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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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nicht
mehr Dobrynin, der Tänzer, oder Dobrynin, der Gott. Das war eine
Erscheinung. Das war ein Landstreicher.«
    »Und Sie haben keinerlei Verdacht, wer ihn erschossen haben könnte?«
    »Natürlich habe ich einen Verdacht.« Natürlich habe ich einen Verdacht, du dumme Kuh, hätte er ebenso gut sagen können.
    »Und wer ist es?« fragte ich.
    »Eine von den tausend Frauen, die er verführt und dann verlassen hat. «
    Vol Teak ergriff zum ersten Mal das Wort: »Wenn
ein Mensch einen erniedrigt, dann will man ihm das doch mit gleicher
Münze heimzahlen«, sagte er nüchtern. »Glauben
Sie nicht auch?«
    »Ich fürchte, ich habe keine Ahnung. Mich
hat noch nie jemand ›erniedrigt‹.«, sagte ich
wahrscheinlich ein wenig zickig. »Jedenfalls nicht so sehr,
daß ich deswegen einen Mord hätte begehen wollen.«
    »Ah«, sagte er und schenkte mir ein
Mona-Lisa-Lächeln, das ich zum Kotzen fand. »Vielleicht kann
man die Reichen gar nicht erniedrigen.«
    »Reich? Ich bin alles, nur nicht reich. Im Grunde bin ich ziemlich arm.«
    »Na schön«, sagte er
gönnerhaft, »aber doch sicher nicht geistig?
Schließlich sind sie doch eine recht anerkannte Schauspielerin,
soweit ich weiß.«
    Die fünfzehn Minuten, die ich mit Vol Teak
allein sprach - während Beasley höchstpersönlich endlich
diesen verdammten Kaffee machte - waren noch weniger
aufschlußreich. Das ganze Gespräch war noch nutzloser als
die Unterhaltung mit dem Kulturzar Beasley.
    Als ich durch die kalten Straßen des Village
ging und mich dabei ab und zu umdrehte, um den majestätischen
Weihnachtsbaum unter dem Triumphbogen am Washington Square zu
betrachten, dachte ich darüber nach, warum Beasley so auf Frauen
fixiert war. Hatte Dobrynin niemals Männer erniedrigt? Hatte er niemals einen Mann als »Schuhlöffel« benutzt?
    Warum konnte Louis Beasley sich nicht vorstellen, daß ein Mann dem Tänzer eine Kugel in den Kopf gejagt hatte?
    10
    Tony stützte sich auf einen Ellbogen. »Wie
schön, wie schön, wie schön! Wenn das nicht Florence
Nightingale ist, die Königin der Krankenpflege! Gibt es eine
mitfühlendere Frau auf der Welt? Welchem Umstand verdanke ich die
Ehre dieses Besuchs, o weichherziger Gnadenengel mit dem goldenen
Haar?« Seine Verbitterung erstaunte mich. Ganz offensichtlich war
er wütend auf mich, aber ich hatte nicht die geringste Ahnung,
warum. Es war doch schließlich seine eigene Entscheidung gewesen,
die Schwerkraft herauszufordern. Und bei diesem lächerlichen
Versuch, einen unmöglichen Sprung auszuführen, war er auf
seinem Hinterteil gelandet. Ich erinnerte ihn daran.
    »Nun mach mal halblang, Basillio«, warnte
ich ihn. »Ich bin nur vorbeigekommen, um zu sehen, wie es dir
geht.«
    »Mit leeren Händen? Keine Pralinen? Keine Rosen? Keine Illustrierten?«
    »Entschuldige. Ich bin gerade auf dem Weg zu
Melissa Taniment. Ich bin in zwanzig Minuten mit ihr verabredet.«
Melissa wohnte nur drei Blocks weiter, in einem imposanten
Glasgebäude auf der First Avenue, das sowohl Büros als auch
Luxusapartments beherbergte.
    »Ach ja, und was ist mit meinen
zweitausendfünfhundert? Werde ich trotzdem bezahlt, obwohl ich
außer Gefecht bin?«
    »Also wirklich, Tony«, stichelte ich,
»du weißt doch, daß ich eine fortschrittliche
Arbeitgeberin bin.«
    Er drehte sich mit dem Oberkörper zum
Nachttisch, nahm sich eine Zigarette und verzog plötzlich das
Gesicht vor Schmerzen.
    »Tut es immer noch weh?« fragte ich.
    »Es ist schon viel besser, aber wenn ich eine ruckartige Bewegung mache, tut es höllisch weh.«
    »Warum gehst du nicht zum Arzt, Tony?«
    »Aus dem gleichen Grund, aus dem du nicht zu einem Schauspiellehrer gehst.«
    »Und das wäre? Nein, ist schon gut, du
brauchst es mir nicht zu erklären. Ich habe jetzt keine Zeit
für eine deiner philosophischen Denksportaufgaben.«
    »Also, wie war es bei Beasley und seinem Hausdrachen? Erzähl’s mir, Boss.«
    »Es ist nicht viel dabei rausgekommen. Beasley glaubt, Luciawares.«
    »Und weiß er irgend etwas über die verlorenen Jahre unseres Helden?«
    »Er sagt nein. Er sagt, er hat Dobrynin vor
drei Jahren zu Weihnachten gesehen, und dann erst wieder im Sarg. Ich
hoffe, Melissa wird ergiebiger sein. Im Gegensatz zu Beasley ist sie
ganz wild darauf, mit mir zu sprechen.«
    Tony drückte seine Zigarette aus. »Hör mal, warum kommst du nach dem Verhör nicht noch mal vorbei?«
    »Ich weiß nicht, Tony. Ich muß heute noch so viel erledigen.«
    »Gib deinem Herzen eine Stoß,

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