Eine unzüchtige Lady
verführen, dann sollte er das tun und seinen berühmten Charme einsetzen, um sie zu bezirzen. Im Moment war Dereks Herz zu diesem leichtfertigen Spiel nicht in der Lage.
Ruhig sagte er: »Lass es mich wissen, wenn ihr zurück in der Stadt seid.«
Mrs. Haroldson lehnte sich verschwörerisch vor. Ihr beeindruckender Busen wogte, und fast schien es, als kippte sie im nächsten Moment vornüber. »Es überrascht wohl niemanden, vermute ich«, flüsterte sie zischend.
Caroline bemühte sich, möglichst reserviert und kühl zu wirken. Doch der Ballsaal war überfüllt, und tatsächlich war die Luft unerträglich stickig. Ein Schweißtropfen rann undamenhaft
zwischen ihren Brüsten hinab. »Was überrascht niemanden?«
»Wie Euer Gnaden und der Earl beisammenstehen und darüber frech wie Oskar reden.«
Diskutierten sie tatsächlich gerade ihren Wettstreit? Sie schienen in ihre Unterhaltung vertieft zu sein. Da es kaum mehr als zwei oder drei Stunden her war, seit sie nacheinander das Gasthaus verlassen hatten, konnte sie sich durchaus vorstellen, dass die Männer darüber redeten.
Über sie.
Sie hatte es getan. Hatte sich zwei Wüstlingen zweifelhaften Rufs angeboten, hatte einem schrecklichen Abkommen zugestimmt, das sie bei Publikwerden in den Augen der ganzen Gesellschaft ruinieren würde. Und sie hatte sich auf den Pfad der Untugend und des Skandals begeben.
Das alles tat sie aus einem guten Grund, erinnerte sie eine innere Stimme mit unerschütterlicher Sachlichkeit.
Für ihre geistige Gesundheit.
Sogar für ihr Leben, wenn sie melodramatisch werden wollte.
»Ich bin sicher, sie unterhalten sich häufig. Ich sehe sie oft so beisammen.« Sie imitierte ihren herablassendsten Ton, warf den beiden großgewachsenen Männern am anderen Ende des Saals einen uninteressierten Blick zu. »Sind sie nicht miteinander befreundet?«
»Sicher habt Ihr von ihrer letzten Großtat gehört, Lady Wynn.«
»Ihr meint diese langweilige Wette?«
Herr im Himmel, war das heiß! Und es half ihr nicht gerade, von einer Phalanx älterer, matronenhafter Frauen umringt zu sein, die sie geradezu einzwängten. Sie musste dem Drang widerstehen, aufzuspringen und aus dem Saal zu stürmen, als wären alle Teufel der Hölle ihr auf den Fersen.
Besonders ein dunkelhaariger Teufel, der nur durch den blonden Engel an seiner Seite ausgeglichen wurde.
Da das Gespräch auf die verruchten Wüstlinge gekommen war, ergab sich für sie die Möglichkeit, die Männer zu mustern, nachdem sie schon den ganzen Abend hatte hinübersehen wollen. Nicholas Manning schaffte es irgendwie, dass sein Haar zugleich glatt und leicht derangiert wirkte. Er sah unglaublich attraktiv aus in seinem maßgeschneiderten Abendanzug, der seine männliche Schönheit unterstrich. Auch Manderville war wie ein griechischer Gott, so schön, dass er den Saal mit seiner Anwesenheit zu erwärmen wusste. Der den beiden Männern eigene Glanz machte sie auch ohne ihre aktuelle Unverschämtheit zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.
»Ach ja, die Wette. Es ist überaus fehl am Platz, findet Ihr nicht auch?«
Acht Augenpaare hefteten sich auf sie. Der Kreis der Witwen, von denen die meisten mindestens zwei Jahrzehnte älter waren als sie, war im Moment ihre Bastion gegen jeden Mann, der bei ihr vorzusprechen wagte. Es war sicherer, sich mit ihnen in der Ecke zusammenzudrängen, statt sich dem Risiko auszusetzen, eine der Tanzeinladungen anzunehmen oder - noch weniger verlockend - einen Flirt zu genießen.
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie man Letzteres tat.
Caroline murmelte: »Ich bin sicher, keinen von ihnen würde meine Meinung interessieren. Ihre Impertinenz ist ja weithin bekannt. Ich finde diese ganze Sache einfach geschmacklos.«
»Gut gesagt.« Die Witwe des Duke of Langtry nickte knapp.
»Es ist völlig inakzeptabel, keine Frage. Ihr habt recht.«
Andere Stimmen fielen ein, und jede pflichtete ihr bei. Aber so sehr die Gruppe auch das Verhalten der beiden fraglichen Männer verurteilte, so eifrig beäugten sie die Objekte ihres Gesprächs aus der Ferne.
Sie war selbstverständlich die abgeklärte, entrückte und überaus distanzierte Lady Wynn. Es war nur natürlich, dass sie es sogar verachtete, über etwas zu sprechen, das ihrem eigenen friedlichen und zurückgezogenen Dasein in vielen Dingen widersprach.
Wenn sie nur die Wahrheit wüssten …
Gott behüte!, dachte sie und erschauerte leicht.
Sie konnte nicht einfach dasitzen und vorgeben, dass die
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