Eine Geschichte von Liebe und Feuer
unruhig, daran änderte auch Pavlinas bequemes Sofa nichts, und die ganze Nacht hindurch peinigten ihn wirre Träume: Bilder seiner Eltern und seines Bruders, mit lachenden oder verzerrten Gesichtern, zuckten wie Blitze durch das Traumgewitter, und als er aufwachte, fühlte er sich wie erschlagen.
Wie gewöhnlich verlieà Kyrios Komninos um halb sieben das Haus. Elias hörte, wie die Tür zuschlug, und sprang auf. Er lag schon seit zwei Stunden wach. Ungeduldig rüttelte er Pavlina, um sie aufzuwecken, und fünfzehn Minuten später machten sie sich gemeinsam auf den Weg in die IrinistraÃe.
Es war ein kalter Tag, deshalb holte Pavlina einen Mantel für Elias aus Dimitris Zimmer.
»Da würdest du zweimal reinpassen«, sagte Pavlina, »aber wenigstens hält er dich warm.«
Er sah lächerlich aus in dem schweren Kaschmirmantel mit dem groÃen Kragen. Komninos hatte ihn bei den Morenos machen lassen, kurz bevor Dimitri auf die Universität ging. Er hatte ihn kaum je angehabt, deshalb strahlte er die typische Steifheit eines teuren, aber ungetragenen Kleidungs stücks aus.
Katerina trat gerade auf die StraÃe hinaus, um sich auf den Weg zur Arbeit zu machen, als sie Pavlina in Begleitung eines Mannes auf sich zukommen sah. Er sah merkwürdig aus und versank fast in einem riesigen dunklen Mantel, aber es dauerte nur Sekunden, bis sie sein Gesicht erkannte.
»Elias! Ich binâs, Katerina.«
»Hallo, Katerina.«
Es war ein seltsames Zusammentreffen. Bei dem Gedanken daran, wohin sie gerade unterwegs war, errötete Katerina vor Scham.
»Pavlina meint, Kyria Karyanidi hat vielleicht einen Schlüssel für unser Haus.«
Katerina, die sonst immer in Sorge war, zu spät zur Arbeit zu kommen, wandte sich um und rief nach Eugenia.
Eugenia war auÃer sich vor Freude, Elias zu sehen. Nach all den Gerüchten, die im Umlauf waren, hatte sie sich schon fast damit abgefunden, keinen der Morenos je wiederzusehen.
Ihm war bewusst, dass man ihn behandelte, als wäre er von den Toten auferstanden, aber er dachte nicht länger darüber nach, denn er wollte unbedingt in sein Elternhaus.
»Ich habe versucht, es so sauber wie möglich zu halten«, erklärte Eugenia. Sie hielt eine Ãllampe, um den fast leeren Raum zu beleuchten, weil der Strom abgestellt war.
Elias stieà die Läden auf, doch die fahle Morgendämmerung lieà nur wenig Licht herein.
»Aber wo sind die ganzen Möbel? Stand hier früher nicht ein groÃer Sessel? Und wo ist die Wäschetruhe meiner Mutter?«
Eugenia schwieg, und Elias schien auch keine Antwort zu erwarten. Er ging nach oben, während Eugenia unten wartete und den raschen, erregt wirkenden Schritten lauschte, mit denen er von Raum zu Raum hastete. Die rohen Dielenbretter verstärkten das knarrende Geräusch noch.
Bald darauf kam er wieder herunter, und in dem eiskalten Haus stand sein Atem wie weiÃer Rauch vor seinem Mund. Trotz des dicken Mantels zitterte Elias vor Kälte.
»Sie haben alles mitgenommen!«, stieà er empört hervor. »Selbst mein Bett. Sogar das Bild an meiner Wand.«
Eugenia hatte nicht vor, ihm seine Illusionen zu rauben. Ihrer Meinung nach war es besser, er glaubte, seine Eltern hätten in Ruhe alles eingepackt, bevor sie nach Polen aufbrachen, als sich der Wahrheit zu stellen: dass das Haus von Plünderern ausgeraubt wurde, kaum dass die Morenos mit fast leeren Händen vertrieben worden waren.
Sie nickte betreten. Katerina stand neben ihr und wagte kaum zu atmen. Früher oder später würde er auch nach dem Atelier fragen.
»Warum kommst du nicht mit nach nebenan, und ich mache uns eine Tasse Kaffee?«, sagte sie besänftigend.
»Nun, soweit ich sehe, gibtâs hier ja nichts mehr, aus dem man ihn trinken könnte«, erwiderte er bitter.
Eugenia erinnerte sich genau, wie sie nach dem Einbruch Berge von zerschlagenem Geschirr zusammengefegt hatte. Kein einziges Stück von Kyria Morenos Porzellan war heil geblieben.
Sie folgten ihr nach nebenan. Der Herd verströmte wohlige Wärme, und bald erfüllte Kaffeeduft die Küche.
»Was möchtest du denn nun machen, Elias?«
»Am besten, ich fahre nach Polen und suche meine Eltern«, antwortete er. »Was soll ich denn sonst tun? Vom Kämpfen hab ich genug. Wirklich. Die Leute, für die ich gekämpft habe, sind mir mittlerweile genauso fremd wie
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