Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
fragen, was sie über mich denken. Mein Leben als Mutter mit jenem Gefühl zu vereinbaren, war ein wahrer Drahtseilakt. Ich musste mich zerreißen zwischen dem, was das Gefühl verlangte, und dem, was die Vernunft gebot, und das war im Prinzip unmöglich. Manchmal habe ich mein Herz in den Urlaub geschickt. Urlaub von der Familie. Ich habe ihm geschrieben. Vermutlich habe ich gehofft, dass er mit Ihnen dasselbe macht.«
    Mein Geliebter,
    heute habe ich von Guido und den Kindern verlangt, dass sie mich in Ruhe lassen. Ich hocke auf dem weißen Wohnzimmersofa, dieser Insel des Friedens, und höre eine Ballade von Brahms. Wenige Stunden nach unserem letzten Treffen versuche ich zu verstehen, warum ich noch einmal von Dir fortgegangen bin. Vielleicht haben sich, trotz dieser
so intensiven glanzvollen Zeit, erste Zweifel eingeschlichen? Nie habe ich von Deinem Leben jenseits von mir irgendetwas gefordert. Ich habe Dich auf der Stelle geliebt, habe mein Gewissen ausgeschaltet und jede Wahlfreiheit beiseitegeschoben, und doch gibt es etwas, das mir plötzlich nicht mehr gefällt. Ich habe Deine kleinbürgerliche Seite entdeckt. Um Dich zu rechtfertigen, habe ich mir in Erinnerung gerufen, dass auch ich eine Familie habe. Ich bin in einem Schmelztiegel von Liebe und Widersprüchen aufgewachsen, in einer reichen Familie, die irgendwann verschuldet war und durcheinandergeriet, mit einem Vater, der viel zu früh gestorben ist, und einer Mutter, die zu lieben ich keinen Grund sah. Als ich Guido geheiratet habe, wollte ich eine Familie ohne ideologische Barrieren, einen Ort der Gefühle, an dem man lachen und spielen, weinen und sich aufregen, lesen und sich an Geist und Intellekt freuen kann. Deine Vorschläge - Kino, mit den Kindern in den Park - sind Notlösungen, die ich nicht akzeptieren kann. Die Organisation unseres Alltags gibt mir das Gefühl, ein Fisch auf dem Trockenen zu sein. Ich habe erreicht, was ich mir vorgenommen hatte: eine Arbeit, die ich liebe, einen guten Ehemann, Kinder. Meine Liebe zu Dir ist von einer Intensität, die mein Alltag nicht vorsieht. Ich habe nicht das Zeug zur Geliebten. Nicht einmal zur Freundin. Ich muss zu irgendjemandem gehören. Und ich brauche jemanden, der zu mir gehört. Ich möchte nicht teilen. Du hast eine Nische gefunden, in der Du mich unterbringst. Ich schaffe das nicht. Ich habe eine Familie, und Du ahnst nicht,
wie sehr ich sie liebe. Wie außergewöhnlich sie ist, trotz aller Mängel. Wie sehr sie mein Bedürfnis nach geordneten Verhältnissen befriedigt. Sie ist ein Ort, an dem Gesten, Worte, Zärtlichkeiten, Heiterkeit einen Platz haben. Ich versuche, meinen Kindern beizubringen, mit Schwächen zu leben. Für mich wünsche ich mir, nicht so sehr geliebt werden zu wollen. Die Liebe erzeugt Abhängigkeit, Verletzlichkeit, Bedürfnisse. Frauen, die einen Geliebten haben, leben in einer Zeit, die weit von ihnen entfernt ist. Mir geht es schlecht.
    C.
    Während ich den Brief laut vorlas, beobachtete sie mich geistesabwesend. Sie hat nichts gesagt, aber ich glaube, sie hat in ihren Erinnerungen gewühlt, um Spuren meiner Existenz zu finden. In Gedanken ist sie in jene Jahre zurückgekehrt und hat das Bild von ihrem Vater heraufbeschworen, dem es gelungen war, ihr Leben unverändert zu lassen. Ich war unbemerkt geblieben. Lucrezia schien es mir nicht übel zu nehmen.
    »Erst später habe ich begriffen, dass unsere Ehen uns geschützt haben. Vor der Wahl.«
    »Die Sonne scheint, Signora. Sollen wir einen Spaziergang in Ihrem schönen Garten machen?«
    Sie hatte mich jäh unterbrochen und wie von Zauberhand die Faulheit aufgelöst, die dem Beginn dieses zweiten gemeinsamen Tages eine besondere Note gegeben hatte.

    Ich hatte befürchtet, dass die Lügen ihres Vaters sie verletzen würden. Aber hatte ich mit meinen Kindern nicht dasselbe getan?
    »Das ist eine ausgezeichnete Idee«, sagte ich, obwohl es mich der tröstlichen Sicherheit der Küche entreißen würde. Außerdem sitze ich lieber, wie Du weißt. Das hat vermutlich mit meiner Körpergröße zu tun.
    Der Garten lag unter der dämpfenden Schneedecke still vor uns. Einen Moment stellte ich mir vor, wie er in der glänzenden Winterluft von Kindern bevölkert sein würde. Bis zu meinem Fest waren es nur noch ein paar Tage.
    »Ich habe unentwegt versucht, ihm zu entfliehen.«
    »Das verstehe ich nicht, Signora.«
    »Manchmal wollte ich mir diese Liebe gewaltsam ausreißen. Sie war ein Gewicht, das auf meiner ganzen

Weitere Kostenlose Bücher