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Eine geheime Liebe - Roman

Titel: Eine geheime Liebe - Roman
Autoren: PeP eBooks
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gesammelt wie Vorräte, auf die man bei Bedarf zurückgreifen kann. Er selbst ist immer vage geblieben in seiner verschwiegenen Unerreichbarkeit.«
    Das sollte eine kleine Provokation sein, aber ich merkte, dass der Schmerz immer noch einen Stachel hatte.
    »Einmal habe ich ihn - er war schon an der Türschwelle - mit tränenerstickter Stimme zurückgerufen. Es war ein klägliches Geräusch, das meiner Kehle in einer letzten Hoffnung auf eine Versöhnung der Seelen entfahren ist. Er wollte gehen, obwohl ich nichts anderes wollte, als dass er mich umarmte. Ich saß auf dem Bett in einem Hotelzimmer.«
    Willst du dich nicht von mir verabschieden?
Ich habe mich bereits verabschiedet.
Umarme mich …
Ja.
    »Er tat es träge. Um mich zu besänftigen. Verzweifelt wollte ich, dass er mich brauchte. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Tränen entrannen meinen Augen, ohne dass ich es vor ihm hätte verbergen können. Ich spürte meine Muskeln nicht mehr, meine Stimme war tonlos. Ich war ein wehrloses
Wesen, das von einem fremden Willen bestimmt wurde: Ich wollte nur wissen, wie es dir geht .
    »Er setzte sich also und ließ sich widerwillig auf eines der zermürbenden Seelenduelle ein. Liebe braucht Worte. Ich brauche sie. Ich muss wissen, wie es dir geht. Wie du lebst. Was in dir vorgeht.
    »Solche Bedürfnisse sind ihm auf die Nerven gegangen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte er mit größerem Enthusiasmus auf ein dringendes Interview über eine Sinfonie reagiert.«
    Wenn ich mit einer schweigsamen Person zusammenlebe, verinnerliche ich das Schweigen mit der Zeit. Oder ich rede unentwegt, um die Leere zu füllen, die in Ermangelung von Worten schutzlos sich selbst überlassen bleibt. Besonders mit Männern ist es mir so ergangen. Nach und nach habe ich zu reden aufgehört. Ich erinnere mich an endlose Autofahrten, bei denen kein einziger Satz gefallen ist. In dieser Atmosphäre des Schweigens habe ich eine innere Mauer errichtet, hinter der ich mich versteckt habe. Verschlossenheit und Verweigerung. Bis zur endgültigen Gleichgültigkeit, die den Schlussstrich bedeutet. Die Psychoanalyse hat mich von einer langen Serie von Monologen befreit.
    Sie nahm forsch meine Hand. Ihre große, feine Hand drückte meine zerbrechliche, kindliche, die sich unwillkürlich verkrampfte. In dieser Atmosphäre wirbelten die Worte durch die Luft. Kapriziös. Ich wünschte, sie wäre glücklich. In ihren Augen versuchte ich zu erkennen, was der eigentliche Grund für ihren Besuch gewesen war. Lass es uns doch
anerkennen, Gabriella, sie hat Mut bewiesen. Ich hätte sie enttäuschen können, hätte ihre Neugierde nicht befriedigen oder heftige Empfindungen, Konkurrenzgefühle, Aggressivität in ihr auslösen können. Was wissen wir schon von den Dingen, die uns der Tod tief in die Seele pflanzt?
    Mein Vater ist von uns gegangen, als ich zwanzig war und noch viele Fragen hatte. Ewig habe ich ihn angesehen, wie er da im Leichenschauhaus auf seiner Bahre lag, von meiner Mutter nachlässig angekleidet. Eine kastanienbraune Hose, ein weißes Hemd, das den von der Krankheit ausgelöschten Körper nicht verbergen konnte, eine nutzlose schwarze Jacke. Der Stachel der Wut in der Brust. Ich habe es ihm übel genommen, dass er mich verlassen hat, obwohl ich noch viele Fragen hatte. So heiter hatte ich ihn nie zuvor gesehen. Vielleicht stimmt es ja, dass man in Frieden ruht, wenn man das Leben losgelassen hat. Er ist gestorben, weil sein Blut unrein war. Und seine Seele? Seine Vaterliebe? Ich kann mich nicht an großzügige Gesten erinnern, nur an die Liedchen, die er gesummt hat, bevor ich zu schlafen vorgetäuscht habe. Ich traute ihm nicht und hoffte, dass mich der Schlaf erst übermannt, wenn ich allein war. Nie wieder hatte ich seither an ihn gedacht und fühlte mich wegen dieser Unaufmerksamkeit nicht schuldig. Viele Jahre später plötzlich ein Blitz. Vor meinem geistigen Auge tauchten die Schläge auf. Er hat mich regelmäßig geschlagen, grundlos. Meine Mutter hat zugeschaut. Ich glaube, sie wollten mich dafür bestrafen, dass ich zu rebellisch war. Dabei war ich zu gehorsam. Ich habe Jahre gebraucht, um den Mut zu finden,
mit meiner Psychoanalytikerin noch einmal zu durchleben, was es bedeutet, an den Haaren über den Fußboden gezogen zu werden.
    Der Tod wurde immer telefonisch verkündet. Ich habe bereits verfügt, dass der meine brieflich mitgeteilt wird oder höchstens, wenn es eilig ist, mit einem Telegramm. Es handelt sich um eine zu
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