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Eine Liebe in Paris

Eine Liebe in Paris

Titel: Eine Liebe in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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und der Mund wurde mir trocken. So ließ ich Camille etwas Vorsprung und bummelte dann ebenfalls den
Boulevard Saint-Michel
hinunter und überquerte die Seine hin zur
Ile de la Cité
.
    Vor
Notre Dame
dachte ich an unseren ersten Abend dort und blieb stehen, um an der Fassade nach oben zu sehen, aber die Gesichter der Wasserspeier waren nun zu unbewegten Fratzen erstarrt und keine huschenden Schatten verliehen ihrem Ausdruck Leben. Auf der zweiten Seinebrücke, die zum anderen Ufer führte, machte ich wieder kurz halt und sah in die Wellen, doch der Fluss entwickelte am späten Nachmittag trotz des weichen Lichts nicht denselben Zauber wie in der Dunkelheit. Hinter dem
Hôtel de Ville
bog ichin ein Gewirr von kleinen mittelalterlichen Gassen ein und tauchte an der Metrostation
Saint Paul
wieder auf.
    Gut, jetzt war es nicht mehr weit. In der
Rue du Pavé
verlangsamte ich meine Schritte und versuchte, mich zu beruhigen. Was, wenn er wieder nicht da war? Ich sah an der Fassade nach oben. Die Fenster standen offen, was ein gutes Zeichen war. Mir wurde warm im Bauch und ich dachte an seine Lippen auf meinen. Die Erinnerung an seinen Kuss war stärker als die an den vergangenen Donnerstagnachmittag mit den beiden Stimmen, die ich hinter seiner Tür gehört hatte. Ich wollte so einen Kuss wieder haben und wieder und wieder. Camille hatte recht: Wenn man verliebt war, gab es kein Richtig und kein Falsch.
    Ich fasste die Tüte mit der Palette fester, überquerte die Straße und stand vor Wolffs Haustür. 2710 drückte ich auf die Knöpfe neben dem Eingang und mein Herz schlug auf einmal so schnell und so hart in meiner Brust, dass ich in dem hohen Treppenhaus gespannt auf sein Echo lauschte. Aber ich hörte nur meine Schritte und meinen eigenen Atem, als ich die ersten Stufen hochstieg.
    Ich begann zu zählen: »Er liebt mich, er liebt mich nicht.« Das ließ die Etagen schneller vergehen. Dann war ich oben im siebten Stock angelangt und stand wieder vor Wolffs Tür. Ich vernahm Musik und klopfte laut an.
    »
Un moment!
«, hörte ich Wolff rufen. Ich wuschelte mir noch kurz durch die Haare und zog meine Lippen rasch mit dem nach Erdbeere schmeckenden Lipgloss nach. Es dauerteeine Ewigkeit, bis er an die Tür kam und öffnete, und als er mich sah, machte er einen Satz nach hinten und fuhr sich wie ein Schuljunge durch die Haare.
    Ich lachte stolz, meine Überraschung war mir offensichtlich gelungen.
    »Ava. Was machst du denn hier?«
    Ich küsste ihn auf die Wange und roch sein herbes
Eau de Toilette
. »Ich wollte dir Guten Tag sagen. Und ich habe ein Geschenk für dich.«
    »Ein Geschenk?«, fragte er, ohne von der Tür zurückzutreten. Wollte er mich denn nicht hineinbitten? Ich streckte ihm die Tüte entgegen und bemerkte erst jetzt, wie er aussah: Er trug nur ein Paar enge Jeans und seine schöne, breite, glatte Brust war nackt, sodass ich verwirrt die Augen abwandte. Seine Haare waren feucht, wie verschwitzt, und seine Augen leuchteten wie frisch geschmolzener Karamell.
    »Was machst du denn gerade?«, fragte ich erstaunt.
    Er sah sich über die Schulter um, ehe er die Stimme senkte und sagte: »Ich arbeite.«
    »Du malst?«
    »Das ist Arbeiten, Kleines«, sagte er freundlich. »Darf ich dir dabei zusehen? Vielleicht kannst du mein Geschenk brauchen?«
    Ich stand noch immer auf der Türschwelle und machte jetzt einen Schritt in das Atelier hinein.
    Wolff sah sich noch einmal über die Schulter um. »Hm, lieber nicht. Komm doch morgen wieder.«
    »Weshalb denn nicht? Das letzte Mal hast du mir deine Arbeiten nicht zeigen können«, sagte ich und sog die Luft ein, denn ich wollte noch einen Hauch seines Geruchs erhaschen.
    »Heute nicht, Ava. Ich habe wirklich viel zu tun, und wenn ich arbeite, dann kann ich keine Unterbrechung gebrauchen, sonst komme ich raus.«
    »Raus?«
    »Raus aus meinem Traum. Und ohne meinen Traum kann ich nicht malen. Komm bitte wann anders wieder. Ich rufe dich an.«
    Vor Enttäuschung fühlte sich mein Magen wie ein nasser Sack voll Steine an. Ich versuchte, diese Schwere zu verjagen, denn ich wollte nur Wolff und die Freude und die Leichtigkeit, die ich vergangene Woche in seinen Armen gefühlt hatte, wieder empfinden. Ich wollte im Schneidersitz auf dem blanken Boden seines Ateliers sitzen und Spaghetti mit Butter und Olivenöl essen.
    Wolff stützte sich mit seinem Arm gegen den Türrahmen, sodass ich den Hals recken musste, um in das Atelier zu sehen. Auf die Staffelei in der Mitte des

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