Eine Liebe fürs Leben
Innerhalb von fünf Minuten war er zurück mit einem Tablett, auf dem sich neben zwei dampfenden Tassen Kaffe auch ein Teller Kekse befand. Charlotte bemühte sich nach Kräften, das leckere Gebäck zu ignorieren. Doch dann gab sie dem Hunger nach.
„Aber was?“, hakte sie nach. „Wenn du es wirklich wolltest, könntest du diesen verdammten Reportern doch sagen, dass sie … dass sie verschwinden sollen.“
„Die Nachricht hat eingeschlagen wie eine Bombe“, erwiderte er gedehnt, streckte die Beine aus und nippte an seinem Kaffee. „Die Welt ist ein übler Ort. Und um die Atmosphäre zu verbessern gibt es nichts Besseres als ein bisschen saftigen Klatsch und Tratsch.“
„Ich mag es aber nicht, wenn die Atmosphäre auf meine Kosten verbessert wird!“
„Mir geht es genauso.“ Riccardo betrachtete ihr erhitztes Gesicht über den Rand seiner Tasse hinweg. Hatte sie wirklich geglaubt, er könnte das Interesse der Presse abschalten, so wie man beispielsweise den Strom oder das Wasser abschaltete? In diesem Moment fühlte er sich doch tatsächlich geschmeichelt – wie ein Teenager, dem das heißeste Mädchen der Klasse einen Seitenblick geschenkt hatte. „Schließlich hat auch mein Ruf darunter gelitten.“
„Riccardo, du hast keinen Ruf. Nun ja, doch – den Ruf, sehr erfolgreich in deiner Branche zu sein und mit hohlköpfigen Blondinen auszugehen.“
„Also, wenn du nur hergekommen bist, um mich zu beleidigen …“
„Nein, das bin ich nicht“, entgegnete Charlotte rasch. Sie seufzte. „Okay, du bist an solche Sachen mehr gewöhnt als ich. Wie lange wird das noch dauern? Es setzt mir ganz schön zu.“
Spätestens am Ende der Woche wird sich keiner mehr da für interessieren. „Wer kann schon vorhersagen, wie lange die Presse sich an diesem Thema festbeißt? Und wer weiß, wie tief sie noch graben werden?“
„Wie tief sie graben werden?“, fragte sie schwach.
„Pass auf …“ Riccardo beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Knien auf. „Es ist immer hässlich, wenn sich die Presse auf das Privatleben eines Menschen stürzt. Mich tangiert das nicht wirklich, aber ich mache mir Sorgen um Gina. Sie ist verzweifelt, sagst du.“
Charlotte bekam ein ganz schlechtes Gefühl. Vielleicht war ihre kleine Übertreibung doch keine so glänzende Idee gewesen. „Nun … vielleicht ist ‚verzweifelt‘ doch ein wenig übertrieben.“
„Okay, dann verstört.“
„Nun, ja …“
„Ich weiß, dass dir diese Alternative nicht gefallen wird, aber …“ Riccardo senkte seine Stimme, um ganz wie ein Mann zu wirken, der diesen delikaten Aspekt besonderes intensiv bedacht hatte. „Ich könnte Gina wesentlich besser beschützen, wenn sie bei mir wäre.“
„Nein!“
„Hör mich erst mal an, Charlie!“ Die leise Stimme klang plötzlich wie ein Peitschenhieb, worauf Charlotte sich vollkommen sprachlos aufsetzte. „Die Reporter, die dir nachstellen, würden es nicht wagen, dasselbe mit mir zu tun. Ich habe Leute, die Anrufe abwimmeln. Wenn jemand Wichtiges mit mir reden muss, hat er meine Handynummer. Außerdem besitze ich Bodyguards. Du hast sie nicht bemerkt. Sie sind sehr diskret und verschwinden natürlich, wenn ich sie darum bitte.“
„Du hast Bodyguards? In was für einer Welt lebst du?“
„In einer Welt, in der die Reichen leichte Beute sind. Du vergisst, dass ich Italiener bin. Mein Land ist für Entführungen berühmt. Wenn Gina bei mir wäre, könnte ich zumindest sicherstellen, dass einige der momentanen Unannehmlichkeiten aufhören würden.“
„Niemals!“ Charlotte musste sich noch von dem Schock erholen, dass Riccardo tatsächlich eigene Bodyguards besaß. Wo hatten die denn gesteckt, als er bei ihr gewohnt hatte? Hatten sie in den Büschen gelauert oder unter der Fußmatte gelegen?
Offensichtlich hatte sie unterschätzt, wie reich Riccardo tatsächlich war. Und wie skrupellos. Plötzlich bekam es Charlotte mit der Angst zu tun: Bei all der negativen Publicity standen ihre Chancen in einem Sorgerechtsstreit wahrscheinlich nicht allzu gut. Was, wenn Riccardo ihre Schwäche ausnützen würde? Auch wenn er bislang nicht angedeutet hatte, dass er es so weit kommen lassen wollte. Auch wenn Logik und Vernunft ihr sagten, dass ein Richter in der Regel immer zugunsten der Mutter entschied. Zweifel hatten leider die unangenehme Eigenschaft an sich, immer wiederzukehren und sich fest einzunisten.
„ Warum soll Gina niemals bei mir leben?“, fragte Riccardo mit
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