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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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denn sie wußt'n, daß ich zuhöre.« Er sah aufmerksam zu seinem Gastgeber auf, während er seine Geschichte erzählte.
    »Na und?« Die Frage kam ziemlich ungeduldig.
    Avery atmete bedeutungsschwer. »Sie hab'n über Sie gesprochen, Mylord, und sie hab'n gesagt, daß Sie vielleicht der Geisterreiter sein könnten.«
    Erienne stockte vor Überraschung der Atem, und sie sah ihren Mann an, der einen Augenblick nachdachte und dann vor sich hin lachte.
    »Ich fand es auch komisch, Mylord«, meckerte Avery. »Denn soviel ich weiß, könn'n Sie gar nicht aufm Pferd sitzen, und dann sind Sie auch nicht gerade der Schnellste.« Er fuchtelte mit seiner Hand, um seine Erklärung richtig zu stellen und zeigte an seinen Kopf. »Nicht langsam hier oben, Sie verstehn mich, doch wo Sie so verkrüppelt sind … Na ja, scheint mir alles ziemlich weit hergeholt, zu denken, daß Sie wie'n Verrückter übers Moor reit'n würden.« Er nickte bekräftigend heftig mit dem Kopf. »Hab' das auch Seiner Lordschaft gesagt, doch dann hat er mich gefragt, was ich glaubte, wer es sein könnte, und da hab' ich auch keine Antwort gewußt.«
    In Lord Saxtons Stimme schwang verhaltener Spott, als er Avery fragte: »Und Sie konnten Lord Talbot von meiner Unschuld überzeugen?«
    »Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, aber wenn Sie beweis'n könnt'n, wo sie letzte Nacht war'n. Das könnte uns schon weiterhelf'n.«
    »Warum gerade letzte Nacht?« fragte sein Gastgeber.
    »Der Reiter hat nachts ein weiteres Opfer gefunden, diesmal war's der alte Ben. Hat ihn als lebloses Bündel an der Hintertür vom Gasthof zurückgelassen.«
    Eriennes Hand fuhr erschreckt an den Hals. Von Lord Saxton kam nur ein lähmendes Schweigen. Fast unberührt fragte er: »Wie können Sie sicher sein, daß es der Geisterreiter war, der Ben ermordet hat? Hat ihn jemand gesehen?«
    Avery nahm eine gewichtige Haltung an. »Dieser verdammte Schuft hat den alt'n Ben genauso abgemurkst wie Timmy Sears. Genau in die Brust gestochen un' dann die Kehle durchgeschnitt'n. So hat er ihn lieg'n gelass'n.«
    Erienne erschauderte, und sie wandte ihr Gesicht ab.
    »Verschonen sie uns mit den Einzelheiten, Mann«, befahl Lord Saxton barsch. Er goß etwas Sherry in ein Glas und reichte es seiner Frau. »Hier, das wird Ihnen gut tun.«
    »Muß wohl am Essen lieg'n«, stellte Avery mit einem väterlichen Lachen fest. »Ich hab' das Ding jedenfalls nich' so erzog'n, daß sie gleich weiche Knie kriegt.« Er schielte mit einem verschmitzten Lächeln zu dem Lord. »Es sei denn, natürlich, Sie hätt'n da was Kleines angesetzt, was jetzt in ihr'm Bauch wächst.«
    Lord Saxton drehte sich blitzschnell zu seinem Schwiegervater um. Fast schien es, als ob die Maske einen drohenden Gesichtsausdruck annehmen würde, denn angesichts des furchterregenden Blickes hüstelte Avery und sah auf seine Füße, die auf dem Steinboden unruhig hin und her rutschten.
    Erienne kämpfte mit dem schrecklichen Bild von Ben, wie er leblos und blutig dalag. Obwohl sie blaß war und zitterte, sah sie ihren Vater fest an und sprach mit Bedacht. »Lord Saxton … war letzte Nacht … bei mir. Er … kann … nicht der … Geisterreiter sein.«
    Avery zog die Schultern gleichgültig in die Höhe. »Ich hab' mir das nicht ausgedacht. Doch ich werd' dem Sheriff sag'n, daß Seine Lordschaft die ganze Nacht mit dir verbracht hat.«
    Erienne öffnete schon den Mund, um die Aussage richtig zu stellen, doch dann schloß sie ihn wieder. Ihr Mann sah sich nach ihr um, als rechne er damit, daß sie sprechen würde. Er war erstaunt, als sie stumm blieb.
    Farrell hatte mit hingerissener Aufmerksamkeit beobachtet, wie der Sherry in dem Kristallkrug leicht hin und her schwappte. Zeitweilig war seine Zunge der Bewegung gefolgt und über seine ausgetrockneten Lippen gestrichen, während er das köstliche Nass schon zu schmecken wähnte. Die Fahrt von Mawbry war lang und ziemlich unbequem gewesen, und er hatte unterwegs einen gehörigen Durst entwickelt. In letzter Zeit hatte ihm stets das Kleingeld gefehlt, etwas anderes als nur das allerbilligste Bier zu kaufen, und außerdem brauchte er dringend etwas, das ihm die Kälte aus den Knochen vertrieb.
    »Ah … Lord Saxton … würde es Ihnen sehr viel ausmachen, wenn ich Sie bäte, noch ein Glas zu füllen?«
    Stuart wendete seinen Blick dem jungen Mann zu, der zögernd auf den Kristallkrug zeigte. Die Augen hinter der Maske wanderten über die zerlumpten Kleider und das schmutzige Hemd.

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