Eine Katze hinter den Kulissen
»Er trug sogar den gleichen Mantel
wie Sie, und er hat ebenfalls einen schmalen Oberlippenbart.«
Tony und ich sahen einander an. Basil starrte auf seinen leeren Teller.
Brodsky holte zum letzten Schlag aus.
»Würden Sie mir einen Gefallen tun, Basil? Waren Sie so gut,
in ihre linke Manteltasche zu fassen und herauszuholen, was darin
ist?«
Basil steckte die Hand schnell in die Tasche. Er griff nach etwas und zog es heraus.
Mr. Brodsky sagte: »Legen Sie den Gegenstand
jetzt bitte auf den Tisch. Gut. Wenn Sie jetzt so freundlich
wären, es aufzumachen? Ja ... wunderbar.«
Einige Sekunden lang starrten wir alle auf die glitzernden Steinchen.
»Sehen Sie, Mr. Basil, das Päckchen mit
den Diamanten, das Sie bei sich hatten, ist identisch mit dem, das dem
bedauernswerten holländischen Gentleman gestohlen wurde. Wir haben
alle mit eigenen Augen gesehen, wie Sie es aus Ihrer Tasche geholt
haben. Und ich wage zu behaupten, daß niemand von uns allzu
überrascht wäre, mehrere andere Gegenstände aus dem
Besitz von Mr. van Holsema zu finden, zum Beispiel dort, wo Sie
wohnen.«
»Ich hab keinem Holländer was
getan!« sagte Basil schäumend vor Wut. »Und das wissen
Sie ganz genau, Sie Rechtsverdreher.«
»Ah«, sagte Brodsky verständnisvoll,
»aber es gibt da einen Holländer, der bezeugen wird,
daß Sie es waren. Und ich werde dasselbe tun. Das kommt doch wohl
auf’s gleiche heraus, oder?«
Basil drehte den Kopf ruckartig zur Bar. Rothwax saß da, fest wie immer, aber diesmal schaute er Basil fest in die Augen.
»Ich möchte Ihnen gern etwas
erklären, Basil«, sagte der Anwalt. »Ich werde es sehr
ausführlich erklären, denn ich möchte nicht, daß
hinterher noch irgendwelche Unklarheiten bestehen. Wenn Sie uns die
Umstände erläutern, die dazu geführt haben, daß
Sie für Vol Teak tätig wurden, dann werden Sie eine
Gefängnisstrafe von höchstens einem Jahr bekommen. Ich werde
mich persönlich Ihres Falles annehmen, vorausgesetzt, daß
Sie nicht selbst abgedrückt haben. Sie werden mir zustimmen
müssen, daß Sie, wenn Sie jetzt wegen Diamantendiebstahls
und dem Angriff auf den Händler verhaftet werden - und Sie
können mir glauben, das werden Sie -, vielleicht niemals wieder
das Tageslicht sehen werden. Sie werden tief im Labyrinth der
staatlichen Gefängnisse verschwinden.«
Basil blickte wieder hinunter auf seinen Teller. Sein
Gesicht schien zu zerfallen. Das war die wirkungsvollste Intrige, von
der ich je gehört oder an der ich je mitgewirkt hatte - und die
hinterhältigste. Es war unglaublich grausam. Ich wußte,
daß es keinen Diamantenhändler gab, keine gestohlene Uhr
oder so etwas. Ich wußte, daß Brodsky Basil die Diamanten
in die Tasche gesteckt hatte. Ich wußte, daß er auf
brillante Weise mit der ewigen Paranoia des Straßenräubers
spielte. Glaubte Basil wirklich, daß er den Händler
niedergestochen hatte? Das war egal, darum ging es nicht. Ihm war klar,
was die Polizei glauben würde. Ich schämte mich
plötzlich ganz schrecklich dafür, in dieser ganzen
Inszenierung mitgespielt zu haben, auch wenn ich nur eine kleine Rolle
gehabt hatte.
Aber was, wenn es funktionierte? Was, wenn Basil
wirklich einiges wußte und jetzt den Mund aufmachte? Hätte
der Zweck dann die Mittel geheiligt? Ich war nicht mehr in der Lage,
Mr. Brodsky anzusehen. Er wußte, daß ich mich nicht
einmischen würde. Er wußte, daß ich, wenn es hart auf
hart kam, Basil für Lucia opfern würde. Er wußte,
daß ich Basil ausliefern würde, wenn ich dadurch Lucia
würde retten können. Er wußte es. Ich wußte es.
Alle wußten es.
Basil sagte: »Er hat mich bezahlt.«
»Wer hat Sie bezahlt?« fragte Brodsky in fast gelangweilt klingendem Ton.
»Dieser Mann.«
»Meinen Sie damit Vol Teak? Der Mann auf dem Foto, das ich Ihnen gezeigt haben?«
»Ja, der.«
»Wofür hat er Sie bezahlt?«
»Ich sollte Lenny am Heiligen Abend ins Lincoln Center bringen.«
»Und haben Sie das getan?«
»Ja. Am Heiligabend. Ich habe ihn hingebracht
und ihn dann allein gelassen. Er war betrunken. Wir waren beide
betrunken. Ich hatte ein paar Zeitungen geklaut und behauptet, wir
würden versuchen, die Morgenausgabe zu verkaufen. Wir gingen durch
die Tiefgarage. Ich habe dem Mann da zwanzig Dollar gegeben. Und dann
habe ich Lenny dort gelassen.«
»Wieviel hat Teak Ihnen bezahlt?«
»Hundert.«
»Wußten Sie, daß er Lenny umbringen wollte?«
»Das ist mir nie in den Sinn gekommen. Wirklich nicht. Daran hab ich nie
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