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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Hand nach der seinen ausgestreckt, um ihn
festzuhalten. Sie machte ihm keine Vorwürfe. Sie sagte, es sei alles gut. Chadh
hätte schockiert darüber sein müssen, dass sich Juno ihren Tod wünschte und
damit leben konnte, zu sterben. Er selbst hatte es schon viele Male provoziert
und war doch jedes Mal davon gekommen. Er hatte getötet, aber ihm war noch nie
untergekommen, dass sein Opfer sich damit einverstanden erklärte, wie Juno es
tat. Sein Puls raste und beschleunigte sich noch mehr. Die Bestie wollte
unbedingt hinaus. Sie brüllte und tobte, versuchte den menschlichen Käfig zu
sprengen, in den es gesperrt war. Doch dann erklang eine gesungene Melodie, die
es aufhorchen ließ und im Kampf gegen seinen Wirt inne hielt. So etwas Schönes
und Wunderbares hatte es noch nie gehört.
    Der Kampf,
der in ihm tobte, schien sich stundenlang hinzuziehen, obwohl sicher nur ein
paar Minuten verstrichen waren. Ihm war der Schweiß ausgebrochen und sein Atem
ging schneller und schneller, doch Juno wich keinen Millimeter zurück, fuhr
fort, auf ihn einzureden und für ihn zu singen.
Es hätte ausreichen müssen, um ihn ruhig zu stellen, aber er stöhnte und wand
sich weiter. Juno wurde mit einem Mal klar, dass er weitere Hilfe brauchen
würde. Sie war von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er war keines der
Kinder, denen sie schon geholfen hatte, er war erwachsen und womöglich schlecht
versorgt. Er hatte Hunger und brauchte Blut, um wieder zu sich selbst zu
finden.
Juno löste eine Hand von seinem Gesicht und schob sie ihr Hosenbein entlang, um
es hochzuziehen und den geweihten Dolch aus dem Schaft des Stiefels zu ziehen,
den sie zu ihrer Verteidigung eingesteckt hatte. Sie verließ sich nicht nur auf
ihre stimmlichen Fähigkeiten, sie hatte aber nicht vor, Chadh damit zu
verletzen. Sie brauchte etwas, um sich in die Handfläche zu schneiden, weil sie
sich nicht selbst den Puls zerbeißen würde. Sie hatte ihre Fänge noch niemals
benutzt und hatte es bisher immer geschafft, ihre Bildung zu unterdrücken.
Nicht einmal der größte Hunger veranlasste sie, diesem Drang nachzugeben. Die
Handfläche, in die sich der Skarabäus eingebrannt hatte, war immer noch nicht
richtig verheilt, so dass Juno nicht zögerte, sich tief ins Fleisch zu
schneiden, um dann eine Faust zu bilden und ihr Blut aus der Wunde zu pressen,
dass sie ihm auf die Lippen tropfen ließ.
Sie schloss die Augen und ergab sich einfach dem Schicksal.
Es war nicht seine Schuld. Und vielleicht sollte es so geschehen, dass sie in
dieser Nacht aufeinander trafen, damit er ihrem Leben ein Ende bereiten konnte.
Er würde ihr damit wahre Freiheit schenken und beenden, was sie vor Jahren
nicht geschafft hatte. Es musste ihm nicht leidtun…
Juno summte eine leise Melodie aus ihrer Kindheit, während ihr Blut weiter in
seinen halbgeöffneten Mund tropfte. Der Strom floss beständig und würde
entweder dem Mann oder der Bestie genug Leben einhauchen, um den Kampf gegen
sich selbst zu gewinnen. Neue Tränen quollen aus ihren Augen und fielen von
ihren langen Wimpern auf seine Stirn, wo sie sich mit den kleinen Schweißperlen
vermischten, die sich dort gebildet hatten. Und dennoch lächelte Juno, weil
sein minziger Duft erneut die Luft zwischen ihnen ausfüllte. Wenn es das Letzte
war, das sie wahrnahm, war es wenigstens etwas Schönes und Reines.
    Juno.
Chadh versuchte, aus der Dunkelheit wiederaufzutauchen und die Oberhand zu
bewahren. Allerdings war er jetzt durch den weiteren Kontrollverlust so
geschwächt, dass er sich nicht richtig zu orientieren wusste, um zurück an die
Oberfläche zu kommen. Das Tier gab ihn gewöhnlich von selbst frei, wenn es müde
war und genug gewütet hatte.
Nach wenigen Augenblicken und heftigen Atemzügen konnte er schon wieder ihre
zarten Finger auf seinen Wangen spüren. Die federleichte Berührung ihrer Haare
in seinem Gesicht. Aber noch hatte er nicht gewonnen. Die Ruhe, die langsam
aber sicher in seinen Körper einkehrte, konnte trügerisch sein. Oh, wie
wundervoll sie war. Mit besonderen Gaben gesegnet, deren Schönheit er nicht
verdient hatte. Nicht verdienen wollte und doch: Chadh hungerte nach ihren
Zuwendungen und die Bestie brüllte erneut, als sie die Nähe aufgab, um…
Oh Gott!
Die ersten Tropfen ihres Blutes benetzten seine Lippen. All seine Sinne standen
plötzlich auf Sturm. Lichterloh brennend wie ein Streichholz, das sie entzündet
hatte. Zusammen mit dem Blut, diese Köstlichkeit, die ihn und das Tier in sich
dazu

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