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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Plastikbahn aus. Welch eine Enttäuschung! Die Tasche enthielt nichts, was auf die Identität der Ertrunkenen schließen ließ. Keine Papiere, keine Brieftasche, kein Fitzelchen Papier. Selbst als alle Reißverschlüsse der Seitenfächer geöffnet waren, tauchte nichts dergleichen auf. Ein Schlüsselbund befand sich in der Tasche, aber der half ohne Adresse nicht viel weiter. Außerdem noch einer dieser Beutelchen für Kleingeld, die die Banken herschenken, zusammen mit einer Plastiktüte Münzen, die anläßlich der Euro-Einführung ausgegeben worden war, ein Kamm in einem Lederetui und ein Kugelschreiber. Der Maresciallo holte sein Notizbuch hervor, das er immer in der obersten Jackentasche dabeihatte, und reichte es dem Carabiniere.
    »Probieren Sie mal, ob der Kugelschreiber funktioniert.«
    Er funktionierte. »Hilft uns das jetzt weiter?« erkundigte sich der Carabiniere erstaunt und gab das Notizbuch zurück.
    »Ja.« Ein funktionierender Kugelschreiber, ein sauberer, nicht zerbrochener Kamm im Lederetui, Münzen im Geldbeutel. Er hätte darauf gewettet, daß ihre Eintrittskarte, sofern sie nicht in der fehlenden Brieftasche oder in einer ihrer Hosentaschen steckte, in einer Mülltonne lag und nicht auf dem Boden. In der Tasche fanden sich keine benutzten Papiertaschentücher, keine halb aufgegessenen … Verdammt! Diese Frau hatte die Tasche nicht abgeholt.
    »Stimmt was nicht, Maresciallo?«
    »Nein. Doch, doch. Rufen Sie bitte den dienstältesten Gärtner her, den mit dem Strohhut, der ge rade das Hemd anzieht. Können Sie ihn sehen? Bringen Sie ihn hierher.«
    Der Gärtner kam näher und knöpfte sich dabei das Hemd über dem runden Bauch zu. Sein Gesicht strahlte vor Neugier und Wichtigkeit. »Haben Sie etwas gefunden?«
    »Was für eine Statue?«
    »Hä?«
    »Sie haben gesagt, Sie wären davon überzeugt, daß sie sich den Hals an der Statue gebrochen hat.«
    »Ja, nun, das habe ich nur so dahergesagt, Sie wissen schon …« Er war knallrot geworden und wußte nicht mehr weiter. »Das habe ich nur so gesagt. Ich weiß doch nicht …«
    Der Maresciallo sah den kleinen, dicken Mann durchdringend an. »Was für eine Statue?«
    »Ein kleiner Junge mit einem Fisch, so wie vor dem Palazzo Vecchio. Das hier war einmal ein Springbrunnen, nichts Besonderes. Aber doch recht hübsch. Als die Statue kaputtging, hat sich niemand weiter darum gekümmert, weil es nur eine billige Kopie war. Die Reste liegen noch immer im Becken … Anschließend war dieser Teil des Gartens lange Zeit für die Öffentlichkeit gesperrt, wegen Vandalismus …«
    »Wann wurde er wieder freigegeben?« Der Maresciallo tastete nach seinem Notizbuch. Jede noch so kleine, verifizierbare Tatsache bedeutete in diesem Fall einen Fortschritt.
    »Och, das ist schon eine ganze Weile her.«
    »Wie lange?«
    »Hmm, mein Ältester war noch daheim, daran erinnere ich mich. Wahrscheinlich 1971 … nein, nein, was erzähle ich denn, 1972 war es, jawohl.«
    Der Maresciallo steckte das Notizbuch wieder weg.
    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein, nein.«
    »Einen Moment lang haben Sie mich richtig verunsichert. Ich habe das mit der Statue wirklich nur so dahergesagt. Nicht, daß Sie den Eindruck haben, ich wüßte etwas.«
    »Was reden Sie denn da? Ich wollte nur Genaueres über diese Statue erfahren, mehr steckte nicht dahinter, denn wahrscheinlich haben Sie recht.«
    »Wirklich? Und ich dachte … Man kann ja nicht wissen, was Sie hinter den dunklen Gläsern so denken. Sie sollten die Brille absetzen, wenn Sie mit anderen reden.«
    »Tut mir leid, Entschuldigung. Sie waren uns eine große Hilfe.« Beppe ging zurück zu seinen Kollegen, platzend vor Stolz, ihnen mitteilen zu können, daß der Maresciallo ihm recht gegeben hatte.
    Der hingegen starrte auf das niedrigstehende, grüne Wasser und nahm die Sonnenbrille ab. Das leuchtende Orange eines Goldfisches zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er schwamm und schwamm um etwas herum, dessen Spitze gerade so aus der Wasseroberfläche herauslugte. Der Maresciallo trocknete die Augen, die wegen einer Sonnenallergie tränten, setzte die Brille wieder auf und rief einen der Carabinieri. Mit einem Netz angelten sie einen marmornen Fisch heraus und steckten ihn in eine Tüte zur Sicherung von Beweisstücken. Es war das Schwanzende gewesen, das aus dem Wasser herausgeschaut hatte. Unmöglich, festzustellen, ob die weichen, schwarzen Strähnen, die sich darin verwickelt hatten, von den Wasserhyazinthen oder dem

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