Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
Vom Netzwerk:
übersetzte das Gespräch für seine Mutter, die nicht wusste, wer Clive war. Ich suchte ihren Blick bei meiner Erklärung. »Ich bin Leihmutter für meine Schwester und ihren Ehemann.« Dann wandte ich mich wieder Everett zu, um die Sache klarzustellen. »Also ist zwar Clive der Vater, aber Mackie ist die Mutter.«
    Everett sah erleichtert aus, und seine Mutter war entzückt. »Sie müssen ein sehr guter Mensch sein«, stellte sie dann fest.
    »Ich versuche wirklich mein Bestes, Mrs. Tierney.«
    Es war eine gute Schlussbemerkung, und ich wusste, dass es Zeit war zu gehen. Das Gespräch würde gleich wieder erlahmen. Es am Laufen zu halten war, als versuchte man, bei totaler Flaute einen Drachen steigen zu lassen.
    Im nächsten Augenblick hatte ich es hinaus auf den Parkplatz geschafft und ging auf Mackies Auto zu – Mackies kaputtes Auto – und merkte bei jedem Schritt, dass mir schwindelig war. Als ich die Tür erreichte, durchschoss mich der Gedanke, dass ich in Ohnmacht fallen könnte. Und da erblickte ich mein Spiegelbild in der Fensterscheibe: aus den Haarnadeln gerutschte Locken, die wie Schlangen in sämtliche Richtungen abstanden, der Kragen komplett schief und zum Teil unter dem Jackett eingeklemmt, Mascara vom Weinen in meinem ganzen Gesicht verschmiert.
    Ich wollte nicht in Ohnmacht fallen. Ich wollte nicht auf dem Parkplatz von Everett Thompsons Mutter das Bewusstsein verlieren, Bauch nach oben, wie ein gestrandeter Wal. Ich lehnte mich an die Tür und steckte den Schlüssel ins Schloss. Dabei vergaß ich natürlich, während ich bei Bewusstsein zu bleiben versuchte, dass ich das nie, nie tun durfte.
    Die Alarmanlage des Autos ging sofort los: eine Sirene, so laut und verzweifelt, dass es geradezu der Urklang von Panik war. Mein Schicksal war tatsächlich besiegelt, seitdem ich den Wagen geparkt hatte, denn durcheinander, wie ich gewesen war, hatte ich dort schon abgesperrt.
    »Scheiße!« Meine Gedanken überschlugen sich nach einer Möglichkeit, das Ganze abzustellen.
    Doch es gab keine. Das wusste ich. Genau davor hatte Mackie mich gewarnt. Was sollte ich tun? Unter Sirenengeheul nach Hause fahren? Ich stieg ein und machte mich daran, die Türen ab- und aufzusperren, jeden Schalter zu betätigen und den Motor anzulassen. Ich glaube, ich öffnete sogar die Motorhaube und den Benzintank.
    Erst als Everett auftauchte und an die Fahrerscheibe klopfte, wurde mir klar, dass es am besten gewesen wäre, unter Sirenengeheul wegzufahren. Wenigstens wäre ich dann von dem Parkplatz weggekommen. Doch da stand er nun und bot seine Hilfe an – hauptsächlich, um entgegenkommend zu sein, aber möglicherweise vielleicht auch, um sich ein wenig an meiner Demütigung zu weiden. Ich wollte ihn nicht ansehen – oder auch nur seine Anwesenheit zur Kenntnis nehmen –, aber die Sirene war so laut, dass ich gezwungen war, ihm von den Lippen abzulesen. Er rief etwas, das ich nicht hören konnte.
    Ich öffnete die Tür einen Spalt.
    »Brauchst du Hilfe?«, war, was er sagte.
    »Ich kann das nicht abstellen!«, schrie ich.
    »Drück auf den Ausschalteknopf!«, sagte er und griff nach den Schlüsseln.
    Ich sah ihn nach dem Motto Was du nicht sagst an. »Der ist kaputt!«
    »Lass es mich versuchen!«, rief er.
    Dann spürte ich seine Hände an meinen Hüften, und er zog mich über den Fahrersitz zu sich und schob mir behutsam – mit Rücksicht auf den Bauch – seine Arme unter meine, um mich aus dem Auto zu heben. Als ich stand, nahm er die Schlüssel, glitt an mir vorbei und drehte den Zündschlüssel dreimal kurz hintereinander. Der Alarm verstummte.
    In der ersten Minute war die Stille ein zu großer Schock, als dass man ihr hätte trauen können. In jener kurzen Pause dachte ich an meinen schiefen Kragen, meine wilden Haare und meinen verschmierten Mascara. Und obwohl ich wusste, dass es hoffnungslos war, wischte ich mir mit den Fingern unter den Augen herum. So hatte ich zumindest etwas zu tun.
    Als Everett sich aufrichtete und mich sah, zog er ein großes Taschentuch hervor und reichte es mir. Es musste schon tausendmal gewaschen worden sein, denn es war weich wie Wildleder.
    »Keine Sorge«, sagte er. »Es ist sauber.«
    Als Nächstes probierte ich also das Taschentuch aus – auch wenn jede Frau, die jemals Mascara weggewischt hat, weiß, dass ein trockenes Tuch kein bisschen besser funktioniert als trockene Finger. Doch auf diese Weise vermied ich es, zu Everett aufzusehen.
    Während er darauf wartete, sein

Weitere Kostenlose Bücher