge Dame hielt einen Teddybären an die Brust gedrückt und wollte wissen, wie ich auf der Plakette genannt zu werden wünschte. Zwei schwitzende Teenager hinter ihr fungierten als Bändiger der Maschinerie, die die Dinger ausspuckte. Sie schauten mich erwartungsvoll an.
    »Ich heiße Rupert...«, begann ich.
    »Rupert der Bär«, unterbrach mich das Mädchen mit dem Teddy. »Der ist süß!«
    »Er sieht mehr aus wie Rupert vom Rhein«, äußerte einer der munteren Maschinisten. Ein Mädchen, stellte ich fest.
    »Aber er ist knuddelig«, verteidigte sich die Teddyfreundin.
    »Abenteuerlustig scheint er auch zu sein«, beharrte die Technikerin.
    »Rupert der Bär erlebt viele Abenteuer!« Die Teddyfreundin war gekränkt.
    So ging es eine Zeitlang hin und her. Ich war es nicht gewöhnt, so ungeniert durchgehechelt zu werden, während ich dabeistand und schaute nur stumm von einem zum anderen, bis hinter mir auf der Treppe die laute Stimme mit dem unverkennbaren Schluchzer ertönte. Ich riß mich zusammen.
    »Falsch, alle beide«, sagte ich. »Habt ihr noch nie von Rupert dem Magier gehört?«
    Sie schüttelten die Köpfe, natürlich, weil ich ihn eben erst erfunden hatte. »Wer ist Rupert der Magier?« fragte Teddy, während sie den Namen auf den Rohling schrieb.
    »Der edle Held unter den Zauberern«, improvisierte ich. »Die Bücher wurden in den Zwanzigern geschrieben, deshalb habt ihr sie vielleicht noch nicht entdeckt.«
    »Aha. Eine Art zauberkundiger Bertie Wooster!« meinte die Technikerin ächzend. Sie und ihr Kollege stemmten sich mit aller Kraft auf die Maschine, um sie zu zwingen, meine Plakette zu prägen.
    Ich dachte an Stan. »Mit einem unsichtbaren Butler«, sagte ich. »Danke.«
    Als ich mein Abzeichen entgegennahm, trat Mallory an den Tisch, um ihres abzuholen. Ich flüchtete zum Lift, und während ich in Gesellschaft eines wunderschön kostümierten Transvestiten in den obersten Stock fuhr, grübelte ich darüber nach, wo genau in meiner Beschwörung ich Mallory in meine Pläne einbezogen haben konnte, statt sie auszuschließen. Diese Wutanfälle jedesmal, wenn ich an sie dachte - sie konnten das Schlupfloch gewesen sein. Jetzt blieb mir nichts anderes übrig, als der Tatsache ins Auge zu sehen, daß ich Mallorys Schicksalsbahn mit der meinen verwoben hatte. Und mit Andrews. Und mit denen meiner Kandidaten. Was für ein Schlamassel!
    Oben angekommen, verneigte sich der wunderschön ausstaffierte Junge ernsthaft vor mir. Ich erwiderte die Verbeugung. Er schritt auf seinen Pfennigabsätzen in die eine Richtung davon, ich in die andere. Auf dem Weg zu meinem Zimmer bog ich um eine rechtwinklige, verspiegelte Flurecke nach der anderen. Es waren sieben.

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