Eine skandalöse Braut
Ihr diesen Fehler machen würdet.«
»Nun, jetzt weiß er jedenfalls, wie groß mein Interesse an Amelia ist.« Er klang bedauernd. »Es verändert die Spielregeln, um es vorsichtig auszudrücken.«
Er war zu ihrem Vater gegangen und hatte um ihre Hand angehalten, ohne ihm zu sagen, dass eine Hochzeit notwendig war. Sie brauchte keine Übersetzung, um zu diesem Schluss zu kommen. »Ich fürchte, Ihr macht Euch bloß eines allzu sehr um Korrektheit bedachten Gewissens schuldig, Mylord«, sagte Amelia ruhig. Sie war sich der Menschen bewusst, die an ihnen vorbeiströmten, weshalb sie ihre Worte mit Bedacht wählte. »Ich weiß es jedenfalls zu schätzen, dass Ihr versucht habt, seine Erlaubnis zu bekommen.«
Sein charmantes Lächeln war reuevoll. »Ein überaus erfolgloses Unterfangen, so viel steht jetzt fest.«
Vielleicht war er erfolglos gewesen. Aber sie war gerührt, weil er es für sie auf sich genommen hatte und eine zweifellos unangenehme Szene über sich hatte ergehen lassen.
»Dürfte ich wohl vorschlagen, diese Diskussion an einem Ort fortzusetzen, der etwas privater ist als eine öffentliche Straße? Lord Alexander, dürfen wir Euch zu Eurem nächsten Ziel mitnehmen?« Tante Sophia erspähte zwei Frauen, die vor dem Laden stehen geblieben waren. Sie waren nicht allzu weit weg und tuschelten unverfroren miteinander. »Da drüben stehen Lady Drury und ihre Tochter. Dieses Treffen wird nicht unbemerkt bleiben.«
»Wenn man mich sieht, wie ich in Eure Kutsche steige, Lady McCay, werdet Ihr für alles mitverantwortlich gemacht. Deshalb danke ich Euch, aber nein, ich habe meine eigene Kutsche mitgebracht.«
Tante Sophia warf ihm einen fragenden Blick zu. »Und wie geht es jetzt weiter?«
»Ich werde Eure Nichte entführen.«
Was hat er da gerade gesagt? Amelia starrte ihn einfach sprachlos an.
Auf dem Gesicht ihrer Tante machte sich ein zufriedenes Lächeln breit. »Eine großartige Idee, Lord Alexander. Ich würde mir direkt wünschen, selbst auf die Idee gekommen zu sein. Aber wartet – ich glaube, das bin ich sogar.«
»Euer kluger Ratschlag wird gebührend gewürdigt, Mylady.« Er verneigte sich leicht und wandte sich an Amelia, um ihr die Hand zu reichen. »Was denkst du, meine Liebe? Ich könnte dich theatralisch über meine Schulter werfen, glaube ich. Aber ich muss zugeben, mir schien dieses Vorgehen für die beteiligte Dame immer etwas würdelos.«
»Du kannst keine Frau entführen, die gerne mit dir kommt«, erwiderte Amelia. Sie konnte nur mühsam dem Drang widerstehen, sich ihm in die Arme zu werfen. Der öffentliche Platz und die begierig herüberstarrende Lady Drury hinderten sie daran. Stattdessen streckte sie die Hand aus. Er legte seine Finger um ihre.
»Dann werden wir partnerschaftlich dieses üble Spiel betreiben«, sagte er leise.
»Das klingt absolut perfekt.« Obwohl um sie die Fußgänger hin und her eilten und Tante Sophias Kutscher sie fasziniert beobachtete, trat sie zu ihm und strich die verlockende dunkle Strähne aus seinem Gesicht.
Er lächelte, aber in seinen dunklen Augen lag eine neue Ernsthaftigkeit. »Es wird kein Zurück geben, wenn du jetzt mit mir gehst.«
»Das ist perfekt«, flüsterte sie und meinte es aus ganzem Herzen.
21
Sophia hatte die Hand schon zum Klopfen erhoben, als sie zögerte und ihrem Begleiter zuflüsterte: »Habe ich schon erwähnt, wie glücklich ich bin, dass du zur Stelle bist, um mich zu begleiten?«
»Schon einige Male, meine Liebe.« Richard klang wie gewohnt ruhig und gefasst. Er wirkte auch so und sah in seiner schwarzen Reithose und dem grauen Mantel makellos aus. Der Schnauzbart und die silbernen Haare waren gepflegt. »Ich würde in jeder nur denkbaren Lage gerne an deiner Seite stehen. Auch dann, wenn du mit dem Zorn deines Schwagers zu rechnen hast.«
»Das ist gut zu wissen«, murmelte Sophia düster. »Er wird sehr wütend auf mich sein.«
»Dann ist es das Beste, wir bringen es schnell hinter uns. Erlaubst du?« Richard klopfte kurz an der herrschaftlichen Eingangstür, und schon wenige Augenblicke später wurden sie zu Hathaways Arbeitszimmer geführt.
Es war ja schön und gut, die freundliche Ehestifterin zu spielen, und sie bereute es bisher nicht, Amelia mit St. James ziehen gelassen zu haben, ohne auch nur leise zu protestieren. Wenn sie ehrlich war, hatte sie die beiden ja sogar zu diesem Schritt ermutigt. Aber sie scheute sich, Stephen Patton zu berichten, dass seine Tochter weggelaufen war, um gegen seinen
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