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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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den Spiegel sorgfältig wieder reinigen würde.
    Der Schrank quillt von zeitloser Kleidung über, bequeme Pullover, knöchellange Röcke, tadellose weiße Blusen. Die schmalen Kleidchen, die ihm gefielen, liegen in einem Koffer auf dem Dachboden. Zusammen mit meiner Jugend. Ich bin jetzt alt und wähne mich glücklich mit diesem Alter, das ich mit so schicksalhafter Mühelosigkeit erreicht habe. Dieser Frau gegenüber in die Verteidigung zu gehen, wäre sinnlos. Besser auf jede Sprödheit verzichten und die Scham verdrängen, die über mich kam. Ich zog also das lavendelfarbene Kleid an, das mir Glück und einige erfreuliche Erfolge beschert hat. Über den Samt legte ich ein eisgraues Tuch, was diesem Kleid eine gewisse Eleganz verlieh. Schuhe mit hohem Absatz gaben mir die Genugtuung, fünf Zentimeter größer zu sein.

    In der großen weißen Küche, die etwas übertrieben Theatralisches und Romantisches hatte, war es vollkommen still. Ich ging auf Zehenspitzen und konnte das vertraute Knarren der Dielen mit den vielen Holzaugen trotzdem nicht vermeiden. Boden und Wände habe ich weiß gestrichen, ebenso die Stühle mit dem Strohgeflecht, die ich im Laufe der Jahre erworben habe, lauter achtlos zusammengewürfelte Einzelstücke, wie auch die übrigen Küchenmöbel, die ich hier in der Region aufgestöbert habe, in Saint-Rémy, in Isle-sur-la-Sorgue, in Apt, in Uzès, alles Ecken, die ich gemeinsam mit Thierry auf unseren Spaziergängen während der ersten Monate in der Provence entdeckt habe. Die Stuhlkissen habe ich mit klein gemusterten Baumwollstoffen in dezenten Farben neu beziehen lassen, nicht vergleichbar mit der üppigen Farbenpracht bei André, einem piekfeinen Musikwissenschaftler und guten Freund. Er hat sein Haus ein paar Jahre nach mir gekauft und es in grellen Tönen eingerichtet. Bei mir überschreitet die Farbe der Stoffe - deren Muster aus vergangenen Jahrhunderten stammen und sich an alten regionalen Handwerkstraditionen orientieren - nicht die Schwelle von Ecru, Beige oder Hellblau. Ich habe mein Leben gegen jede Mode eingerichtet. Sogar meinen Körper, der Extravaganzen nicht mehr mitmacht. In meiner ländlichen Bastion habe ich ohne jede ästhetische Logik Stile und Materialien gemischt und die Träume meiner Jugend ausgelebt. Schon damals haben sie darauf hingedeutet, dass ich mein Alter in diesem großzügigen und ironischen Land, auf dieser gleißenden und schattenreichen
Erde verbringen werde. Sie ähnelt mir. Kalk und Holz sind die von mir bevorzugten Materialien. Und Weiß. Marmorweiß. Ätherweiß. Winterweiß. Ein Sprung in die Reinheit. Den Tisch sorgfältig herzurichten, war immer eine wichtige Aufgabe, mit der ich mich von den nachlässig gedeckten und mit schreienden Kindern bevölkerten Tischen meiner Jugend distanzieren konnte. Ich war stolz darauf, meinem Gast die auserlesenen Spezialitäten aus meiner Anrichte anbieten zu können, einem Möbelstück aus der Zeit der Jahrhundertwende, das ich bei einem Trödelhändler erworben hatte. Valeria hatte sie während ihres letzten Urlaubs hier geduldig verziert. Zu beiden Seiten des Kamins standen Körbe, die ich ebenfalls hier und dort zusammengekauft hatte. Körbe für Erdbeeren, für Oliven, für Flaschen. Behälter mit Schraubverschlüssen schmückten in diesen Tagen meine Möbel. Auf den Tisch habe ich eine weiße Leinendecke gelegt und sie mit Tassen und überflüssigem Zeug vollgestellt. Die Milch schüttete ich in einen Porzellankrug, den Du mir zur Hochzeit geschenkt hast, zu welcher, weiß ich nicht mehr. Alles sollte ihr von mir erzählen und deutlich sichtbare Entschuldigungen zum Ausdruck bringen.
    Sie erschien in der Tür - seltsam, die Tür, die ich aus einem verlassenen Landhaus in der Nähe gestohlen und wie eine Trophäe hier eingebaut hatte, quietschte nicht mehr - und durchbrach die unnatürliche Einsamkeit. Ihre Kleidung war von großer Schlichtheit, oder zumindest kommt es mir jetzt, da ich Dir schreibe, so vor. Enge vanillefarbene Hose, unförmiger, mit nachlässiger Eleganz übergeworfener Pullover,
darunter die breiten Bündchen eines Hemdes in Herrengröße. Gewiss war es nicht ihres.
    Im Brotkorb glänzten die frischen Croissants, die Pierre zusammen mit dem Baguette in aller Frühe abgegeben hatte. Angesichts der Fülle trat ein dankbares Lächeln in ihr Gesicht.
    »Bonjour, Madame.«
    »Guten Morgen, Lucrezia. Haben Sie gut geschlafen?«
    Das hatte ich nur gefragt, um herauszufinden, was für einen Eindruck

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