Eine Liebe auf Korfu
„Mylords Rücken zu schrubben“.
Wie würde sich Alessa in dem kleinen Häuschen waschen? Sicher besaß sie keine Marmorwanne, keine ehrerbietigen Diener klopften an ihre Tür, um ihr Eimer mit heißem Wasser und flauschige Handtücher zu bringen. Das Fantasiebild ihrer nackten Gestalt vor einem Waschtisch beschwor die vorhersehbare Wirkung herauf. Hastig ergriff er die langstielige Bürste und bearbeitete seinen Rücken, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Dabei überlegte er, wie er an Lady Blackstone herantreten sollte. „Am besten indirekt“, murmelte er.
Vor dem Dinner saß er neben der Gastgeberin auf der Terrasse. Argwöhnisch beobachtete Lady Trevick, wie der Graf mit den drei Mädchen schäkerte.
„Ein sehr charmanter Mann“, bemerkte Benedict.
„Vielleicht ein bisschen zu charmant.“ Die Stirn gefurcht, sah sie ihre kichernden Töchter erröten.
„Wer darf es ihm verdenken, wenn er von so reizenden jungen Damen umgeben wird? Übrigens – hat Lady Blackstones Suche nach Verwandten auf der Insel schon Fortschritte gemacht?“ Als Lady Trevick ihn erstaunt anschau te, fügte er hinzu: „Davon haben Sie neulich gesprochen.“ Nur nebenbei … Aber daran wird sie sich wohl kaum erinnern.
„Das glaube ich nicht.“ Vorsichtig senkte sie ihre Stimme. „So eine traurige Geschichte! Lady Blackstones jüngerer Bruder, der Familie entfremdet, eine unpassende Heirat … Und ich fürchte, das Kind aus dieser Verbindung ist irgendwo im Mittelmeergebiet verschollen.“
„Wie schrecklich! Hat Lady Blackstone erst vor Kurzem davon erfahren?“
„Ja, das nehme ich an. Sie hat mit Mr. Harrison darüber gesprochen, Sir Thomas’ Sekretär.“
In diesem Augenblick kam Lady Blackstone auf die Terrasse. Missbilligend musterte sie die Gruppe um Zagrede, beorderte ihre Tochter zu sich und dirigierte sie zur Gastgeberin und Benedict.
„Wenn Sie mich entschuldigen würden …“ Nervös schaute Lady Trevick zu ihren eigenen Töchtern hinüber. „Ich muss mit dem Butler reden. Würden Sie die Mädchen im Auge behalten, Lady Blackstone?“
Ms. Blackstone wanderte zur Balustrade und gab vor, das Meer zu betrachten.
Wunderbar, dachte Benedict, jetzt bin ich mit Ihrer Ladyschaft allein … Nachdem sie an seiner Seite Platz genommen hatte, wandte er sich lächelnd zu ihr. „Hoffentlich verzeihen Sie mir eine persönliche Bemerkung, Madam. Ihre Tochter hat sehr schöne Augen. Die hat sie offensichtlich von ihrer Mama geerbt.“
„Oh, Sie sind sehr freundlich, Sir. Natürlich wird Frances oft bewundert. Und wie ich zugeben muss, haben diese grünen Augen auch in meiner Jugend Aufmerksamkeit er regt.“
„Also ein Charakteristikum Ihrer Familie …“ Scheinbar verblüfft, unterbrach er sich. „Wie seltsam – auf dieser Insel kenne ich eine junge Dame, die ebensolche Augen und Brauen besitzt.“
„Tatsächlich? Sonderbar … Unter welchen Umständen sind Sie ihr begegnet?“
Nun betrat der Butler die Terrasse und kündigte das Dinner an.
„Sie hat mir das Leben gerettet“, antwortete Benedict. „Verzeihen Sie, in Sir Thomas’ Abwesenheit sollte ich Lady Trevick zur Tafel führen. Und da eilt auch schon der Graf herbei, um Sie zu begleiten.“
Beim Dinner würde Ihre Ladyschaft genug Zeit finden, um sich von der aufregenden Neuigkeit zu erholen und zu erwägen, wie sie Benedict ihre Geschichte erzählen sollte. Wenn sie ihre Verlegenheit überwand, bevor sie einen Fremden über ein so heikles Familienproblem informierte – umso besser für Alessa.
Benedict geleitete die Gastgeberin ins Speisezimmer, lehnte das schmeichelhafte Angebot ab, am Kopfende der Dinnertafel Platz zu nehmen, und setzte sich an ihre rechte Seite. Während der Mahlzeit schenkte er Lady Blackstone, die an seiner anderen Seite saß, keine Beachtung. Natürlich durfte er kein allzu auffälliges Interesse an ihrem Anliegen zeigen. Sonst würde er ihr Misstrauen wecken. Ihre Ladyschaft sollte den Eindruck gewinnen, Alessa wäre nur eine flüchtige Bekannte, ausschließlich wegen jenes nächtlichen Überfalls mit ihm verbunden.
Mit dieser Strategie hatte er Erfolg. Nach dem Dinner schlenderte er auf die mondhelle Terrasse, und Lady Blackstone folgte ihm, obwohl die anderen den Salon aufsuchten. „Diese junge Dame, die Sie erwähnt haben …“
„Ja, Ma’am?“
„Wie heißt sie?“ Offenbar war sie viel zu aufgewühlt, um eine gewisse Diskretion zu wahren.
„Alexandra“, antwortete er und beobachtete, wie sich die
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