Eine Liebe in Paris
aus, fand ich, also musste der Geschmack auch stimmen. Das Auge aß ja schließlich mit!
»Hast du den Senf denn gefunden?«, fragte Marie, die nun wieder in die Küche kam.
Senf?? Davon hatte Camille kein Wort gesagt! Verräterin.
»Nein, noch nicht.«
»Er steht da oben im Regal«, sagte Marie und zeigte auf eine Unzahl von Gläsern, die auf einem langen Bord über den Kochplatten standen.
Senf, Senf, das hieß doch
Moutarde
, oder? Ich suchte zwischen Gläsern mit Oliven und Pasten in allen Farben des Regenbogens. Wenn ich nicht gerade süßen Weißwurstsenf erwischte, konnte nicht mehr viel falschlaufen, und die Lefebvres würden über meine Kochkünste erstaunt sein.
Moutarde de Dijon
, das sagte mir was. Aber wie verteilte ich den Senf denn jetzt gleichmäßig unter den Salat? Am besten, ich machte kleine Flöckchen, entschied ich und nahm den Löffel, den Marie mir hingelegt hatte. Na, das ging ja fabelhaft, dachte, ich als ich einen Schritt zurück machte und den fertigen Salat bewunderte.
»Möchtest du ihn noch einmal durchmischen?«, fragte Camille, die gerade den Thunfisch auf einem Rost kurz anbriet.
»Klar, weshalb nicht?«
»Hier ist das Salatbesteck.«
Ich mischte, was das Zeug hielt. Die Farben meines dunklen Essigs und des hellroten Öls sahen auch gemischt noch toll aus und das Gelb des
Moutarde de Dijon
gefiel mir dazu immer besser.
»Seid ihr Mädchen fertig? Der Tisch ist schon gedeckt und Henri stirbt vor Hunger.«
Marie nahm den Salat auf und reichte Camille eine Platte für den Fisch. »Hm, das riecht ja fabelhaft. Ihr seid ein gutes Team, Ava.«
Als wir das Esszimmer betraten, saß Henri bereits am Kopf des langen Esszimmertisches. Marie wies mir meinen Platz neben Camille zu, ihr und Henri gegenüber.
»Das sieht ja köstlich aus, darf ich anfangen?«, fragte Henri.
»Bitte, Henri«, sagte Marie und schob ihm die Salatschüssel hin. »Ava hat die
Vinaigrette
gemacht.«
Ich nickte stolz, aber ehe ich etwas sagen konnte, hatte Henri schon den ersten Bissen in seinen Mund geschoben und sprang beinahe augenblicklich wie von der Tarantel gestochen auf. Sein Gesicht war brandrot angelaufen, er hielt sich beide Hände vor den Mund und stürmte aus dem Zimmer, wobei er etwas wie »Hilfe, mein Mund brennt!« rief.
Abends im Bett sprach ich noch mit Mogens, nachdem meine Mutter über die
Vinaigrette
-Geschichte so gelacht hatte, dassihr das Handy aus der Hand gefallen war und ich beleidigt aufgelegt hatte.
»Camille hat das sicher nicht so gemeint. Hast du ihr denn eine Chance gegeben, dir bei der Soße zu helfen?«, fragte er.
»Nein«, gab ich zu.
»Na also.«
Mogens war mal wieder die Vernunft in Person. Er würde bei all seinem Gerechtigkeitssinn sicher ein hochbezahlter Anwalt werden, ganz so wie Henri es war. Aber der Gedanke steigerte meine Laune nicht und ich schwieg nur mürrisch.
»Ava?«
»Ja?«
»Du fehlst mir so.« Seine Stimme klang weich. »Ich denke daran, wie du dich in meinem Arm angefühlt hast, damals, als wir uns zum ersten Mal geküsst haben.«
»Hm.«
»Denkst du auch manchmal an den Abend zurück?«
»Natürlich.«
»Ich will, dass du weißt, wie sehr ich dich lieb habe. Ich will dich ganz und gar für mich, und ich bin bereit zu warten, bis du so weit bist.«
Ich schwieg nur.
»Ava? Bist du noch da?«
»Ja, ich höre dir zu.«
»Ich träume davon, wie schön es sein wird, wenn wir miteinander schlafen. Das erste Mal, meine ich. Denkst du auch daran?«
Um ehrlich zu sein, nein. Aber das verkniff ich mir, stattdessen sagte ich: »Ja, ich denke auch daran.«
»Deine Haut ist so weich und ich küsse dich so gerne. Ich will dich überall küssen.« Seine Stimme klang heiser. Mir fielen vor Müdigkeit beinahe die Augen zu. Es war ein langer Tag gewesen, voller neuer Eindrücke, und es gab so viel zu lernen. Das musste Mogens doch verstehen, oder?
»Mogens, können wir morgen miteinander sprechen? Ich will jetzt schlafen, um für den ersten Schultag frisch zu sein, okay?«
»Okay«, sagte er, aber ich hörte, dass er verletzt war.
»Entschuldige. Ich habe dich auch lieb«, fügte ich deshalb hinzu.
»Schlaf gut, Ava. Ich werde von dir träumen.«
»Schlaf du auch gut, Mogens.«
Ehe ich einschlief, dachte ich noch darüber nach, wie eine Familie so toll und glücklich wie die Lefebvres sein konnte: der freundliche Vater, die so elegante Mutter und eine Tochter, die so süß wie Zuckerwatte war und wie ein Model aussah. Dann fielen mir die Augen
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