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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Essen, hat sie gesagt. Nein, wir haben ihn nie zu Gesicht bekommen, wahrscheinlich besucht er sie nur abends oder an Wochenenden. Wir leben außerhalb von Florenz, auf dem Land. Aber seit einer oder zwei Wochen haben wir sie nicht mehr gesehen. Sie ist doch hoffentlich nicht in Schwierigkeiten geraten? Illegal eingereist vielleicht? Aber nein, niemals. Das glaube ich nicht. Wo sie alles immer so genau nimmt.«
    Die kleine Wohnung bot auf den ersten Blick keinerlei Überraschungen. Einfach, sauber, ordentlich. Eine hellblaue, seidene Tagesdecke auf dem Einzelbett. Eine Pflanze, inzwischen verdorrt, weiße Regale mit Kunstbänden, ein weißer Tisch, ein Stuhl.
    Die Wohnung selbst aber – es mußte fünf, sechs Jahre her sein, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Es war ihm unmöglich, das kleine, frisch gestrichene Appartement mit jenem dunklen Loch ohne Heizung, Toilette und Bad in Verbindung zu bringen, in dem Clementina gestorben war. Damals hatte sich die Toilette draußen im Treppenhaus befunden; nun war sie in einen Abstellraum umfunktioniert worden, in dem Fliesenreste und Farbdosen lagerten. Die Küche, früher schon winzig und mit nur einem einzigen hohen Fenster, war jetzt zu einer kleinen Kochnische umgebaut; ein kleines Bad nahm den Rest des ehemaligen Küchenraumes ein. Eine Heizung war auch eingebaut worden. Der Maresciallo hätte einiges darauf gewettet, daß die Miete astronomisch hoch war. Franco hätte gewußt, wieviel sie zahlte. Der Metzger wußte es nicht, aber er wußte immerhin, daß die Wohnung jahrelang leer gestanden hatte, weil die Frau, die sie geerbt hatte, bankrott gegangen war. Sie konnte nicht verkaufen, hatte aber auch nicht das Geld für die notwendigen Renovierungsarbeiten. Vor kurzem mußte sich dann allerdings etwas getan haben, denn nun war Akiko die erste Mieterin. Wenn es so weiterginge, gäbe es in dieser Straße bald keinen einzigen Florentiner mehr.
    An diesem Punkt beschloß der Maresciallo, sich die politische Schmährede zu ersparen, die ihn fatal an Lapos Redekunst erinnerte, und den Metzger statt dessen mit einem Bericht über den Tod des japanischen Mädchens abzulenken.
    »Nein, das ist ja nicht zu fassen!«
    »So ist es aber leider. Sind Sie sicher, daß Sie sie nie in Begleitung gesehen haben?«
    »Ja, tut mir leid. Sie war so munter und lebendig und hatte immer etwas zu erledigen. Sie ist nie langsam oder im normalen Tempo gegangen, sondern immer flott marschiert … und so hübsch. Sehr hübsch. Hat gelernt, wie man Schuhe macht. Ich weiß noch, wie sie meiner Frau – warten Sie, einen Augenblick –, Lucia!«
    »Was ist?«
    »Komm doch mal einen Augenblick nach hier vorn, bitte!«
    »Was willst du denn nun schon wieder? Ich muß die fünf Hühnchen hier fertigmachen, bevor … Oh, der Maresciallo! Warten Sie, lassen Sie mich erst die Hand abwischen. Wie geht es Ihnen? Und Ihrer Frau? Hat sie inzwischen den Führerschein?«
    »Ja, sie hat ihn bekommen. Aber nicht von mir.«
    »Lucia, hör mal: Der Maresciallo ist wegen Akiko hier. Sie ist tot, und er glaubt, sie sei ermordet worden.«
    »Was? Nein! Unsere kleine Akiko? Niemals! Wer würde denn so etwas tun?«
    »Das versucht er ja herauszufinden. Stell dir vor, sie haben sie im Boboli gefunden! Du hast dich doch viel öfter mit ihr unterhalten als ich. Erinnerst du dich an diese Schuhe?«
    »Ihre Patchwork-Schuhe! Sie war schrecklich stolz darauf, auch wenn sie aus verschiedenen Lederstücken zusammengeflickt waren. Und sie hat sich immer so hübsch angezogen. Sie hatte aber auch eine tolle Figur. Ich wünschte, ich hätte auch so eine Wespentaille, aber seit meinem dritten Kind bin ich so, wie ich jetzt bin.«
    Auch sie hatte Akiko nie in männlicher Begleitung gesehen und wußte nicht, wer für die hübsche Kleidung zahlte.
    »Ich weiß, daß sie ihr Geld zusammenhalten mußte. Das hat sie selbst gesagt. Clementinas kleine Wohnung war das Billigste, was sie auftreiben konnte. Dennoch war es viel Geld für so ein kleines Appartement.«
    »Sie hat nicht zufällig erwähnt, wieviel Miete sie dafür zahlte?«
    »Nein. Nur, daß die Wohnung mehr kostete, als sie sich eigentlich leisten konnte.«
    Nardis Name fiel in dem Moment, als er den hell erleuchteten Metzgerladen verlassen wollte, wo aus der Rinderhälfte Blut auf die rosa marmorierten Fliesen tropfte, was einfach nicht zu übersehen war, auch wenn man sich noch so bemühte.
    »Lorenzini, mein Kollege, versucht, Monica zur Vernunft zu bringen, damit sie die

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