Eine von Zweien (German Edition)
wissen, was sie über meine Art zu leben
dachte. Ich fand ihre toll. Gut, nicht alles. Wie konnte man in so einem Chaos
wohnen? Aber viele ihrer Entscheidungen schienen sie an einem glücklichen Ort
gebracht zu haben. Glücklich, noch vor zwei Tagen war das ein Schimpfwort für
mich! So schnell können sich Dinge ändern, wenn plötzlich ein anderes Ich in
dein Leben geworfen wird und alles durcheinander bringt. Es war schon
merkwürdig, ich hatte mich fast schon daran gewöhnt, dass ich mich selber
getroffen hatte. Gerne wäre ich so richtig sauer auf Beth, sie brachte alles in
meinem Kopf durcheinander. Sie versuchte, mir die Augen zu öffnen. Und dies,
obwohl ich auf mich selber immer so stolz war, wie gut ich die schließen konnte.
Naja, es musste ja einen Grund haben. Vielleicht war ich damals, als ich meinen
Lebensweg einschlug, nicht ganz fähig, solch eine langfristige Entscheidung zu
treffen? Vielleicht sollte ich einfach nochmal nachschauen, vielleicht muss ich
ja gar nichts ändern, vielleicht soll ich ja nur schauen. Und vielleicht, ganz
vielleicht, konnte ich ja auch Beth helfen. Dann würde ich mich nicht die ganze
Zeit wie ein Idiot fühlen. Bei ihr war doch sicher auch Platz für Verbesserung.
Ich musste nur diesen Platz finden. Und vor allem musste ich sie fragen, was
sie noch mit mir vorhatte. Sie musste doch einen Plan haben. Allerdings war sie
Beth und nicht ich. Also auf einen Plan konnte ich mich nun wirklich nicht
verlassen, ich glaube, sowas machte sie generell nicht.
Aber was ich mit der kurzen Zeit schon merkte, auch wenn sie mich immer
herausforderte: ich konnte ihr vertrauen! Ich konnte endlich wieder jemanden
voll vertrauen! Auch Ben vertraue ich nicht vollkommen. Er ist auch nur ein
Mensch, und Menschen sollte man nicht vertrauen, nur sich selber. Hah , genau nur mir selber. Das war wohl genau das was
gerade mit Beth passierte. Sie war Beth und nicht ich, aber sie war trotzdem
ich und deshalb konnte ich einer anderen Person vollkommen vertrauen. Das hört
sich sicher komisch an. Aber so war es nun mal. Auch wenn ich noch bockte, ich
vertraute ihr.
6
Als ich am Morgen erwachte, stellte ich fest, dass ich die
ganze Nacht durchgeschlafen hatte. Ich war erstaunt, es fühlte sich gut an.
Heute würde ein guter Tag sein! Ich würde alles schaffen, was ich mir
vorgenommen hatte. Nicht einer dieser schlimmen Montage über die man sich immer
beschwert. Nein, ich hatte das Gefühl, heute würde alles einfach rundlaufen.
Ich machte mich fertig, frühstückte was ich finden konnte, zog mich an und trat
vor die Tür. Da stand Beth mit einem Riesenlächeln in der Tür. Ihr Grinsen
konnte nichts Gutes verheißen.
„Guten Morgen, du siehst gut aus, gut geschlafen?“
Sie wusste vieles, vielleicht sogar alles, was bei mir so im
Leben passierte. Ich beschloss in diesem Moment, alles einfach so hinzunehmen.
Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommen würde. Vielleicht wusste sie mehr,
vielleicht auch nicht, aber egal. Ich war gut drauf und bereit.
„Ja, tatsächlich habe ich die ganze Nacht durchgeschlafen,
ohne Albträume. Ich fühle mich, als ob ich Berge versetzen könnte. Gestern
Abend dachte ich zwar kurzzeitig ich werde verrückt, aber heute Morgen fühle
ich mich super.“
Ich hatte keine Ahnung, ob sie von den Hirngespinsten von
gestern etwas wusste oder nicht. Aber vielleicht hatten die wirklich mit meinem
Hunger zu tun. Ich wollte denen nicht mehr Zeit widmen, als nötig. Wenn es
wichtig wäre, würde die liebe Beth sich schon darum kümmern und ich könnte
sowieso nichts dagegen tun. Aber anscheinend war das alles für sie nicht von
Interesse. Ein Glück. Naja, was jetzt kam war aber auch nicht ohne. Schade
eigentlich!
„Freut mich! Komm, wir müssen los, wir wollen doch vor Max
Schneider im Büro sein!“ sagte sie und ging Richtung Haustür.
„Ich verstehe nicht“, ich eilte Beth nach, „was bedeutet das:
wir“? Du kannst nicht mit zur Arbeit kommen. Was sagen denn die anderen und
mein Chef? Das wird mir nur schaden. Wirklich, du kannst sonst überall hin mitkommen,
aber nicht mit ins Büro!“
Ich hoffte so sehr, sie würde auf mich hören. Aber ich hatte es
im Gefühl, dass sie stur bleiben würde. Sie lächelte mich nur an und klopfte
mir auf die Schulter. Angstschweiß breitete sich auf meinem Rücken aus. Ich
wollte mir gar nicht vorstellen, was mein Chef und meine Kollegen dazu sagen
würden. Einige kannten Beth schon, also was sollte Ihre Anwesenheit
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