Eine mörderische Karriere
erledige deinen Job bei Crystal. Das wird schon schwierig genug sein. Georgias Leben wird Nachwirkungen auf dich haben, die schmerzhaft sein könnten. Mehr werde ich nicht dazu sagen. Lassen wir das Thema ruhen, in Ordnung?«
Jane spürte, daß sie richtig sauer wurde. »Behandele mich nicht so von obenherab , Pat. Klar, du bist älter und erfahrener, aber was du sagst, klingt in meinen Ohren wie totaler Quatsch. Du kannst das nicht einfach so stehenlassen. Das mußt du schon näher erklären.«
»Mag sein, aber ich werde es nicht tun. In diesem Punkt mußt du mir halt vertrauen. Wir sind doch Freundinnen, oder? Du weißt, daß ich nur dein Bestes will.«
Jane fragte sich, ob das tatsächlich stimmte. Pats Schilderung der Vorgänge bei Prospero hatte in Janes Sicht mehr Licht auf Pats Denkweise geworfen als auf die Prospero-Leute. Pat sah menschliche Beziehungen unter Gegriffen der Macht. Sie war eine Spielerin. Sie war auch ein gefühlvoller, warmherziger Mensch, doch seit zehn Jahren leitete sie einen Verlag und behauptete sich in einem rauhen , konkurrenzbetonten Geschäft. War das vielleicht die Erklärung für ihre Haltung? Oder war da noch mehr? War Pat auf irgendwelche Weise selbst in die Sache verwickelt und wollte sich so schützen? Immerhin schien sie sich noch stark mit Malcolm verbunden zu fühlen. Sie war eine Freundin von Simon und Georgia.
In ihrem Haus war Georgia zuletzt lebend gesehen worden. Konnten ihr Leben und das von Georgia irgendwie verwoben sein? Machte Pat sich aufrichtige Sorgen um sie, Jane, oder wollte sie sich nur selbst schützen?
Pat fuhr sich durchs Haar, dann preßte sie die Hand gegen ihre Stirn. Sie drückte so fest, daß weiße Streifen auf ihrer gebräunten Haut zurückblieben, als sie die Hand wegnahm. »Jane!« Ihre Stimme klang gedämpft und eindringlich.
Jane blickte sie an, blickte in diese dunklen Augen, sah die Intelligenz und noch etwas — echte Besorgnis.
»Bitte, Jane. Ich erzähle dir alles, was es über Georgia zu wissen gibt. Ich kenne sie, seit wir Kinder waren. Ich werde dir helfen, aber stell nicht überall Fragen über sie, über ihr Leben. Kümmere dich um deine Arbeit bei Crystal, und laß dich von Simon nicht da hineinziehen.
Die letzten Jahre waren eine harte Zeit für dich. Du hast deine Ehe, deine Kinder verloren, warst allein, wurdest herumgestoßen — du Weißt schon, was ich meine. Jetzt hast du eine Liebesbeziehung, einen guten Job und vielleicht, wenn du alles auf die Reihe kriegen kannst, eine Chance, deine Kinder zurückzubekommen. Das sollte eigentlich als Beschäftigung reichen, ohne daß du dir noch zusätzliche Probleme einhandelst.«
Jane schüttelte den Kopf. »Das ergibt einfach keinen Sinn.«
Pat seufzte. »Manchmal frage ich mich, was es nützt, älter und erfahrener zu sein, wenn man niemanden davor bewahren kann, dieselben Fehler wie man selbst zu machen. Es wird dir sehr, sehr leid tun, Jane.« Sie kramte Geld aus ihrer Handtasche, legte es auf den Tisch, stand auf und küßte Jane zum Abschied.
Jane schaute ihr nach und versuchte zu begreifen, was Pat gemeint hatte. Wovor hatte sie Angst? Hatte sie wirklich Angst um Jane, oder dachte an sich selbst? Und wie konnte Jane sich in dem einen oder anderen Fall durch solch vage Warnungen oder Drohungen davon abhalten lassen, ihr Simon gegebenes Versprechen einzulösen? Sie erinnerte sich an sein Gesicht, als er es in die Sonne gehalten hatte — so traurig, so verloren. Wie konnte sie einen Menschen im Stich lassen, den sie so sehr mochte, der so gelitten hatte wie er? Das durfte sie nicht, selbst wenn sie gewollt hätte.
Die Wahrheit war, dachte Jane, Pats Warnungen hatten ihre Neugier noch angestachelt. Jetzt war sie entschlossener denn je, dem, was Georgia zugestoßen war, auf den Grund zu gehen. Pat mußte sich irren. Ihre Warnungen waren absurd, sie hatte keine konkreten Fakten als Beleg genannt. Jane sagte sich, daß sie nichts zu befürchten hatte. Sie bezahlte die Rechnung und ging nach draußen auf die Straße.
Als sie den kühlen Raum verließ, traf die heiße Luft sie wie ein Schlag, und sie fühlte sich plötzlich schwach. Sie beschleunigte ihren Schritt und achtete nicht weiter darauf. Sie hatte zuviel Arbeit vor sich. Und sie hatte vor, diese Arbeit zu erledigen — davon würde sie niemand abhalten.
Am nächsten Morgen wachte Jane extrem schlecht gelaunt auf. Am vergangenen Tag war ja auch so ziemlich alles miserabel gelaufen. Bei ihrer Rückkehr von dem späten
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