Eine unmoralische Affäre
lediglich wie an einen nebelhaften Traum.
Ein passender Silberbecher stand neben der würzig duftenden Rasierseife. Benutzten Männer nicht meist Rasierschaum? Was das andere Geschlecht betraf, war sie ziemlich unbeschlagen. Eher sogar eine komplette Ignorantin, seufzte sie.
Mit ihrem Vater verbanden sie mehr oder weniger bruchstückhafte Erinnerungen. Sie beschränkten sich auf Gesprächsfetzen, die ihr im Kopf herumgeisterten, und auf ganz besondere Situationen oder einmalige Ereignisse. Wie das eine Mal, als er sie mit einer Tracht Prügel bestraft und dann lauter geheult hatte als sie. Daran erinnerte sie sich noch ganz deutlich.
Sie konnte sich jedoch nicht an seine persönlichen Gegenstände erinnern. Sein persönlicher Besitz schien aus
ihrem Haus verschwunden, nachdem er aus ihrem Leben verschwunden war. Hatte er einen solchen Rasierer benutzt?
Sie entdeckte eine Flasche Rasierwasser und griff danach. Wog sie in der Hand. Betrachtete das Etikett und erkannte spontan den Namen. Die Fernsehspots, die dieses Duftwässerchen bewarben, waren sehr sexy, weil ziemlich freizügig.
»An meine Haut lasse ich nur meinen Schatz und mein Temper.«
Das attraktive männliche Model posierte immer mit nacktem Oberkörper: einmal auf einem Bett, von den göttergleichen Hüften an abwärts spärlich mit einem dünnen Laken verhüllt. Ein anderes Mal bretterte der Werbe-Adonis mit einem schweren Motorrad kiesspritzend in die Kamera und verriet in Nahaufnahme: »Mein Temper begleitet mich bei allen Aktivitäten.«
Katherine sah sich sämtliche Werbeeinblendungen an, weil sie selbst Werbetexte schrieb. Für die Temper-Werbung hatte sie lediglich ein müdes Lächeln übrig. War die nicht scheußlich trivial? Sie hielt sich das Rasierwasser unter die Nase und schnupperte zunehmend angetan daran.
Hatten die Werbefuzzis auf der Madison Avenue vielleicht doch den richtigen Riecher? Schlug ihr Herz etwa nicht höher, sobald sie den Duft inhalierte? Eigenartig. Es war nicht das Gesicht des Models, das vor ihrem geistigen Auge erschien. Es war …
Plötzlich wurde hinter ihr die Tür geöffnet, und Katherine sprang schuldbewusst wie ein ertapptes Schulmädchen auf.
Jace erhaschte ihre Reflexion im Spiegel und meinte belustigt: »Ich hoffe, du magst den Duft.«
Spontan schoss es durch Katherines Gehirnwindungen, dass das Temper-Model ihrem Ehemann nicht das Wasser reichen konnte.
»Mmmh, ja, ja. Ich war bloß … ähm …« Wieso stammelte sie eigentlich rum wie eine Vollidiotin? Es war immerhin ihr Apartment, wo sie tun und lassen konnte, wonach ihr der Sinn stand!
»Allison macht ihr Mittagsschläfchen. Ich hab ihr aus der Tageszeitung vorgelesen, da hat sie sich gleich nach der ersten Seite ausgeklinkt und lieber an der Matratze gehorcht.« Er grinste.
»Danke, dass du sie mir ein Weilchen abgenommen hast. War mal wieder toll, ein entspannendes Bad zu nehmen, ohne ständig mit Babygeschrei rechnen zu müssen.«
»Hab ich gern gemacht. Mein kleines Opfer war es jedenfalls wert. Du siehst heute Morgen wunderhübsch aus«, meinte er bewundernd zu ihrem Spiegelbild. Dann glitt er zu ihr, drehte sie zu sich um. Er schloss sie in seine Arme, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.
»Ich muss heute auf das Bohrungsgelände fahren, kann sein, dass ich erst heute Abend spät zurückkomme.« Er trug Arbeitskleidung, eine alte, knallenge verwaschene Jeans, ein nicht minder ausgebleichtes, kurzärmliges Hemd und bequeme, ausgelatschte Cowboystiefel.
»Wird denn schon gebohrt?«
»Wenn alles nach Plan läuft, starten wir heute mit den Probebohrungen. Ach, übrigens, dein Freund Jim Cooper hat bei uns angefangen.«
Sie blickte mit leicht geneigtem Kopf zu ihm hoch. Er
schmiegte sie weiterhin in seine Umarmung. »Du bist der Boss auf dieser Anlage, stimmt’s?« Nachdem er sich frei nehmen konnte, wann er wollte, tippte sie darauf, dass er seine Position bei der Ölgesellschaft mächtig heruntergespielt hatte. Sunglow war einer der größten Konzerne in Amerika und er vermutlich einer dieser jungen, aufstrebenden Topmanager.
»Mmh, so könnte man es nennen«, meinte er mit einem wegwerfenden Achselzucken. »Aber ohne meine Crew wäre ich aufgeschmissen. Das sind verdammt gute Leute. Wir arbeiten schon eine ganze Weile zusammen.«
Sein Schulterzucken löste bei ihr ein wohliges Prickeln aus, das heiß ihr Becken durchflutete. Er hielt sie eng umschlungen, so dass sie die leichteste Regung seines Körpers spürte. Als seine Brust
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