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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Lavendel zu sterben, ist auch eine schöne Vorstellung, meinen Sie nicht?«
    Ich muss meinem Testament hinzufügen, dass auf meinem Grab immer frischer Lavendel liegen soll. Eine Strafe für Kinder und Enkel, die sich vielleicht um dieses Haus streiten werden.
    Um den begrenzten Dimensionen dieses Gartens Rechnung zu tragen, gehen Lucrezia und ich sehr langsam und genießen das neu erwachte Bedürfnis nach Vertraulichkeiten. Wie ein träger Dachs nach dem Winter.
    »Ihr Vater hat geistreiche Diskussionen geliebt und stets provokante Positionen vertreten. Er hatte einen Sinn für Dialektik und Gedankenexperimente und besaß die magische Anziehungskraft von Menschen, denen ihre Freiheit über alles geht. Für ihn bot das Leben eine unendliche Fülle an Möglichkeiten, und er hat versucht, sie alle zu nutzen. Seinem Charakter nach war er flatterhaft, was immer im Widerspruch zu seinem Bedürfnis nach Stabilität stand. Er hat Leute gemocht, die es aus eigener Kraft zu etwas gebracht haben. Alles Mittelmäßige hat er verachtet. Er hatte
eine heimliche Angst zu scheitern, daher hat er das Leben wie ein ewiges Provisorium betrachtet. Das hat dazu geführt, dass er auch sich selbst gegenüber jedes Bedürfnis nach Abhängigkeit geleugnet hat. Ich war das Spiegelbild seiner emotionalen Bedürfnisse, und er konnte es nicht ertragen, mich so verletzlich und gefügig zu sehen. In den ersten Monaten habe ich tausend Vorschläge gemacht. Ständig habe ich ihm gesagt, dass ich ihn liebe, habe für meine Gefühle Wörter gefunden, die in meinen Ohren hochbedeutsam klangen. Geheimnisvoll. Verzaubert. Aufgewühlt. Auch amoralisch, leidenschaftlich und verschlungen. Eines Tages habe ich damit aufgehört. Ich habe gewartet, dass er sich erklärt. Ich wollte hören, wie seine Stimme abgestandene Phrasen ausspricht: ›Du fehlst mir‹, ›Ich begehre dich‹, ›Ich brauche dich‹. Er sollte mich mit diesen herrlichen Banalitäten, die in unseren Gesprächen nicht vorkamen, überschwemmen. Mich dürstete nach Erklärungen. Ich hatte die Hoffnung, dass unsere Liebe für eine gewisse Zeit alles Beiläufige ablegen könnte. Eine freie Entscheidung hätte ich mir erwünscht. Verstehen Sie das, Lucrezia?«
    »Ja.«
    Nie habe ich ihn vollständig verstanden oder sein Verhalten zu deuten gelernt. Aber ich habe ihn geliebt.
    »Ich langweile Sie doch nicht, oder?«
    Das sagte ich einfach so dahin, während ich ihr Gesicht beobachtete und auf ihre Unaufmerksamkeit zählte. Ich suchte die Gestalt dieses Mannes, der sich durch eine merkwürdige Volte der Wahrnehmung auf ihrer straffen, gepflegten
Haut abzeichnete. Lucrezia hörte mir zu und unterbrach mich nicht. Vielleicht hatten die Ängste einer alten Jugendlichen sie eingeschüchtert. Im Gegensatz zum vorangegangenen Abend, an dem die Überraschung das vorherrschende Element gewesen war - der Wunsch zu verblüffen und die Arroganz einer Alten vor der konzentrierten Schönheit einer jungen Frau -, wurde ich an diesem Tag eher von Melancholie befallen. Meine Worte konnten keine vernünftige Distanz zu den Emotionen wahren. Ich fühlte mich verloren.
    Bedürfnisse standen im Raum. Ich beneidete sie, Gabriella. Das sagten mir meine zitternden Hände, auch wenn das von außen nicht zu sehen war. Nicht weil sie jung war, nein. Ich hatte nur begriffen, in welchem Ausmaß sie das Talent ihres Vaters geerbt hatte, Distanz zu wahren. Du weißt, wie sehr ich es versucht habe! Nur Du weißt, wie viele Tränen ich vergossen habe, weil sich mein Herz nicht beruhigen wollte. Ich habe es ihr erzählt, obwohl ich sie erst wenige Stunden kannte. Du wirst nicht damit einverstanden sein.
    »Meine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, war etwas, an dem ich hart gearbeitet habe, Lucrezia. Und je hartnäckiger er mir mit seiner verletzenden logischen Intelligenz zusetzte, desto stärker habe ich mich auf die Haltung versteift, dass nicht das Gehirn, sondern das Herz unser Verhalten bestimmt. Lass es zu dir sprechen, ich bitte dich, lass sein Licht und seine Wärme dich durchdringen , beharrte ich, wenngleich immer schwächer, immer gequälter. Ich wollte ihm klarmachen, dass wir nur so das Glück streifen können. Ich
lege keinen Wert darauf, den Boden unter den Füßen zu verlieren und das Herz ist nichts als ein Muskel , waren seine Leitmotive. Mit derart lapidaren Kommentaren hat er unsere Diskussionen stets beendet.«
    Die ihn mehr verärgert haben, als ich ahnen konnte.
    »Ihr Vater, Lucrezia, hat Gefühle
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