Eine riskante Affäre (German Edition)
»Was haben Sie mit Jess vor?«
Lazarus lächelte. »Wozu auch immer ich Lust habe. Das macht ja gerade den Spaß aus.«
Sie starrten einander an wie Falken oder Adler. Und sie kam sich vor wie eine Maus, die zwischen den beiden in der Falle saß. Sie hatte keine Ahnung, wie Fluffy sich fühlte. Wahrscheinlich wie der Vortagsfang, der im Nest wieder ausgewürgt wurde.
»Sie lebt in meinem Haus«, erklärte Sebastian. »Ich bezahle Schutzgeld. Die Vereinbarung lautet, dass Sie meine Leute in Ruhe lassen.«
»Kapitän … Kapitän … Sie hat mir schon gehört, bevor ihr Haare zwischen den Beinen wuchsen. Ich besitze sie mitsamt ihrer erbärmlichen Seele. Sehen Sie.« Lazarus gab das Handzeichen. Sie stand neben ihm, noch ehe sie darüber nachdachte, was sie selbst überraschte. Alte Gewohnheit. Offensichtlich hatte sie sie nicht abgelegt. »Zu wem gehörst du, Jess?«, fragte er barsch.
»Ich gehöre zu … « Sie blieb hängen. Verdammt. Fast hätte sie gesagt: Ich gehöre zu Lazarus. Das durfte sie wohl an die zehntausendmal gesagt haben. Als Lazarus sie frisch zu sich geholt hatte, war er ihr fünfzigmal am Tag mit jener Frage gekommen, und sie hatte ihm diese Antwort geben müssen. Am Ende glaubte sie es. »Ist schon lange her, Sir.«
Lazarus sah sie ohnehin nicht an. Er beobachtete Sebastian. »Wissen Sie, was meine Leute tun müssen? Meine engsten Leute? Diejenigen, die ich besitze? Sie müssen jemanden für mich töten, sogar so hübsche Mädchen wie Jess hier. Hab ich recht?«
»Ja, Sir.« Musste er das ansprechen? Die schlimmste Nacht ihres Lebens. Voller Tod, Schrecken und Ausweglosigkeit, und er musste auch noch darauf herumreiten. Nach all der Zeit war es egal, warum sie ihre Seele an Lazarus verkauft hatte.
Aber es machte Lazarus einfach Spaß. »Sie kam zu mir, als sie noch voller Blut war. Sie ist eine von uns. Sie gehört mir. Und denjenigen, die haben wollen, was mir gehört, ergeht es nicht gut.«
Sebastian schien nicht beeindruckt zu sein.
»Ich brauche niemanden, der mich rettet, Kapitän«, erklärte sie. »Hauen Sie ab und lassen Sie mich … « Mist. Jetzt hatte sie Lazarus verwirrt. Das machte alles noch schlimmer. So dumm war sie doch eigentlich nicht.
»Jess, könntest du mir wohl einen Rat geben, was ich mit dem Kapitän anstellen soll?«, wandte Lazarus sich freundlich an sie.
Schnell schüttelte sie den Kopf. Wie dumm. Wie dumm.
»Ich habe dich nicht verstanden, Jess.«
»Nein, Sir. Hab nichts gesagt. Kein Wort.«
»Das dachte ich mir.«
Er wandte sich wieder dem Kapitän zu. »Es hat mich Monate gekostet, Jess beizubringen, den Mund zu halten. Lange Zeit, wenn sie darum bettelte, dass ich jemanden in Frieden lassen sollte, war ich gezwungen, diesen dann besonders abscheulich zu behandeln. Harte Zeiten für uns beide.«
Die Augen des Kapitäns blitzten scharf wie Messer. »Das ist längst Vergangenheit.«
»Ach ja?« Lazarus hielt das Säckchen hoch. »Dein Bericht, Jess. Die Halskette.«
Die Medici-Halskette. Kein Problem. »Elf Rubine, perfekt zueinander passend. Alle ohne Makel, bis auf den Stein in der Mitte. Der hat zwölf Karat und kann auf eine lange Geschichte verweisen. Die Legende besagt, dass er auf die Rajputen, eine indische Volksgruppe, bis ins neunte Jahrhundert zurückgeht. Der obere rechte Quadrant enthält einen kristallinen Einschluss, den man mit bloßem Auge erkennen kann. Der dritte von links stammt aus dem Diadem der Prinzessin von Navarra aus dem zwölften Jahrhundert. Die Halskette wurde 1480 für Lorenzo de Medici angefertigt. Louis Bolliard entnahm sie vor zwei Jahrhunderten dem Romanow-Schatz und verkaufte sie an einen Hehler in Genf, wo Whitby’s sie erstand. Als Ganzes ist sie auf dem Grauen Markt in London gute achttausend wert. Legal und in Einzelteilen würde sie weniger als sechs bringen, sobald drei identifizierbare Steine nachbearbeitet worden wären.«
Die Miene des Kapitäns war eiskalt. Jess hörte abrupt zu reden auf, als sie merkte, worauf Lazarus hinauswollte. Es ging gar nicht um die Halskette.
Lazarus sagte leise: »Ich habe unendlich viel Mühe in sie gesteckt, Kennett. Einer meiner wertvollsten Besitztümer. So eine wie sie habe ich nie wieder gefunden.«
Das klang in ihren Ohren, als wäre sie eine Taschenuhr. Aber so war das nicht. In den alten Zeiten hatten sie immer stundenlang miteinander geredet. Er hatte ihr alles beigebracht. Wie man Schlösser knackt. Wie man sich vom Dach abseilt. Wie man einen Einbruch plant.
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