Eine Nacht wie Samt und Seide
unternimmt.«
»Eigentlich denke ich nicht, dass das wahrscheinlich ist.« Pris berichtete von Flicks Einladung und was Russ über seinen ersten Einsatz mit ihr auf dem Trainingsplatz gesagt hatte. »Er hatte nicht gewusst, dass sie selbst die Pferde reitet, die sie trainiert. Nachdem er es herausgefunden hatte, dachte er, er müsse sein Tier zurückhalten, doch weit gefehlt. Sie hat ihn ganz schön in die Bredouille gebracht.«
Lächelnd überlegte Pris, ob Flick es absichtlich darauf angelegt hatte, weil sie erraten hatte, dass das Russ anspornen und seinen Ehrgeiz wecken würde.
»Hm«, bemerkte Eugenia. »Ich dachte mir schon, dass Mrs Cynster eine außergewöhnlich intelligente Dame ist.«
Lächelnd schritt Pris weiter.
Während der Nachmittag verging, zwang sie sich, geduldig zu warten und nicht alle zehn Minuten auf die Uhr zu sehen. Trotzdem saß sie schon aufbruchsbereit im Sattel, als ihre drei Mitverschwörer auf den Hof ritten.
Eugenia, Adelaide und Patrick kamen vor die Tür, um ihnen zu winken. Minuten später galoppierten sie bereits über die Felder nach Norden zu der Hütte.
Pris’ Stute hielt mühelos mit den drei größeren Tieren mit -Dillons Rappe, Barnabys Brauner und der kraftvolle Graue, den Russ ritt. Ehe sie erschienen waren, hatte sie sich ein wenig Sorgen gemacht, dass sie trotz ihrer Abmachung um Carisbrook House einen weiten Bogen machen würden, sodass sie »in Sicherheit« abwarten müsste. Sie war froh und erleichtert, dass sie das nicht getan hatten. Fast übermütig preschten sie ihrem Ziel entgegen.
Sie mussten dorthin gelangen, Russ musste sich die untergestellten Pferde genau und gründlich ansehen, und dann mussten sie wieder zurück in Hillgate End sein, bevor die Dämmerung anbrach, die das Ende des Trainings ankündigte. Daher verschwendeten sie keine Zeit; sie ließen die Tiere rennen, hatten fast das Gefühl, über den Boden zu fliegen.
Ein breites felsiges Bachbett tauchte vor ihnen auf, durchschnitt die relativ flache Landschaft. Dillon zügelte sein Pferd und lenkte Solomon am Ufer entlang. Die anderen taten es ihm nach. Von der Böschung auf der anderen Seite aus erhob sich das Land allmählich bis zu der geschützten Stelle, wo eine winzige Hütte unter Bäumen stand.
Nachdem er eine geeignete Furt zur Überquerung gefunden hatte, lenkte Dillon Solomon zum Ufer hinab. Der große Rappe erklomm mit einem Satz die Uferböschung auf der anderen Seite. Pris war die Nächste; ihre Stute suchte sich vorsichtig einen Weg durch das Wasser, kam ebenfalls sicher drüben an. Gleich darauf waren auch Barnaby und Russ bei ihr; Dillon wendete Solomon und ritt zur Hütte, Pris dicht neben sich.
Die Augen fest auf das kleine Gebäude gerichtet rief er ihr zu: »Du und ich, wir nehmen uns die Hütte vor. Wir klopfen an, wenn jemand da ist, bittest du um ein Glas Wasser.« Er sah zu ihr.
Sie nickte, damit er wusste, sie hatte ihn gehört. Ihre Lippen verzogen sich, ihre Augen strahlten, und sie stürmte neben ihm die Anhöhe hinauf.
Er bedeutete den anderen mit einer Armbewegung zurückzubleiben, und bekämpfte den Drang, rücksichtslos nach vorne zu preschen.
Das erledigte Pris für ihn mit. Dann zügelte sie lachend die Stute vor der Hütte, ließ sie einen Kreis gehen. Sie wartete, bis er neben ihr hielt und abgestiegen war, dann erlaubte sie ihm, sie aus dem Sattel zu heben.
Er stellte sie auf die Füße und nahm ihre Hand. »Komm mit.«
Er führte sie zur Tür und klopfte an. Sie warteten mit angehaltenem Atem, wechselten einen Blick, als nichts geschah.
»Ich höre nichts«, flüsterte sie.
Er klopfte erneut, diesmal lauter, länger. »He! Ist jemand da? Kann eine Dame um einen Schluck Wasser bitten?«
Stille. Dann erklang um die Hausecke ein gedämpftes Wiehern.
Er trat zurück und betrachtete die Hütte. Sie hatte nur ein Stockwerk, keinen Dachboden und ein Fenster, das so schmutzig war, dass man unmöglich hindurchschauen konnte. »Ich denke, es ist niemand hier.« Er winkte die anderen beiden her, die sich außer Sicht gehalten hatten.
Pris versuchte ihm ihre Hand zu entziehen; aber er festigte seinen Griff nur, suchte mit den Augen die Umgebung ab, während die anderen näher kamen. Zufrieden, dass nichts zu sehen war, drehte er sich zu Pris um. »Gut - lass uns nachsehen.«
Sie umrundeten das Gebäude. Der Eingang zum Stall lag auf der Rückseite, war durch die Bäume geschützt und nicht leicht zu entdecken. Er war in einem deutlich besseren Zustand
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