Eine riskante Affäre (German Edition)
wieder weg sind.«
»Morgen früh werden sie packen und verschwinden. Dieses Kleid ist aus Paris, nicht wahr?«
»Madame Claudette, in der Rue de Rivoli.«
»Ich hätte es grässlich gefunden, Sie nicht ein einziges Mal im Leben in diesem besonderen Kleid zu sehen. Vermutlich tragen Sie nicht eine einzige Masche an sich, die nicht geschmuggelt ist.«
»Der Stoff ist aus Lyon. Höllisch illegal in England. Aus Rücksicht auf Ihre Bescheidenheit und dergleichen erspare ich Ihnen den Rest.« Unmöglich, diesem Mann mit der kalten Schulter zu begegnen. Anscheinend schaffte sie es nie über die ersten paar Worte hinaus. Sie berührte die Perlen. »Da Sie mit Christbaumschmuck handeln, dürfte das hier Ihr Interesse finden.«
Der Kapitän wusste, worauf er blickte. Das erkannte sie an der – ehrfürchtigen – Art, wie er seine Finger unter die Perlen gleiten ließ. Außerdem sah er sie nicht zum ersten Mal. » Mushajjar . Der Schleier des Sonnenaufgangs, von Elfenbein durchdrungen.«
»Ein lyrisches Volk dort unten am Golf.«
»Ich habe einmal Perlen wie diese gesehen … bei einem Empfang im Palast des Dogen in Venedig.« Er strich mit den Fingern die Perlen entlang, wobei er sie und die Haut darunter berührte und beides liebkoste. »Aber nicht so feine wie die hier. Ich habe sie bewundert, als ich gestern Ihr Schlafzimmer durchstöberte.«
Da war er wieder, ganz der Alte, und steuerte den Wagen der Unterhaltung über die Klippe.
»Mir gefällt, wie Sie Ihr Haar hochgesteckt haben, mit diesen verdrehten Zöpfen. Sieht einfach aus. Aber je länger man es betrachtet, desto komplizierter wird es. Wie Sie. Jedes Mal, wenn ich denke, dass ich Sie durchschaut habe, stoße ich auf das nächste Hindernis.«
Dabei war doch er der Unergründliche. Im Vergleich zu ihm war sie eine Portion klarer Butter. »Ich bewundere Männer, die wissen, welchen Wert diese Perlen haben, und trotzdem noch etwas Nettes über mein Haar sagen. Eigentlich hatte ich erwartet, mit dem Schmuck Ihren Händlerinstinkt geweckt zu haben, da Sie doch unter anderem mit dekorativen Raritäten handeln.«
»Nicht mit Raritäten wie diesen. Sind eine Nummer zu groß für mich.«
»Für mich auch, wenn wir ehrlich sind. Jedes Mal, wenn ich sie umlege, denke ich an die unchristliche Summe gebundenen Kapitals und muss mich schütteln. Auf jeden Fall jedoch verdient man mehr mit losen Steinen als mit kompletten Schmuckstücken. Gewinnspanne: dreißig Prozent. Bewundernswert.« Das hatte sie aus den Hauptbüchern bei Eaton’s. Nicht, dass sie gezielt auf der Suche nach seinen Gewinnen gewesen wäre, aber sie hatte einfach einen Blick darauf werfen müssen. »Und gehen auch noch weg wie warme Semmeln.«
»Danke. Jess, sind Sie schon mal auf den Gedanken gekommen, dass es nicht sehr taktvoll ist, mich daran zu erinnern, dass Sie in meinen Hauptbüchern herumgeschnüffelt haben?« Dabei lachte er sie an. Und zwar ausnahmslos mit den Augen, ohne auch nur einen Mundwinkel zu verziehen.
»Wie recht Se ha’m, Meister. ’n loses Maul hat schon manchem Langfinger und Radaubruder das Genick gebrochen.«
»Und Sie verzichten bitte darauf, den Gästen meiner Tante eine Kostprobe Ihres entsetzlichen Straßenjargons zu geben. Beugen Sie sich mal etwas vor. Ja, so.« Mit dem Zeigefinger folgte er dem Verlauf eines Zopfes um ihren Kopf.
»Löst er sich auf? Ich habe etwa eine Million Nadeln hineingesteckt. Würden Sie wohl aufhören, an meinen Haaren zu zupfen? Herrje, was ist, wenn jemand kommt?«
»Er wäre empört. Kommen Sie nur noch ein kleines Stückchen näher, dann wird man aus dem Staunen nicht mehr rauskommen.« Er zog sie von der letzten Stufe, und sie musste wieder zu ihm aufblicken. Ließ sich das denn gar nicht vermeiden? Dann sagte er: »Ich versuche herauszufinden, wie die Frisur gemacht wird.« Sie spürte seinen Atem auf der Stirn. Sein Finger strich über ihr Ohrläppchen.
»Durch Zauberei. Sie sollten nicht so dicht rangehen.« Seine Berührungen gefallen mir viel zu sehr. Allmählich gewöhne ich mich daran. Und schon bald werde ich nicht mehr ohne sie auskommen.
Jess legte ihre Hand auf seine Brust, stieß ihn jedoch nicht von sich. Sie hatte die Finger in sein Halstuch verwoben und rührte sich nicht. Beide taten so, als stünden sie am Rande einer Wüste und niemand außer Kamelen sähe ihnen zu. Im Haus wimmelte es nur so von Historikern und Sebastians Familie, und da war noch ein Dienstmädchen – eigentlich die Frau mit dem
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