Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Spur von Verrat

Eine Spur von Verrat

Titel: Eine Spur von Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Monk zu gehorchen, und tat dies instinktiv, wenn auch ohne zu begreifen.
    »Ich bin nicht mehr im Dienst.« Monk wagte nicht, ihm eine Lüge aufzutischen.
    Nun war Markham völlig entgeistert.
    »Nicht mehr im Dienst!« Er stand da wie ein fleischgewordenes Fragezeichen. »Nicht mehr – nicht mehr im Dienst?«
    »Hab mich selbständig gemacht«, erklärte Monk und schaute ihn unverwandt an. »Am Montag muß ich zum Carlyonprozeß wieder in Old Bailey sein, aber vorher brauche ich nach Möglichkeit diese Fakten.«
    »Wozu, Sir?« Markham hatte größten Respekt vor Monk, doch er hatte auch von ihm gelernt und wußte, daß man ohne die entsprechende Glaubhaftmachung weder blind auf ein Wort vertraute noch Anweisungen von Personen entgegennahm, die keinerlei Machtbefugnis besaßen. Früher hätte Monk ihn dafür gnadenlos getadelt.
    »Zu meiner eigenen Beruhigung«, sagte der so ruhig wie möglich. »Ich will sicher sein, daß ich mein Bestes getan und mich nicht geirrt habe. Außerdem möchte ich versuchen, die Frau wiederzufinden.« Zu spät wurde ihm klar, daß er sich verraten hatte. Entweder hielt Markham ihn jetzt für dumm, oder er glaubte, daß Monk sich einen dämlichen Scherz mit ihm erlauben wollte. Er spürte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren drang und auf der Haut unangenehm kalt wurde.
    »Mrs. Ward?« meinte Markham überrascht.
    »Richtig. Mrs. Ward!« Monk schluckte. Sie mußte noch am Leben sein, sonst hätte Markham anders reagiert. Er konnte sie tatsächlich finden!
    »Sie haben keinen Kontakt mehr zu ihr, Sir?« Markham legte die Stirn in nachdenkliche Falten.
    Monk war derart erleichtert, daß ihm die Worte in der Kehle steckenblieben. »Nein.« Er schluckte noch einmal und räusperte sich. »Nein – warum? Hatten Sie etwas anderes erwartet?«
    »Na ja, Sir«, Markham wurde ein wenig rot, »ich weiß natürlich, daß Sie der Gerechtigkeit wegen so hart an dem Fall gearbeitet haben, aber es war auch nicht zu übersehen, daß Sie die Lady sehr gern hatten – und sie Sie anscheinend auch. Ich hab gedacht, wir haben alle gedacht…« Das Rot seiner Wangen blühte auf. »Ach, ist auch egal. Verzeihen Sie, Sir. Es hat überhaupt keinen Sinn, sich den Kopf über die Gefühle anderer Leute zu zerbrechen. Da kommt man leicht auf ’n falschen Dampfer. Die Akte darf ich Ihnen nicht zeigen, Sir, wenn Sie nicht mehr bei der Polizei sind, aber ich weiß auch so noch fast alles. Wenn Sie wollen, erzähl ich’s Ihnen. Ich muß zwar heute arbeiten, hab aber eine Stunde Mittag – das heißt, ich kann sie mir nehmen, wenn’s sein muß. Der Sergeant vom Dienst wird mich sicher solange vertreten. Wir könnten uns im Three Feathers treffen, und dann berichte ich Ihnen alles, was ich darüber weiß.«
    »Danke, Markham, das ist sehr nett von Ihnen. Ich darf Sie hoffentlich zum Mittagessen einladen?«
    »Ja, Sir, das wär prima.«
    Und so saßen Monk und Markham zur Mittagszeit an einem kleinen runden Tisch im Gasthaus Three Feathers, umgeben von lautem Gläsergeklirr und Geschwätz. Jeder hatte einen Teller mit einem Berg dampfendem, gekochtem Hammelfleisch in Meerrettichsauce, Kartoffeln, Kohl, Rübenmus und Butter vor sich stehen, neben dem Ellbogen ein Glas Apfelwein; zum Nachtisch sollte es warme Mehlspeise mit Zuckerrübensirup geben.
    Markham war offenbar ein Mensch, den man mit Akribie beim Wort nehmen konnte. Er hatte keinerlei Unterlagen dabei, aber sein Gedächtnis war ausgezeichnet. Entweder hatte er ihm heimlich ein wenig auf die Sprünge geholfen, oder es funktionierte tatsächlich wie das eines Elefanten. Sobald er, etwa nach einem halben Dutzend Gabelladungen, den gröbsten Hunger gestillt hatte, legte er los.
    »Das erste, was Sie getan haben, nachdem Sie den Polizeibericht gelesen hatten, war, das Ganze noch mal durchzuackern.« Monk registrierte mit einem Anflug bitterer Belustigung, daß er das »Sir« neuerdings wegließ.
    »Das hieß also, zurück zum Tatort und sich die zerbrochene Fensterscheibe ansehen«, fuhr Markham fort. »Die Scherben waren inzwischen natürlich weggeräumt, aber wir haben Ihnen gezeigt, wo sie gelegen hatten. Dann haben wir uns noch mal die Dienstboten und Mrs. Ward selbst vorgeknöpft. Wollen Sie wissen, woran ich mich davon noch erinnere?«
    »Nur in groben Zügen«, sagte Monk. »Falls sich dabei etwas Nennenswertes ergeben hat. Sonst nicht.«
    Im folgenden beschrieb Markham ihm eine überaus routinierte, gründliche Untersuchung, nach deren Abschluß sich jeder

Weitere Kostenlose Bücher