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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie Wegener entgegenlachte, war ihr feuerroter Mund eine einzige Versprechung. Wegener blieb stehen.
    »Wer ist das?« flüsterte er.
    »Die Gräfin Elietta Dagliatti.«
    »Bei dir im Wagen? Hast du ganz neue Ambitionen?«
    René Seifenhaar, weit davon entfernt, solche Bemerkungen als Beleidigung anzusehen, grinste müde. »Elietta ist seit einem Jahr geschieden, gehört zur römischen Großaristokratie, hat ein Palais, gibt Partys, auf denen sich alles trifft, was in Rom wichtig ist. Also auch für Sie, Herr Wegener. Außerdem gilt sie als die schönste Frau Roms.«
    »Das glaube ich gern! Aber was geht das mich an?!«
    »Ihr Temperament ist berühmt.«
    »Das bezweifle ich nicht. Aber was soll ich mit der Gräfin?«
    »Nichts! Gar nichts!« Seifenhaar hob abwehrend beide Hände. »Ich dachte nur, daß die Bekanntschaft mit der Gräfin Dagliatti uns Türen öffnen könnte – zu neuen Partnern. Das denkt auch Signor Betrucci.«
    Wegener nickte. Also fügen wir auch noch die Gräfin in den römischen Terminplan ein, dachte er. Mir ist schon alles egal! Er dachte an die Nacht mit Irmi, an sein Versagen, an sein Schluchzen, an ihre Worte, die immer nur sagten: »Ich liebe dich doch! Ich liebe dich so, wie du bist! Du bist doch du! Die Liebe besteht doch nicht nur aus dem einen … Liebling, das ist doch alles Dummheit, was du sagst! Du bist mein Mann! Immer, immer, ewig …« Und er hatte dagelegen, nackt, dick und impotent, und sie küßte ihn, küßte ihn überall, aber in seinem Inneren war keine Regung, kein Prickeln, kein erotischer Glanz. In ihm war es leer, wie eine taube Nuß. Es war die furchtbarste Nacht seit dem Sterben Hellmuth Wegeners auf dem Flur der Schule von Orscha. Ich bin tot, dachte er immer wieder. Ich bin ein toter Fleischkloß. Wenn der spricht, wenn der handelt, ist das alles nur motorisch. Aber innen, das, was einen Mann ausmacht, das ist plötzlich nicht mehr da. Das zu erleben ist wie eine Hinrichtung …
    Er ging an den Sportwagen, erfaßte die ihm entgegengestreckte schmale Hand der Gräfin, küßte sie flüchtig und sah sie erstaunt an, als sie ihre Finger mit den hellroten Nägeln um seine Hand schloß.
    »Ich freue mich«, sagte sie in einem Deutsch, das auf Erziehung in einem Schweizer Pensionat schließen ließ. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Kommen Sie, steigen Sie ein!«
    »In diesen Wagen? Wir werden wie die Heringe gequetscht.«
    »René und Ihre Koffer kommen mit einem anderen Wagen nach. Ich lade Sie ein, mit mir zu fahren. Oder haben Sie Angst vor einer Frau am Steuer?«
    »Wenn Sie so fahren, wie Sie aussehen, ich meine …«
    Er begann zu stottern, aber Elietta hatte die Situation im Griff, wie Wegeners Hand. »Ich verstehe«, sagte sie. Dann lachte sie mit einer perlenden Koloratur und bog sich etwas in den roten Polstern zurück. Ihr weißes Kleid spannte sich … der Körper darunter schien schlechthin vollendet. »Das haben Sie nett gesagt, Herr Wegener. Steigen Sie ein.«
    Sie ließ seine Hand los, er ging um den Wagen herum und setzte sich neben sie. Seifenhaar trabte mit den Koffern zu einem Fiat und blickte sich nicht mehr um. Sein Auftrag war ausgeführt.
    »Wo wohnen Sie?« fragte die Gräfin.
    »Ich weiß nicht. Das Hotel hat René ausgesucht.«
    »Dann ist es das Excelsior! Ich bringe Sie hin.« Sie legte die Hand um das Lenkrad, machte aber keine Anstalten, den Motor zu zünden. Sie streckte nur die Beine zu den Pedalen aus. Dabei klaffte ihr Rock auseinander. Wegener sah ihre sonnenbraunen, glatten Oberschenkel, die kleinen Knie, die rehschmalen Fesseln. Die Füße waren nackt.
    »Ich fahre immer barfuß«, sagte sie und lächelte ihn wieder an. »Man hat ein ganz anderes Fahrgefühl. Der Mensch sollte überhaupt viel mehr seinen Gefühlen folgen.«
    »Das darf eine Frau sagen …«
    »Ein Mann nicht?« Ihr Mund, leicht geöffnet, die blutroten Lippen wie mit Tau befeuchtet, war nahe bei ihm. Er roch ihr Parfüm, ein fremder exotischer Duft, den er nicht einordnen konnte, obgleich er viele Parfüms kannte, allein aus der Kosmetikabteilung der Apotheke. Aber dieser Duft war wie eine Wolke aus einem Orchideenwald, süß, betörend, lockend und gefährlich zugleich.
    »Haben Sie Angst vor Gefühlen?« fragte sie.
    Wegener spürte, daß in ihm etwas erwachte, das er schon für abgestorben gehalten hatte: das warme, prickelnde, auf dem Herzen schwer lastende Gefühl beim Anblick einer schönen Frau. Ein Gefühl, dem man entfliehen möchte und das einen doch

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