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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
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dass die Erfahrung, vor diesem prächtigen, etwas vernachlässigten Gebäude zu stehen, den Wunsch in mir weckte, ein besserer Mensch zu werden.
    Drinnen versammelten wir uns um die Bibliothekarinnen, die uns entzückende kleine Eigenarten an dem Gebäude zeigten. Eine Regalwand ließ sich drehen und gab eine Geheimtür frei. In einem Wandschrank befand sich eine Treppe, die zum Witwensteg hinaufführte. Es gab eine sonnige Nische, in der laut Berichten von Kindern häufig eine lesende Geisterlady zu sehen war.
    »Eine Geisterlady?«, fragte jemand.
    Die Bibliotheksleiterin nickte. »Sie ist berühmt bei den Kindern, aber noch nie hat ein Erwachsener sie gesehen.«
    Ich sah zu dem Fenstersitz in der Nische. Wäre ich eine Geisterlady, würde ich mich auch genau dort niederlassen.
    Die Leiterin hatte siebenundzwanzig Jahre dort gearbeitet. Sie freute sich, uns alle kennenzulernen, und ganz besonders, als Howard ihr mich als unsere Werbe-Expertin vorstellte.
    »Ihr unterliegen die Plakate«, sagte er, und die Bibliotheksleiterin hob anerkennend die Augenbrauen.
    Doch ich wollte nicht die Werbe-Expertin sein. Dieses Leben hatte ich schließlich hinter mir gelassen und mich davon losgesagt. Ich war dabei, mich zu bessern. War ich nicht eben die ganze Nacht aufgeblieben und hatte gelesen? Versuchte ich nicht, ein besserer Mensch zu werden? In dem Augenblick überkam mich der jähe Wunsch, ihr – und allen dort – zu zeigen, dass ich dazugehörte, wenigstens ein bisschen.
    Mir wurde erst bewusst, wie gestelzt meine Worte klangen, als ich mich selbst reden hörte: »Sie haben hier eine wunderschöne Carnegie-Bibliothek.«
    Im Anschluss herrschte ein seltsames Schweigen. Zuerst dachte ich, dass jeder schwieg und den Kopf schüttelte angesichts meines kläglichen Versuchs, nicht wie jemand zu klingen, der tags zuvor zum allerersten Mal von Carnegie-Bibliotheken gehört hatte. Doch es stellte sich heraus, dass das Schweigen einen anderen Grund hatte. Die Bibliothekarinnen sahen erst mich an und dann uns alle, als trauten sie ihren Ohren nicht.
    »Eine Carnegie-Bibliothek?«, fragte die Leiterin. Ich stand schon kurz davor, all mein neues Wissen auszupacken und ihr einen kleinen Schnellkurs zur Geschichte ihres Gebäudes zu geben, doch da meinte sie: »Das hier ist keine Carnegie-Bibliothek.«
    Ich hätte »Ist es nicht?« gesagt, wäre Howard mir nicht zuvorgekommen.
    Die Bibliothekarinnen fanden es unglaublich, dass wir das nicht wussten. Waren wir denn nicht der Denkmalschutzverein? War es nicht unsere Aufgabe zu wissen, was was war? Die Menschen, die diese Bibliothek erbauten, hatten Unterstützung von Carnegie beantragt und wurden abgewiesen. Sie hatten sich eine Bühne für Theateraufführungen gewünscht, eine Art Lyceum (die Bibliotheksleiterin lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Bühne an der Vorderseite des Raumes), und Carnegie war dagegen gewesen.
    »Carnegie hat Nein gesagt?«, fragte Howard.
    »Carnegie hat Nein gesagt«, bestätigte die leitende Biblio thekarin.
    »Sie wird als Carnegie-Bibliothek aufgeführt«, sagte Howard daraufhin.
    »Tja«, sagte die leitende Bibliothekarin, »dann wird sie falsch aufgeführt.«
    »Wenn Carnegie sie nicht erbaut hat«, fragte jemand anders, »wer denn dann?«
    An dieser Stelle hielten die Bibliothekarinnen inne und lächelten einander auf eine Art zu, die uns ahnen ließ, dass wir gleich eine gute Geschichte zu hören bekommen würden: Ein junger Arzt aus Houston namens Emmet Frost hatte sich in eine Frau verliebt, deren Lieblingsbeschäftigung das Lesen war. Sie hieß Minnie Sadler und war ein Gründungsmitglied des viertältesten Buchklubs in Texas, der 1909 entstand.
    Howard und Barbara warfen einander einen Blick zu. Es war ihnen anzusehen, dass auch ihnen das alles neu war.
    Die Leiterin fuhr fort: Dr. Frost hielt um Minnies Hand an, doch sie wies ihn ab, und er verließ die Stadt mit einem gebrochenen Herzen. Binnen eines Jahres erkrankte er an Gelbfieber und legte, sich seines unmittelbar bevorstehenden Todes bewusst, in seinem Testament eine Spende von zehntausend Dollar für den Bau der Bibliothek fest. Er berief Minnie und die anderen Damen des Buchklubs in den Stiftungsrat der Bibliothek. Sie überwachten die Bauweise und Errichtung, komplett mit ihrem Lyceum und einem besonderen Zimmer für ihren Buchklub. Es gab eine alte Geschichte, dass Dr. Frost dem Maurer per Post den Verlobungsring, den er Minnie gekauft hatte, zuschickte und dieser ihn irgendwo im

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