Eine Hexe zum Verlieben 3: Jaguare Küsst man nicht - Ein Elionore Brevent Roman (German Edition)
Schwingungen meinen zarten Hexenmagen, in dem ja bis jetzt nur Müsliriegel und Hasenköttel vor sich hinblubbern, zum Rumoren bringen. Ich muss mich irgendwie ablenken, weil das Magengefühl die Angst vor unserer ungewissen Zukunft noch verstärkt, und so versuche ich schnell die sonderbaren Pflanzen zu zählen, die den Weg säumen. Bei giftgrüner Stachelpflanze mit lila Blüten Nr. 29 werde ich von Vincent unterbrochen, der mir fest seinen Arm um die Schulter legt.
«Wir kommen langsam in das Territorium meines Rudels. Ich muss mich verwandeln und werde vorweglaufen. Ist das okay?»
«Warum?»
«Weil ich ihnen das erste Mal in meiner Jaguargestalt begegnen möchte. Und uns so auch besser verteidigen kann.»
«Warum?» Fragen ist gut, Fragen lenkt mich von meinem Magen ab.
«Weil ich nicht weiß, wie sie reagieren.»
«Warum?» Ha, fragen als Therapie gegen Übelkeit.
«Weil es so ist.»
Er beugt sich zu mir, küsst mich überaus zärtlich und verwandelt sich dann in einem Affenzahn in den Jaguar. Die Raubkatze streift mir noch einmal kurz um die Beine, womit sie mich fast zu Fall bringt, und trabt dann zügig zu Maria und Pax. Wortlos lässt Pax sich daraufhin zurückfallen, um wohl wieder die Aufsicht über die Erdhexe zu übernehmen.
Also laufe ich jetzt mit ihm und seiner machtvollen Aura Schulter an Schulter durch die grüne Hölle. «Wie spät mag es sein?», frage ich.
Pax wirft einen Blick zum Himmel, von dem aufgrund des Grünzeugs nichts zu sehen ist, und murmelt dann: «Morgens. Gegen sieben.»
Ich schaue auch nach oben, aber mir will das wabernde Meer aus Blättern und Ästen keine Uhrzeit verraten. Mir wird nur klar, dass wir nicht mehr allzu viel Zeit haben. Was wiederum ein Grummeln in meinem Magen auslöst.
«Warum kannst du das?», läute ich übergangslos eine weitere Fragerunde ein. Wenn ich nur laufe, ist das nicht gut für meinen Magen, der jetzt angefangen hat, sonderbare Geräusche von sich zu geben.
Er zögert, antwortet dann aber doch: «Es war früher sehr nützlich, die vergangene Zeit anhand des Sonnenstandes auf dem Schlachtfeld bestimmen zu können.»
«Wann war früher?»
«Du bist wieder mal ein klein wenig penetrant.»
Ich nicke. Ist ja schließlich eine meiner herausragenden Eigenschaften und nichts, für das man sich schämen muss. Außerdem muss ich jetzt sprechen, sonst werde ich leider ein klein wenig verrückt vor Sorge oder kotze. Das ist beides nicht gut.
«Also?», helfe ich ihm auf die Sprünge.
«Das ist lange her.»
Hm, nette Nullachtfünfzehn-Antwort.
«Pax, du bist mein Vater. Ich weiß aber quasi nichts über dich. Und ganz ehrlich, wer weiß, ob wir nach dem heutigen Tag noch die Gelegenheit bekommen, so nett miteinander zu plaudern.»
Das war jetzt gar nicht so negativ gemeint, wie ich es gesagt habe. Immerhin leide ich laut meiner Mutter unter dem mangelhaften Erkennen von wirklich ausweglosen Situationen, womit ich tief in meinem Innersten durchaus noch positiv gestimmt bin. Aber da Pax es so vorbehaltlos hinnimmt, ist unsere Lage ja vielleicht doch auswegloser, als ich im Moment begreife. Mein Magen zuckt nervös und gibt einen grunzähnlichen Laut von sich.
«Ich zähle keine Jahre.» Seine volle Stimme ist bei diesen Worten ein wenig leiser geworden. Wir bewegen uns eindeutig in einem Bereich, den er normalerweise wohl lieber ausblendet. Pax’ Vergangenheit ist ein schwarzes Loch. Ich weiß nur ein paar Bruchstücke über ihn. Er war ein besonderer Engel, ein Lelan, der in Krisengebieten agierte, und dass er wegen eines sehr schwerwiegenden Vergehens heruntergestoßen wurde.
Ich sehe ihn von der Seite an, aber er starrt abwesend auf den Weg vor uns und scheint plötzlich so gefangen in seinen Erinnerungen, dass ich ihn vorsichtig am Arm berühre. Seine heiße Macht durchzuckt mich, ohne aber meinen Magen zu erreichen. Zum Glück, sonst hätte ich wohl den Urwald mit meinem sonderbaren Frühstück gedüngt.
«Du willst es wissen, oder?» Er erwidert meinen Blick und wieder mal zieht ein Sturm über der Nordsee auf.
«Natürlich will ich es wissen. Es ist doch die erste Frage, die man sich stellt. Warum bist du da oben rausgeflogen?»
Das mag unhöflich erscheinen, ist aber die reine Wahrheit, und weder Flo noch Heya, die Einzigen, die es offensichtlich wissen, äußern sich darüber.
«Ich habe die Liebe kennengelernt.»
Sein Gesicht ist ganz starr, und so habe ich ihn noch nie erlebt. Es fällt ihm schwer, darüber zu reden. Auch
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