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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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riesengroße Verbesserung darstellte, wirkte er sich auf das Leben in den Städten in einer Hinsicht sehr ungünstig aus: Er machte dem Handel mit menschlichen Exkrementen den Garaus. Bisher hatten die Leute, die die Senkgruben in den Städten entleerten, die Fäkaliensammler, die Jauche den Farmern auf dem Land verkauft. Was insgesamt eine wirtschaftlich sinnvolle Angelegenheit war. Doch nach 1847 brach der Markt zusammen, und man kippte die eingesammelten Exkremente einfach in den nächstgelegenen Fluss, was wiederum Konsequenzen hatte, die, wie wir sehen werden, erst nach mehreren Jahrzehnten beseitigt werden konnten.
    Bei Guano wiederum bestand natürlich das Problem, dass er sich in Jahrhunderten angesammelt hatte, aber in null Komma nichts abgetragen war. Von einer Insel vor der afrikanischen Küste kratzte man in einem guten Jahr geschätzte 200 000 Tonnen herunter. Die Preise stiegen auf fast 80 Dollar pro Tonne. In den 1850er Jahren hatte der durchschnittliche Bauer die entmutigende Wahl, die Hälfte seiner Einkünfte für Guano auszugeben oder zuzusehen, wie seine Ernteerträge dahinschwanden. Was man brauchte, war klar: einen künstlichen Dünger, mit dem man die Felder zuverlässig und preiswert düngen konnte. Und just in diesem Moment tritt eine ulkige Gestalt wie John Bennet Lawes auf den Plan.
    Lawes war der Sohn eines wohlhabenden Landbesitzers in Hertfordshire und hatte von Kindheit an eine Passion für chemische Experimente. Er verwandelte ein unbenutztes Zimmer im Haus der Familie in ein Labor und schloss sich die meiste Zeit dort ein. Um etwa 1840, da war er Mitte zwanzig, erregte eine rätselhafte Eigenschaft des Knochenmehldüngers seine Neugierde: Knochenmehlstreu trug auf bestimmten Böden wie Kalk und Torf zu einer wunderbaren Steigerung der Erträge bei Rüben bei, zeitigte aber auf Tonboden keinerlei Wirkung. Warum, wusste keiner. Lawes begann mit Experimenten auf dem Gut seiner Familie, wobei er verschiedene Bodenzusammensetzungen, Pflanzen und Dünger benutzte, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und das war gewissermaßen der Beginn des wissenschaftlichen Ackerbaus. 1843, im Todesjahr Loudons, machte Lawes aus einem Teil des Landsitzes die Rothamstead Experimental Station, die erste landwirtschaftliche Forschungsstation der Welt.
    Lawes war herrlich besessen von Düngemitteln und Dung. Nie hat sich jemand so sehr — und im wahrsten Sinne des Wortes handfest — dafür interessiert wie Lawes. Jeder kleinste Aspekt ihrer Wirkungskräfte faszinierte ihn. Er fütterte sein Vieh mit verschiedenem Futter und untersuchte dann den Mist, um zu sehen, wie er sich auf die Ernte auswirkte. Er überschüttete Pflanzen mit allen nur denkbaren Chemikaliencocktails und entdeckte dabei, dass mit Säure behandelte mineralische Phosphate das Knochenmehl in allen Böden wirkungsvoller machten, wenn er auch nicht wusste, warum. (Die Antwort kam viel später von woanders und lautete, dass der tatsächlich düngende Wirkstoff in Tierknochen, Calciumphosphat, in alkalischen Böden schlechter löslich ist.) Trotzdem hatte Lawes den ersten chemischen Dünger erschaffen, den er Kalksuperphosphat nannte, und die Welt bekam, was sie dringend brauchte. Lawes ging so auf in seinem Tun, dass er mit seiner Braut in den Flitterwochen eine ausgedehnte Besichtigungstour der Industrieflächen an der Themse und ihren Nebenflüssen unternahm, wo er einen Standort für eine neue Fabrik suchte. Er starb 1900, sehr reich.
    Alle diese Dinge — das zunehmende Amateurgärtnern, das Anwachsen der Vorstädte, die Entwicklung effizienter Düngemittel leiteten still und heimlich einen neuen Trend ein: nämlich sich einen Rasen ums Eigenheim zuzulegen.
    Vor dem neunzehnten Jahrhundert besaßen fast auschließlich Herrenhäuser, Universitätsgelände oder andere Institutionen größere Rasenflächen; die Pflegekosten waren zu hoch, als dass sich jeder ein eigenes Stückchen Grün hätte leisten können. Wer einen schönen Rasen haben wollte, hatte nur zwei Alternativen. Eine davon war, eine Schafherde zu halten. Das tat man im Central Park in New York, der bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts Heimat einer Wanderherde von zweihundert Schafen mit Hirte war, der in einem Gebäude wohnte, das dann zur Tavern an the Green wurde. Die andere Alternative war, ein Team kräftiger Männer einzustellen, die jedes Jahr von Frühjahr bis Herbst das Gras mähten, zusammenrechten und wegkarrten. Beide Lösungen waren teuer, und weder die eine noch

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