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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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wurden nie geschlossen. Im Winter hielt ein dicker Vorhang die Wärme im Innern, und im Sommer wurde er durch einen leichteren ersetzt, damit die Brise vom Meer ins Haus wehte. Dank dieser Vorhänge konnten Erwachsene wie Kinder in den Häusern ein und aus gehen, ganz wie es ihnen beliebte. Die Kinder waren immer in Gruppen unterwegs, und die Mütter hatten entweder sechs Kinder im Haus oder keines. Es war eine Straße, die vor Geschäftigkeit summte. Nur Olga Komninos hatte so gut wie nichts zu tun. Sie war eine Dame, die darauf wartete, ihre Rolle in einem Herrenhaus zu übernehmen, aber sie hatte keine Eile damit. Einmal die Woche wurde sie zu der Villa gebracht, um Entscheidungen über die Farbgebung der Wände zu treffen, und das vergangene Jahr hatte sie damit verbracht, Handwerker zu instruieren, wie ihr neues Heim eingerichtet werden sollte. Ganze Horden von Malern, Vorhangschneidern, Möbelschreinern und Teppichwebern zogen durch das Gebäude am Meer. Doch jedes Mal, wenn sie einen Auftrag bestätigten, gab es eine Überraschung für sie.
    Â»Es besteht keinerlei Eile«, sagte Olga stets freundlich lächelnd.
    Ãœblicherweise wollten die Leute aus den oberen Gesellschaftsschichten in Thessaloniki, dass ihre Aufträge möglichst noch am selben Tag erledigt wurden. Nur Olga Komninou nicht. An einem Ort, wo die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden, stellten die Wohlhabenden zunehmend höhere Ansprüche. Darüber beklagten sich alle Handwerker. Diese Frau jedoch, die anscheinend wollte, dass sie langsamer arbeiteten, war ihnen ein Rätsel.
    Konstantinos Komninos’ Geschäfte florierten. Sein Unternehmen war rasant gewachsen, und er konnte es kaum erwarten, in sein neues Haus einzuziehen. Fast zehn Jahre waren nun seit dem Brand vergangen, und die Lebensform, die sich zwischen Olga und ihm eingespielt hatte, kam ihm eigentlich sehr entgegen, weil er sich auf die Weise absolut auf seine Geschäfte konzentrieren konnte. Dennoch wünschte er sich jetzt ein repräsentatives, seiner Stellung angemessenes Haus, um seine Familie entsprechend unterzubringen.
    Dimitri war mehrmals zu der Villa mitgenommen worden, und sie erschien ihm beängstigend groß. Die riesigen Räume waren größer als sein Klassenzimmer, und die hohen Decken erinnerten ihn an eine Kirche. Das Haus kam ihm kalt und gleißend hell vor und hatte zudem einen merkwürdigen Geruch, den er nicht definieren konnte.
    Als er Pavlina davon erzählte, beschrieb er es mit den Worten: »Es riecht weiß.«
    Pavlina bemühte sich redlich, größere Begeisterung bei ihm zu entfachen, aber ihre Worte trafen auf taube Ohren.
    Â»Du wirst ein riesengroßes Zimmer haben«, erklärte sie ihm. »Und in meiner neuen Küche koche ich dir köstliche Sachen!«
    Dimitri begann sich zu fürchten vor dem Umzug in die vornehme Villa, die nicht sein Zuhause war, weil er wusste, dass das Leben dort grundsätzliche Veränderungen mit sich bringen würde. So viele Jahre nun hatte er Elias, Isaac, Katerina und die Zwillinge jeden Tag gesehen, und ihm war klar, dass es mit all den wunderbaren Spielen endgültig vorbei wäre.
    Zudem hatte sein Vater gesagt, dass er auf eine neue internationale Schule käme, wo er Französisch lernen und die Bekanntschaft anderer Kinder machen würde. Nichts davon bereitete ihm Freude. Er mochte die Freunde, die er hatte, und hatte keine Lust, die Sprache eines fremden Landes zu lernen.
    Olga war ebenso wenig begeistert von dem Gedanken, in ihr eintöniges Leben an der Uferpromenade zurückzukehren: Sie fürchtete sich vor der Einsamkeit und würde die wunderbaren Menschen vermissen, die sie gelehrt hatten, dass Verlust, Trennung und Mühsal einen Menschen eher stärken als schwächen können. Pavlina empfand nicht anders, ihr würde vor allem der tägliche Klatsch mit den Frauen in der Straße schrecklich fehlen.
    Doch der Tag kam, an dem sie schließlich packten. Obwohl die Villa weniger als zwanzig Minuten zu Fuß entfernt war, hätten sie genauso gut in ein fremdes Land ziehen können, gemessen an den Emotionen, die der Umzug auslöste. Ein Handkarren kam zur Tür, um all die Sachen abzuholen, die sie im Lauf der Jahre angesammelt hatten, und am Ende der Straße wartete ein glänzend schwarzer Wagen auf sie. Wegen der Enge der Gasse konnte er nicht bis vor die Tür

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