Eine geheime Liebe - Roman
Männer, die Protagonisten nutzloser, befristeter Zärtlichkeiten. Vor mir stand der Nussbaumschrank, in dem ich in perfekter Farbskala Dutzende von Pullovern aufeinandergestapelt habe: schwarz, blau, violett bis hin zu weiß. Ein übertriebener Ordnungssinn soll Zeichen für tiefe Unsicherheit sein, er bringt angeblich das Bedürfnis zum Ausdruck, alles unter Kontrolle zu haben. Meine Schränke aufzuräumen, ist immer eine meiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen, und manchmal habe ich sogar ungewöhnliche Entdeckungen dabei gemacht. Ein Kleid oder Schuhe oder einen alten Schal wegzuwerfen, hat etwas von der Gewalt der radikalen Veränderung - wenn man bedenkt, dass ich es bevorzuge, sanft von einer Situation in die nächste zu gleiten und auch bei Trennungen die Harmonie zu wahren. Das Leben in seiner Schamlosigkeit ist stattdessen wie ein scharfes Beil auf meine scheinbar beständigen Tage hinabgesaust. Hat ihre Melodie verändert. Der schlimmste Moment ist der Übergang, die bittere Scheide zwischen verschiedenen Lebensphasen. Dieser Mann ist verbucht unter unumgänglichen Trennungen. Wie aber soll man das seiner Tochter erklären?
Der Kelim auf dem Boden ist Thierrys Zugeständnis an seine Nostalgie. Er hat seinem Vater gehört und ist ein Fetisch,
von dem er sich nicht zu trennen wagt. Jetzt ist er fadenscheinig, aber das Grundgewebe hat wundersamerweise überlebt. Wie das Bild, das Thierry von seinem Vater hat. Und die Bücher, die Spazierstöcke, die Manschettenknöpfe. Ein kostbarer Teppich, in den kleine, geduldige Hände breite rote und violette Streifen hineingewebt haben. Mittlerweile waren sie ausgebleicht, aber der Teppich dämpfte immer noch das lästige Knarren der Dielen. Ich hätte Lust hinunterzugehen, die Schachtel zu holen, diese Briefe zu lesen und mich ihrer für immer zu entledigen. Am besten verbrannte ich sie im großen Küchenofen, in dem stets noch Reste vor sich hin glühten. Ich war ängstlich und unruhig. Die Liebe ist Gewohnheitssache und wünscht keine Ablenkungen, wie dieser Besuch sie leichtfertig provozierte.
Mein Unbehagen strahlte vom Brustbein aus und erreichte langsam, aber unaufhaltsam die Körpermitte. Vorfahren und Verwandte sahen mich von den Fotos, die in asymmetrischer Unordnung am Kopfende des Bettes hingen, streng an. Offenbar waren sie ziemlich verärgert. Den Besuch von Lucrezia konnten sie nicht gutheißen, das wusste ich.
Der Körper wurde immer müder und glitt in den Schlaf hinüber, der mich dann mitten in der Nacht unvermittelt überkam. Die Exzesse hatten mich erschöpft.
Zweiter Satz
Samstag
Morgengrauen. Wenn ich mich um Lucrezia kümmerte, würde mich das von der üblen Unruhe ablenken, mit der ich aufgewacht war. Der Himmel war immer noch dunkel. Ich wählte etwas zum Anziehen aus, eine vorübergehende Rettung. Auch mit ihm war das so gewesen. Unsere Begegnungen waren unberechenbar, und mich in die Details des Sichtbaren zu versenken - Augen, Schultern, Hals, Haare -, war ein Trick, ihn zu verführen. Sich um mich zu kümmern.
Natürlich, meine Liebe, konnte es nicht darum gehen, Eindruck auf sie zu machen. Mir ist schon klar, dass sogar der hartnäckigste Versuch, mit dieser Frau zu konkurrieren, an der unübersehbaren Tatsache ihrer dreißig Jahre scheitern würde. Was ich an unserem fortgeschrittenen Alter nicht mag, ist die äußerliche Auflösung, dieses Gefühl, wie die Haut von Tag zu Tag dünner wird, bis sie schließlich ganz durchsichtig ist. Schlaff. Thierry ist das egal, und er versucht mich vergeblich davon zu überzeugen, dass ich immer die Alte bleibe. Ein Blick auf die Fotos, die er während unserer stürmischen Verlobung in Paris gemacht hat, dürfte ihn eines Besseren belehren. Es hat eine Weile gedauert, bis
ich verstand, wie viel Geheimnis in der Verführung steckt. Und dass ich mich mit vierzig in einen Mann verliebt hatte, dem sein Bedürfnis nach Einsamkeit über alles ging.
Mir war nach einem ausgiebigen Bad zumute. Warmes Wasser und der Geruch von Zimt und Moschus. Wie einst. Die Fensterscheibe war beschlagen, ein Schleier der Nostalgie. Ich hatte auf Hotelzimmerspiegeln Botschaften für ihn hinterlassen, vergängliche Worte, die sich nach wenigen Augenblicken verflüchtigen würden. Zusammen mit meinen Aufrufen. Er hat geantwortet, ohne zu bedenken, dass die Spuren seiner Worte auf der provisorischen Leinwand zu sehen wären, bis ein von so viel Inbrunst, von all dieser sporadischen Zärtlichkeit gerührtes Zimmermädchen
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