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Eine Nacht wie Samt und Seide

Titel: Eine Nacht wie Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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Sie das?« Sie wusste, er saß ihr gegenüber. War er derjenige, für den sie ihn hielt? Konnte der ehrenwerte Mr Abercrombie-Wallace, hochgewachsen, dunkelhaarig und von etwas kräftigerer Statur sowie ein paar Jahre älter als Barnaby, Spross einer vornehmen Familie, tatsächlich Mr X sein?
    »Ich bin mir sicher, meine Liebe, dass Sie intelligent genug sind, selbst darauf zu kommen - Ihr Verlobter hat sich die Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen, sich damit zu brüsten, dass er die Ehre des Rennsports verteidigt und den Bösewicht dahinter vernichtet hat.«
    Seine Stimme klang kühl, unbeteiligt. Kein Anzeichen von Menschlichkeit war darin zu entdecken.
    »Sie sind ...?« Es war schwierig, ganze Sätze zustande zu bringen.
    »Genau. Ich bin derjenige, der vernichtet wurde.«
    Sie konnte seine Augen auf sich spüren, kalt, berechnend. »Also?«
    »Also bin ich nun ruiniert!« Seine Fassade bekam einen Riss, Gefühle drangen hervor - Wut, Boshaftigkeit und nackter Hass. Plötzlich wütete er. »Vollkommen, ganz und gar! Wie viele aus meiner Schicht habe ich auf Pump gelebt. Daher hat es meine Gläubiger bisher noch nicht sonderlich beunruhigt, dass ich meine Rechnungen nicht gleich bezahlt habe. Wenn sie aber merken, dass es diesmal anders ist, dass sie dieses Mal überhaupt nicht bezahlt werden, werde ich längst weit weg sein. Allerdings bin ich nicht entzückt, gezwungen zu sein, mein Leben hier hinter mir zu lassen, das so angenehm und bequem war, und unterzutauchen. Doch das ist es, ...« Seine Stimme brach, triefte vor Hass.
    Er machte eine Pause, Pris hörte, wie er tief einatmete, spürte, wie er um Fassung rang, darum, wieder die elegante und sanftmütige Maske aufzusetzen, die er der Welt zeigte. »Aber das ist es«, seine Stimme war wieder melodisch und wohlklingend, »wozu Ihr Verlobter mich zwingt. Ich muss mich davonstehlen und von der Hand in den Mund leben, bis ich eine leichtgläubige Seele gefunden habe, die meinen Lebensunterhalt bestreitet. Aber diese erniedrigende Aussicht ist an sich nicht der Grund, weshalb Sie hier sind. Wissen Sie, nun, da ich nicht einmal mehr die Illusion aufrechterhalten kann, über Mittel zu verfügen, kann ich kein Risiko eingehen.«
    Pris runzelte die Stirn.

»Nein - nicht die Pferde. Mein Laster sind die Karten, und die haben sich als ausgesprochen kostspielige Geliebte erwiesen. Aber ich konnte sie halten, sie ernähren und kleiden, solange ich von anderer Seite Einkünfte hatte. Genau da kamen die Pferde ins Spiel. Die Rennbahn ist mir völlig gleich, aber ich habe sie und diejenigen, die sich dafür interessieren, als überaus nützlich empfunden. Sie ließen sich so leicht zu meinen Zwecken einsetzen. Alles hat so gut funktioniert, bis Ihr Verlobter und - wenn ich es richtig herausgefunden habe - Ihr Bruder sich eingemischt haben.«
    Bei dem letzten Satz hatte sich seine Stimme wieder geändert. Pris bemühte sich, einen Schauer zu unterdrücken. Wollte er sie mit sich auf den Kontinent nehmen?
    Sie atmete genug Luft ein, sammelte ihren Mut, um zu fragen: »Und ich?«
    Ein längeres Schweigen folgte, dann erklärte er: »Sie, meine Liebe, sind meine Rache.«
    In der Droschke ein Stück dahinter streckte Dillon die Hand aus und klopfte an die Klappe in der Decke. Als sie geöffnet wurde, fragte er: »Wie weit sind sie vor uns?«
    »Schätze etwa hundert Meter, vielleicht auch mehr.«
    »Fahren Sie so dicht auf wie nur möglich.«
    »Jawohl, Sir. Joe nimmt immer den Weg durch Whitehall - da werde ich den Abstand verringern können.« Die Klappe schloss sich wieder.
    Sie rollten langsam über Pall Mall, wichen den Kutschen von Herren aus, die auf dem Weg in eine der Spielhöllen waren.
    »Tothill - das ist das Vergnügungsviertel, nicht wahr?«
    Dillon nickte. »Eines von vielen.« »Warum dorthin?«
    Er zögerte einen Moment, ehe er wahrheitsgemäß antwortete: »Darüber möchte ich lieber nicht nachdenken.«
    Die Fahrt schien sich endlos hinzuziehen, aber nachdem sie in die Cockspur Street eingebogen waren, erreichten sie bald Whitehall und wurden schneller.
    Sie ratterten in gutem Tempo über das Pflaster, mussten dann aber wieder unter Flüchen des Kutschers langsamer werden, als Westminster links von ihnen aufragte und die Droschke durch die vielen Fußgänger auf dem Platz vor der Guild Hall fahren musste.
    Als sie die endlich hinter sich gelassen hatten, ließ das Fluchen nicht nach. Dillon wagte es, aufzustehen und die Klappe von innen aufzudrücken.

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