Eine Hexe zum Verlieben 3: Jaguare Küsst man nicht - Ein Elionore Brevent Roman (German Edition)
über die Haare streicht, dann bin ich eingeschlafen.
Kapitel 8
Um exakt neunundfünfzig Minuten später wieder aus dem Schlaf zu schrecken. Mich hat nämlich im Schlaf tiefes Entsetzen gepackt und das hat mich geweckt.
Vincent. Ich habe Vincent vergessen! Oh heilige Göttin!
Ich bin so schnell auf den Beinen, dass ich einen kurzen Kampf mit der Bettdecke habe, aus dem ich aber als Siegerin hervorgehe. Die Bettdecke liegt auf dem Boden, ich stehe auf ihr und wühle unter den Daunen nach meinen Schuhen. Finde sie aber nicht und mache mich barfuß auf den Weg.
Im Wohnzimmer treffe ich erstmal nur auf Nicolas, Florentine und Pax friedlich vereint und bunt verteilt auf meinem Sofa und meinem «Denkersessel». Der Sessel selbst denkt natürlich nicht, kann aber diesen Prozess durch grobe Gemütlichkeit sehr positiv unterstützen, daher der Name.
Nicolas hält Flo im Arm, die sich auf seiner Brust förmlich zusammengerollt hat und leise schnorchelt. Nicolas schläft geräuschlos, und auch von Pax, auf meinem Denkersessel, ist nichts zu hören. Er hat die Augen geschlossen und den Kopf entspannt gegen die gepolsterte Seite gelehnt, womit er zumindest optisch schläft. Aber er ist wach, aus irgendeinem Grund weiß ich das mit Sicherheit, was mir aber wurscht ist, weil ich im nächsten Atemzug endlich den Jaguar in meiner Wahrnehmung spüre. Es zieht mir im Herzen und ich laufe barfuß weiter bis zu meiner Haustür.
Er sitzt auf der Veranda, die Beine angezogen und hat den Kopf auf den Knien abgelegt. Für einen Moment zögere ich und bleibe unschlüssig in der Tür stehen. Ich kann seine Unruhe fast schmecken, so intensiv umgibt sie ihn.
Für nur neunundfünfzig Minuten Schlaf nach solch einer Nacht bin ich aber erstaunlich wach und beschließe, mich der Situation zu stellen. Hier und jetzt.
Ich trete neben ihn und setze mich ebenfalls auf den Boden. Dicht genug, um bei ihm zu sein, aber mit ausreichend großer Distanz, um ihm seinen Freiraum zu lassen.
Mit Vincent zusammen zu sein bedeutet auch, viele Kompromisse zu machen. Was er vermutlich auch vom Zusammenleben mit einer Hexe sagen würde. Ein Gestaltwandler und eine Hexe sind eben nur bedingt kompatibel. Vincent ist von Natur aus und aufgrund seines harten Lebens ein sehr schweigsames Wesen. Wohingegen ich gerne und intensiv den Dingen auf den Grund gehe. Meistens verbal. Was bedeutet, er weiß viel über mich, ich immer noch wenig über ihn. Das könnte man rein beziehungstechnisch schon als ernsthaftes Problem definieren, finden Sie nicht auch?
Aber uns eint der Wille beieinander zu sein, miteinander zu leben. Auch wenn wir auf den ersten Blick nicht zueinanderpassen, in uns gibt es etwas – vielleicht unsere Seelen –, was füreinander bestimmt ist.
Das ist auch der Grund, warum ich mich nicht wortlos wieder umdrehe, sondern mich neben ihn setze und sogar noch ein Stückchen näher rücke. Alles nachdem er mir eine wildfremde Schwester präsentiert hat, die ihn nach Brasilien holen will, ich um Asyl bei Freunden bitten musste und er erst den Alpha von der Leine lässt und sich dann verpisst. Ziemlich viele Anklagepunkte auf der Liste: «Wie verhalte ich mich wie ein Arschloch».
Er hebt die rechte Hand und legt sie zielsicher auf meine. Dann dreht er sich halb zu mir, lehnt den Kopf gegen die Hauswand und öffnet die Augen. Sie sind zwar von so einem tiefen Braun, dass man sie für Schwarz halten könnte, aber die kleinen goldenen Sprenkel, die darin tanzen, entgehen mir nicht. Die Raubkatze ist noch irgendwo dort unter der Oberfläche, und das ist kein gutes Zeichen. Ihn umgibt eine seltsam surrende Macht, die ich nicht an ihm kenne, und ich umfasse seine Finger fester.
«Mich hat dann wohl meine Vergangenheit eingeholt», sagt er leise und seine Stimme klingt rau. Ich ziehe seine Hand ein wenig zu mir und lege sie mir auf den Bauch. «Es tut mir leid, dass ich abgehauen bin.» Er schließt für einen Moment gequält die Augen. «Ich war … überfordert.»
Er benutzt das Wort «überfordert», meint aber etwas anderes. Das kann ich fühlen. Vielleicht findet er nichts Passenderes, vielleicht bietet aber der deutsche Wortschatz einfach keine gute Beschreibung dafür. Denn Vincent ist immer der, der den Überblick behält, wenn ich schon aus purer Verzweiflung mit harten Sachen um mich schmeiße. Er war noch nie überfordert. Er ist der, der in letzter Minute alle und jeden rettet. Bei Bedarf auch die Welt.
«Ich habe gedacht, dass der Schmerz
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