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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
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es ihr nach. Sie holte ein zweites Mal tief Luft, wurde dann jedoch von je mandem hinten abgelenkt. »O nein, Süße!«, rief sie der Frau zu. »Du musst deine Ringe nicht abnehmen. Schmuck gibt eine tolle Waffe ab.«
    Sie fing wieder von vorne an. »Tja, wir alle mögen Männer. Und keine von uns kämpft gern. Doch ich weiß, dass mir hier niemand widersprechen wird, wenn ich sage, dass wir Ladys es ab und zu im Leben wirklich nötig haben, jemandem in den Arsch zu treten.«
    Ich hatte Dixie noch nie zuvor ein Schimpfwort sagen hören. Ich hatte erlebt, wie sie von dem bestickten Kissen erzählte, das sie für die Shih-Tzu-Spendenauktion anfertigte. Ich wusste, wie sie die Zitronenplätzchen beschrieb, die sie immer zu Weihnachten backte. Ich hatte sie von den eingemachten Birnen ihrer Großmutter schwärmen gehört. Doch die Schimpfwörter waren neu. Und selbst nachdem ich es gerade erlebt hatte, schien es mir immer noch unmöglich.
    Dixie fuhr fort: »Und das bringt mich zu einem der Mottos unseres Kurses – einem Satz, den ihr euch wieder und wieder sagen solltet. Flüstert ihn euch im Lebensmittelgeschäft zu. Singt ihn unter der Dusche. Klebt euch den Aufkleber aufs Auto. Seid ihr bereit? Hier kommt er: ›Fick dich ins Knie!‹«
    Das Wort fick aus Dixies Mund zu hören war beinahe zu viel für mich. Es war ein furchtbares Wort. Doch durch ihr näselndes Texanisch gefiltert, bekam es eine zweite Silbe und wurde beinahe melodiös.
    Sie nickte uns zu. »Sagt es mir jetzt nach. Versucht’s.«
    Und wir sagten es. »Fick dich ins Knie.« Doch bei uns klang es nicht halb so gut.
    »Gut«, sagte sie. »Das ist die Art von Mut, die ihr Mädels einüben sollt.« Sie lehnte sich vor und fing mit etwas Stretching an, und wir alle machten es ihr nach. »Wie viele von euch sind schon mal bedroht worden?«, fragte sie, und jede einzelne Anwesende hob die Hand. »Stimmt«, sagte Dixie. »Du kümmerst dich bloß um deine Angelegenheiten, bist im Hauskittel beim Tanken und denkst über den Anruf von deiner Mutter nach, da beschließt ein Kerl in einem Pick-up, dir einen kleinen Schreck einzujagen. Dies sind die Zauberworte, die ihr beispielsweise denken und ihm – falls nötig – zuschreien werdet, um eure Kraft zu sammeln. Versuchen wir es noch einmal.«
    »Fick dich ins Knie«, riefen wir im Chor.
    »Ich bin keine Anhängerin schlimmer Wörter«, sagte Dixie. »Aber Wörter sind stark und mächtig. Und wenn ihr sie braucht, solltet ihr sie parat haben.«
    Dann erklärte sie uns, dass wir heute nur Folgendes üben würden: erstens fluchen – und zweitens schreien. Im restlichen Kurs würde es dann darum gehen, wie man Männer verprügelte: Wie sich ihre Größe und Kraft gegen sie einsetzen ließ, wie man ihre Schwachstellen identifizierte, sie überlistete und – ebenso wichtig –, wie man in sich selbst den Willen fand, sich zur Wehr zu setzen und weiterzukämpfen, bis der Angreifer entweder gelähmt, bewusstlos oder tot war.
    Doch das käme später. In der heutigen Stunde – von der sie behauptete, dass es die schwierigste von allen sei – ging es lediglich um Worte.
    Dann ließ sie uns fluchen. Sie klatschte in die Hände und sagte: »Also gut, Ladys! Aus vollem Hals!« Dann brüllte sie uns an – einfach so – und verwandelte sich in zwei Se kunden von der freundlichen Oma zum durchgeknallten Ausbildungsunteroffizier. Wir fingen mit »Nein!« an und arbeiteten uns hoch.
    »Was sagen wir, wenn jemand versucht, uns zu pa cken?«, rief sie.
    Unsere Aufgabe bestand darin, »Nein!« zu rufen.
    »Was sagen wir, wenn jemand uns wehtun will?«
    »Nein!«
    »Was sagen wir jedem, der glaubt, er kann uns vorschreiben, was wir zu tun haben?«
    »Nein!«
    »Sagt es, als würdet ihr es auch so meinen!«
    »Nein!«
    »Sagt es für euch! Sagt es für eure Freundinnen! Sagt es für all die Frauen auf der Welt, die nicht wissen, wie’s geht!«
    »Nein! Nein! Nein!«
    Und das war erst der Anfang. Zuerst versuchte ich, bloß die Lippen zu bewegen, wie ich es im Schulgottesdienst beim Singen der Kirchenlieder getan hatte. Ich wollte nicht die Einzige sein, die sang, die einzelne falsche Stimme. Doch Dixie schuf solch eine Kraft in dem Kurs, solch ein Gefühl gemeinsamer Empörung, solch eine Ich-bin-eine-Frau-hör-mich-brüllen- Entschlossenheit, dass es unmöglich war, sich nicht davon mitreißen zu lassen.
    Sie feuerte uns an, so laut wir nur konnten zu brüllen. Sie wollte, dass unsere Gesichter rot anliefen und unsere

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