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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
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anzukaufen. Und dabei würde uns unser Spender helfen – und zwar für mehr als den geforderten Preis. Falls wir die Schuldverschrei bung durchsetzen sollten.
    »Was wird auf dem Wahlzettel stehen?«, fragte ich.
    »Die Frage können wir nicht verfassen«, sagte Barbara. »Aber wir haben folgende Formulierung vorgeschlagen: ›Soll die Stadt ihre historische Carnegie-Bibliothek bewahren, indem sie einer Schuldverschreibung über Gelder zustimmt, um sie vor dem Abbruch zu retten?‹«
    »Dafür würde ich stimmen«, sagte ich.
    »Tun Sie das«, meinte Barbara.
    Der Denkmalschutzverein wollte Folgendes von mir: Ebenjener Spender hatte Gelder für PR vorgesehen, und sie wollten, dass ich Plakatwände entwarf. »Sie müssen den geplanten Abriss der Bibliothek für uns publik machen«, sagte Barbara. »Wir wollen, dass Sie die Menschen für uns begeistern und dafür sorgen, dass sie sich in ihre Bibliothek verlieben.«
    »Liebe ist nicht wirklich mein Spezialgebiet«, sagte ich.
    »Aber die Werbung schon«, entgegnete Barbara.
    »Ziehen Sie ihr einen BH an, wenn es sein muss!«, rief Howard aus dem anderen Zimmer.
    Barbara wandte sich mir ernst zu und nickte zustimmend. »Ziehen Sie ihr einen BH an, wenn es sein muss.«
    An dem Abend schleppte ich Howards Bildband mit nach Hause, legte ihn mir auf den Bauch, der sich zu einem prima Tisch entwickelt hatte, und schaute mir jede einzelne Seite an. Ich blieb bis zwei Uhr morgens auf, las, lernte und machte mir Notizen. Ich war mir nicht sicher, wen genau ich beeindrucken wollte, doch ich ließ keine einzige Seite aus. Es tat mir gut zu lesen und nachzudenken, und mein wissensdurstiges Gehirn verschlang die Wörter und Bilder, bis mir die Augen von selbst zufielen.
    Als ich einschlief, hatte ich alles über Carnegie-Bibliotheken gelernt, was man nur lernen kann, wenn man nach Mitternacht wach ist: Es gab mehr als sechzehnhundert Stück in den Vereinigten Staaten in so ziemlich jedem Bau stil, den man sich nur vorstellen kann – von spanischem Kolonialstil bis hin zu Beaux-Arts und Neoklassizismus –, und sie waren alle um die Jahrhundertwende zum zwanzigsten Jahrhundert erbaut worden. In den vergangenen fünfzig Jahren hatte man viele abgerissen, in Gemeindezentren umgewandelt oder bis zur Unkenntlichkeit modernisiert .
    Das Buch war wie eine Enzyklopädie. Es führte alles auf, was über jede erbaute Bibliothek bekannt war. Obwohl die Carnegie Corporation die Grundrisse sämtlicher Bibliotheken weggeworfen hatte, waren viele genau do kumentarisch belegt und fotografiert worden. Ich sah mehr Baustile, als ich für möglich gehalten hätte, und mehr Bibliotheken, als meine Augen glauben konnten. Außer einer: In diesem erschöpfend umfassenden Buch fehlte ausgerechnet die Carnegie-Bibliothek, die wir zu retten versuchten. Das Buch führte die anderen beiden auf – diejenige, die immer noch am Heights Boulevard florierte, wie auch diejenige, die 1954 von der Stadt abgerissen wurde –, aber unser kleines gefährdetes Gebäude war vergessen worden. Ich hatte gehofft, meine neuen Kollegen mit meiner Detailkenntnis des Bauwerks zu verblüffen. Stattdessen musste ich mich mit willkürlichen Fakten über die anderen Carnegie-Bibliotheken zufrieden geben. Ich war empört, dass die Herausgeber dieses Wälzers sie übersehen hatten. Hoffentlich war das kein schlechtes Omen.
    Ich erzählte Howard am Morgen davon – stolz auf mich, als hätte ich wirklich gute Detektivarbeit geleistet. Wie eine schwangere Nancy Drew.
    Eigentlich hatte ich gehofft, ihn zu beeindrucken, doch er war zu beschäftigt, um sich mein neu erworbenes Wissen überhaupt anzuhören. Alle waren beschäftigt. Später fand ich heraus, dass die Mitarbeiter im Büro an einem Besichtigungstag immer ganz außer sich waren, weil sie das jeweilige Gebäude sehen würden. Besonders an diesem Morgen, weil die Bibliothek in den Medien derart viel Beachtung fand und daher – auch wenn keiner es aussprach – so viel Hoffnung gehegt wurde.
    Als ich Howard sah, hielt ich das Buch mit beiden Händen hoch. »Unsere Bibliothek ist nicht hier drin.«
    Er trug zwei Fotoapparate, ein Stativ, einen Laptop und einen Starbucks Venti. »Na und?«, meinte er.
    »Man hat uns vergessen«, sagte ich kurz und bündig und wartete darauf, dass er mir eine Erklärung dafür geben würde. Irgendwie fühlte es sich nach einer großen Entdeckung an. Als müsste er es wenigstens als interessant einstufen.
    Doch Howard verlangsamte nicht einmal

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